Einschätzen kann man diese Zahlen eigentlich nur, wenn man weiß, wie schwierig die Messen anderer bundesdeutscher Städte dastehen, für die erst einmal wichtig ist, überhaupt aus den roten Zahlen herauszukommen. Das ist kein Thema für die Messe Frankfurt, die größte und erfolgreichste Messe in Deutschland. Wolfgang Marzin folgerte aus den Zahlen: „Das alles bedeutet unter dem Strich: Wir werden das Jahr 2010 mit einem vernünftigen Gewinn beenden“, was sein Finanzchef Klaus Münster präzisierte: und dies heißt nach Steuern „einen Gewinn von rund 20 Millionen Euro. Bezogen auf das Eigenkapital errechnet sich eine stolze Rendite von 5,1 Prozent.“ Die Anteilseigener können sich bei diesem Ergebnis eine satte Dividende gönnen oder aber alles reinvestieren. Das alles sind Zahlen, denen man auf den Grund gehen muß.
Mit den erwarteten 450 Millionen Euro Umsatz ist gegenüber dem letzten Jahr mit 424 Millionen eine Steigerung von 6 Prozent eingetreten, was 25 Millionen ausmacht. Die Prognose ist damit weit übertroffen und selbst das Jahr 2008, bisher Spitzenreiter aller Jahresergebnisse, wurde um 2 Prozent übertroffen. Der Erfolg kommt in erster Linie aus dem Ausland. Denn schon viele Jahre hat die Messe Frankfurt die hier erfolgreichen Messen in die ganze Welt, bevorzugt Asien und Amerika, getragen, was zu einem Umsatz von 114 Millionen Euro führte. Zehn Prozent über dem Erfolgsjahr 2008.
52 Messen sind es, die weltweit von der Messe Frankfurt veranstaltet werden. Auf ihnen beteiligten sich 25 700 Aussteller, die von rund 937 000 Besuchern frequentiert wurden. Die Frankfurter Veranstaltungen im Ausland, die fast immer denselben Namen wie die hiesigen Messen tragen, sind weltweit die Nummern zwei oder drei in der weltweiten Rangliste. Als Beispiel nannte Wolfgang Marzin „Unsere Guangzhou International Lighting Exhibition ist nach der Light+Building die zweitgrößte Lichtmesse weltweit, mit zuletzt einem Wachstum von 36 Prozent ”¦Die Automechanika Shanghai ist einer der größten Globalisierungserfolge der Messen Frankfurt – und mit 3 115 Ausstellern die zweitgrößte Veranstaltung nach der Automechanika-„Mutter“ in Frankfurt. Die Music China ist mittlerweile nicht nur die wichtigste Musikmesse im asiatisch-pazifischen Raum. Sie ist nun die drittgrößte Veranstaltung in der Welt.“ Wie erfolgreich die Frankfurter Messen in Dubai sind, ist bekannt und setzt sich fort.
Doch zurück zum Standort Frankfurt. Generell muß man unterscheiden zwischen den Gastmessen und den messeeigenen Veranstaltungen. Frankfurt ist bei ersterem für zwei Messen berühmt: die seit dem Mittelalter nachweisbare, heute jährliche Buchmesse und die IAA, Internationale Automobilausstellung, die alle zwei Jahre die Besucher nach Frankfurt strömen läßt, was schon vor Jahren die Frankfurter dazu bewegte, mit der ebenfalls zweijährigen Automechanika zur selben Jahreszeit in jedem Jahr das Auto zum Thema von Messe zu machen, unter je veränderten Schwerpunkten. Ein Ergebnis, das aufging und den zuständigen Messe-Geschäftsführer Detlef Braun zum Strahlen bringt, der auch die Konsumgütermessen in diesem Jahr erfolgreich in die Scheuer brachte, was im Vorjahr angesichts von Krise nicht für möglich gehalten wurde.
