Von der Farbenpracht venezianischer Malerei – Serie: Traumhafte „Venedig-Bilder in der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts“ in der Städtischen Galerie Karlsruhe (Teil 2/3)

Friedrich Nerly, Piazzetta in Venedig im Mondschein, 1842, Öl auf Leinwand,

Anselm Feuerbach hatte 1855 im Auftrag des badischen Prinzregenten eine Kopie nach Tizians „Himmelfahrt Mariä“ gemalt, die nun den Raum dominiert und Zeugnis gibt von der Farbenpracht, die in die Augen stach und für die die Venezianer berühmt wurden, von ersten Kunstgeschichtler Vasari eher gescholten gegenüber der florentinischen Linie – kein Wunder, er war Florentiner. Die Deutschen wie die Österreicher und Schweizer ließen sich im19. Jahrhundert ein auf das prächtige und opulente Farbenspiel, das erst einmal für die religiösen Bilder neu auf der Leinwand entstand und in den schwelgerischen Formen und Farben wiedergegeben war, die Pathos vermitteln, was nach dem Ende der rein religiösen Malerei auch den dramatischen Begebenheiten zugute kam, wie „Der Tod des Pietro Arentino“ von Veronese, 1854 von Feuerbach kopiert und eines der Vorbilder für die später im 19. Jahrhundert einsetzende Historienmalerei.

Wir verkneifen uns nun dessen Geschichte, die ebenfalls beispielhaft für die Wetterwendigkeit Venedigs steht und schauen auf die weiteren Kopien, die die venezianische Malerei vor unsere Augen zaubert: August Wolf malt nach Veronese 1871 das „Votivbild des Dogen Sebastiano Vernier im Dogenpalast“, Emanuel Leutze „Tizians Lagunenfahrt im Jahr 1857 und Hans Makart kopiert nichts, sondern malt mit „Festliche Szene“ um 1870 im Stil der Venezianer weiter. Dieser Malerfürst führt auch die Rolle des Hofkünstlers als angesehener und teurer Gesellschaftskünstler fort, die die Venezianer vorgemacht haben.

Wir gehen nun hinüber zur besonders reichhaltigen Abteilung der Hauptsehenswürdigkeiten von Venedig. Auch hier treffen wir auf zahlreiche Bilder des Nerly, von dem wir nun wissen, daß er vier Jahrzehnte in der Stadt „Königin der Meere“ lebte und von seinen Venedigbildern gut leben konnte: Piazza San Marco, Markuskirche, immer wieder der Dogenpalast und die Piazetta mit den beiden Säulen, von denen die mit dem Löwen des Stadtheiligen Markus immer bevorzugt wird, obwohl die andere den zweiten stadtheiligen Todaro zeigt, der sicher auf einem Drachen steht. Hier finden Sie alle bekannten Fotomotive: die Palazzi der Adligen am Canal Grande und anderswo, und die vielen Kanäle mit pittoresken Einsichten, deren beliebteste die Seufzerbrücke auf der Rückseite des Palazzo Ducale, des Dogenpalastes ist.

Aber auch die Bevölkerung kommt nicht zu kurz, denn das Genre „Volksstück“, zu dem die ärmere Bevölkerung und ihr Wohnen gehören, gelingt in Venedig besonders gut. Eine Vielzahl von Gassen kann man sehen, Max Liebermann, hat seinen gefallen dran, während Carl Schuch sich malerisch noch nicht gerüstet fühlt, das flirrende Venedig zu porträtieren und mit seinem eigenen Atelier und den Höfen schon zufrieden ist. Ein tolles Blatt ist „Ein Gondoliere von Carl Philipp Fohr, 1815 fabriziert, das einen Mann aus dem Volke, mit Pluderärmel und gestreiftem Wams sowie ebensolchen Hosen zeigt, wie er kurze Rast macht. Hinter ihm die Weite des Meeres und unter ihm sein ganz schön heruntergekommener Kahn, auf dessen Bug er sitzt. Dieser großartige Künstler starb mit 22 Jahren in Rom und jedes seiner Werke zeigt, was noch aus ihm hätte werden können. Die anderen Bilder zeigen Brücken, die über die Kanäle gehen und von Hinüberschreitenden bevölkert sind, andere Venezianer sitzen in der Sonne müde am Boden, Schutz suchend vor der grellen Sonne, oder beim handeln um Fisch. Auch das berühmte Café Florian ist von Friedrich Nerly festgehalten worden. Fortsetzung folgt.