Insgesamt fanden unter der Obhut der Messe Frankfurt 88 Messen und Ausstellungen weltweit statt, davon 22 im Ausland, 36 im Inland, wovon 31 am Messeplatz Frankfurt liefen, darunter 14 konzerneigene Veranstaltungen und 17 Gastmessen. Fünf fanden außerhalb Frankfurts in Deutschland statt. Schaut man sich die Zahlen dann ganz genau an, erkennt man, daß insgesamt von den 31 Messen die Ausstellerzahlen rückläufig sind, wie auch die Nettotfläche oder die Besucher Für die 14 konzerneigenen Messen dagegen gilt, daß in allen drei angegebenen Bereichen: Aussteller, Nettofläche, Besucher erhebliche Zugewinne da sind. Aber auch diese Zahlen muß man interpretieren, denn die letzte IAA war 2009 und alleine diese Messe bringt eine solche Menschenschar nach Frankfurt, daß die dazwischen liegenden Jahre naturgemäß nach unten absacken. Dennoch ein Riesenerfolg für die konzerneigenen Messen, die sich so steigern konnten.
Auffällig und positiv vermerkt ist seit Jahren der ständig steigende Anteil von ausländischen Ausstellern und Besuchern. Dazu Marzin: „Der Internationalitätsgrad erreicht eine neue Bestmarke: 72 Prozent der mehr als 22 200 Aussteller auf den Leitmessen der Messe Frankfurt stammen aus dem Ausland.“, für die Besucher gilt der Internationalitätsgrad von 47 Prozent. „Die Messe Frankfurt ist damit der Markplatz mit dem dauerhaft höchsten Anteil ausländischer Aussteller wie Besucher.“ Gerade in dieser konsolidierten Situation gilt die Aufmerksamkeit der Messe Frankfurt den möglichen Entwicklungsspielräumen.
Wolfgang Marzin, Detlef Braun, Uwe Behm und Klaus Münster-Müller, die als „Viererbande“ die Geschäfte voranbringen wollen – selbst in China war damals eine Frau dabei -, und im Bereichsleiter Unternehmenskommunikation und Marketing, Kai Hattendorf, denjenigen haben, der dies bekanntmachen soll, sehen die Stärken weiterhin in den Konsumgütermessen, wollen aber auch Frankfurt als Technologiestandort ausbauen und auch ein Thema wie Nachhaltigkeit oder Logistik fördern. Die bisher 14 konzerneigenen Messen in Frankfurt sollen 2011 mit vier weiteren Veranstaltungen verstärkt werden, wobei der Terminus Kongreßmesse für die M-Days, The Home of Mobile gilt, die am 27. und 28. Januar stattfinden. Am Tag darauf startet die Creativworld. Als eigeneständige Messemarke wird sie das weltgrößte Angebot für den Hobby-, Bastel- und Künstlerbedarf präsentieren. Inhaltlich war diese Messe bisher in der Paperworld integriert und wird nun auf eigene, sicher dann laufstärkere Beine gestellt.
Aber auch die bisherige Beautyworld, die weder richtig leben konnte, aber fürs Sterben viel zu vital war, erhält neue Rahmenbedingungen. „Das Thema ’Beauty` am Standort Frankfurt wird neu besetzt und Aussteller der ehemaligen Beautyworld werden in die ’Hair and Beauty` und in die Ambiente integriert.“ Neu kommt auch die Texprocess hinzu, die parallel zur Techtextil stattfindet und die Leitmesse für die Verarbeitung von textilen und weiteren flexiblen Materialien im Mai ist. Mit völlig anderem Anspruch wird es vom 17. bis 19. Juni erstmals die Messe Maintier geben. Das ist wirklich eine Tiermesse und noch dazu in Frankfurt die erste, die eine reine Endverbrauchermesse ist.
Was wir unter der Maintier verstehen können, wollen wir im Frühjahr in einem Vorbericht deutlich machen: Tierkauf, Züchterauszeichnungen, Tierfutter, Psychologie, sowohl die auf der Tierhalterseite – nachweislich leben ältere Menschenmit einem Haustier länger –, wie auch auf Tierseite: wie verhindere ich Depressionen bei meinem in der Wohnung eingesperrten Heimtier? Das alles sind spannende Fragen. Aber was die Frankfurter Messe angeht, ist sie mit dieser Messe am Standort schon auf der Gewinnerseite. Je bedeutender und internationaler die Frankfurter Messe nämlich geworden ist, desto weniger war die Frankfurter Bevölkerung daran beteiligt, die traditionell Zugang zu den Besuchermessen wie IAA und Buchmesse hat und diese auch nutzt, aber ansonsten keine besondere Identifikation mehr mit der Frankfurter Messe hat. Eine solche Tiermesse kann dies substantiell ändern, weshalb dies eine kluge Infrastrukturpolitik der Messe Frankfurt ist, die zudem auch einen Markt bedient, auf dem kräftig verdient wird.