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Info:

Bis 6. März 2011

Umfangreiches Begleitprogramm ab Januar 2011

Katalog: Venedig Bilder in der Deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts, hrsg. von Stadt Karlsruhe – Städtische Galerie, Michael Imhof Verlag 2010. Dieser Katalog ist ein wahres Buch von und über Venedig und für jeden Fan ein sogenanntes Muß. Für die Kunstenthusiasten gilt das genau so, denn selten kann man so viele Differenzen und Ähnlichkeiten auf Bildern studieren, wie hier, wo ein gemeinsames Thema vorgegeben ist. Wie sehr beeinflußt die Wirklichkeit die Maltechnik ist eine der Fragen, die allein das Licht von Venedig auslöst. Genau so interessant ist es, zu studieren, wie Fotografen oder Maler bestimmte Sujets der Stadt sich einverleibt haben, wieder in ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Dem Verlag ist es gelungen, den besonderen Schmelz der allermeisten Venedigbilder, hervorgerufen durch die Synthese von Wasser, Sonne, Licht und Atmosphäre im Druck zu erhalten, was beim Blättern das Flirrende der Vorlagen wiedergibt. Und natürlich sind es die Texte, die schlußendlich das kunsthistorisch oder historisch abrunden, was beim Kosmos „Venedig“ zutage tritt, eingedenk, daß man mit diesem Thema nie fertig wird, solange Venedig steht. Und das scheint ja doch sehr viel länger zu sein, als Hiobsbotschaften vergangener Jahrzehnte verkündeten. Denn auch das fällt einem auf, daß außer von Hochwasserereignissen die ehrwürdige Serenissima medial nicht mehr von Untergangsbotschaften begleitet wird. Gott sei Dank.

Tipps:

  1. Ein gut verständliches Standardwerk, für die die Originale von den Großkopien in der Ausstellung sehen möchten und mehr über die Maler von Venedig erfahren möchten, zum Malstil und den Besonderheiten, ist von Roberto Longhi, Venezianische Malerei, Verlag Wagenbach.

  2. Zur Ausstellung paßt nicht nur hervorragend die Lektüre von Franz Werfels „Verdi. Roman einer Oper“, sondern auch die Kriminalfälle des Commissario Tron, die Nicolas Remin bei Kindler herausbringt und die im historischen Milieu des 19. Jahrhunderts spielen, wichtige Affären der Zeit beleuchten, das historische Personal wie Kaiserin Elisabeth von Österreich mitspielen lassen – Achtung: die Republik Venedig war vom österreichischen Kaiserreich besetzt! – und eine vergnügliche Melange zwischen den Geheimnissen der Stadt Venedig und den Geheimnissen der Menschen dort herstellt, die allerdings wie von selbst Commissario Tron löst, der eigentlich ein verarmter Adliger ist und in einem prächtigen Palazzo wohnt, den er aber durch den Brotberuf kaum erhalten kann.

Nicolas Remin, Schnee in Venedig, Kindler 2004, Nicolas Remin, Venezianische Verlobung, Kindler 2006, Nicolas Remin, Gondeln aus Glas, Kindler 2007, Nicolas Remin, Die Masken von San Marco, 2008, Nicolas Remin, Requiem am Rialto, 2009

www.staedtische-galerie@karlsruhe.de

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