Wilde Winter-Wechsel: Bundesliga-Clubs „investieren“ 57 Millionen Euro

48 Zugänge verzeichneten die Vereine, denen 50 Abgänge (für rund 75 Millionen Euro) gegenüberstehen. Und wenn beim Hamburger Sportverein (HSV) nicht das Fax-Gerät gestreikt hätte, dann wäre der Wechsel von Eric Maxim Choupo-Moting vom HSV zum 1. FC Köln noch hinzugekommen. Die peinliche Panne reiht sich beim HSV in eine ganze Serie von Pleiten ein, auch beim Personal auf dem Platz, aber in erster Linie der Führung. Schließlich weiß ein Hanseat, daß der Fisch vom Kopfe her stinkt. Choupo-Moting wird also weiter die harte Bank der Ergänzungsspieler drücken und Köln alles von Podolski abhängig machen, weil Stürmer fehlen.

Die jüngste Wechselperiode stellt damit den Winter-Transfermarkt des vergangenen Jahres überaus deutlich in den Schatten. Zum Vergleich: Im Januar 2010 gaben die Bundesligisten rund 17 Millionen Euro für 55 Spieler aus. Und die Lichtblicke, die da geholt wurden, werden nicht von allen als Hoffnungsschimmer betrachtet.

Winter-Transferkönig ist in diesem Jahr der VfL Wolfsburg. Die „Wölfe“ um Manager Dieter Hoeneß verstärkten sich mit sechs Neuzugängen für insgesamt 19,75 Millionen Euro und reinvestierten damit mehr als die Hälfe der Dzeko-Millionen. Zur Erinnerung: Wolfsburgs Top-Angreifer Edin Dzeko wurde für geschätzte 37 Millionen Euro zum englischen Club Manchester City transferiert. Dessen Erbe soll nun Patrick Helmes von Bayer 04 Leverkusen antreten. Der 26-jährige Stürmer ist mit einer Ablösesumme in Höhe von 8 Millionen Euro der teuerste Neuzugang der Wolfsburger.

Getoppt wird dieser Wert nur von Luiz Gustavo. Der 23-jährige Mittelfeldfeldspieler wechselte für 17 Millionen Euro von 1899 Hoffenheim zum FC Bayern München und ist damit der teuerste Bundesliga-Neuzugang der abgelaufenen Transferperiode.

Werder Bremen hat Angreifer Hugo Almeida zu Besiktas nach Istanbul verkauft. Der Portugiese wollte weg und das Duo Schaaf/Allofs ihn nicht mehr. Dafür kam Denni Avdic von IF Elfsborg. Nein, kennen wir auch nicht. Genausowenig wie "Samuel" Firmino de Jesus. Avdic soll vorne Tore schießen, Samuel hinten welche verhindern. Doch Weser rauf und runter mag kein Schlachtenbummler der Grün-Weißen an diese Männer Hoffnungen knüpfen und fürchtet noch wildere Wechsel, aber nicht bei den Spielern.

Am wildesten schlug Felix Magath zu. Er kaufte im Namen der hochverschuldeten Schalker Fußball-Firma kräftig ein. Zu den Linksverteidigern Lukas Schmitz und Christian Pander verpflichtete er Linksverteidiger Danilo Avelar (Karpaty Lviv) und Sergio Escudero. So aus dem Vollen schöpfen für die linke Abwehrseite würden die in Bremen gerne.

Die großen Mehrzweckhalle in Gelsenkirchen nennen für die nächsten Wochen und Monate – möglicherweise auch Jahre, wer weiß das schon – auch der ghanaische Nationalspieler Anthony Annan (kommt von Rosenborg BK), sowie die Arbeitslosen Ali Karimi, der verständlicherweise lieber in Deutschland als im Iran sein Geld verdient, und Angelos Charisteas, den zu viele leidlich als Chancentod kennenlernten, ihr Zuhause. In den Internetforen der Königsblauen kommt keine Freude auf. Da herrscht im Gegenteil die Meinung vor: Magath läuft Amok.

Einige Ausleihgeschäfte wie die von Adam Hlousek, der von Slavia Prag zum 1. FC Kaiserslautern reiste, oder Tamas Hajnal, der von Dortmund nach Stuttgart umziehen mußte, wurden zudem getätigt. Auch innerhalb der Liga wurde gewechselt. Mike Hanke zog es von Hannover nach Mönchengladbach. Ein wenig Exotik bringen drei Japaner. Der japanische Nationalspieler Tomoaki Makino kommt nach Köln, Hajime Hosogai fährt künftig auf Leverkussen ab, wird aber erstmal in Augsburg "geparkt". Shinji Okazaki soll hingegen Stuttgart sofort aus dem Tabellenkeller schießen.

Wir werden sehen, Woche für Woche und berichten, über Tops und Flops. Und merken an, daß beim FC St. Pauli Trainer Holger Stanislawski etwaige Nachverpflichtungen in der Winterpause der Bundesliga ablehnt. "Ich will keinen neuen Stürmer. Ich vertraue den Leuten, die ich habe. Wir haben genug Chancen in jedem Spiel. Es fehlt nur der Killerinstinkt. Den kann man sich auch durch Arbeit im Training aneignen", sagte der Coach der "Bild"-Zeitung und ergänzt gegenüber "Sport Bild": "Wenn du im Winter nachrüstest, hast du im Sommer etwas falsch gemacht."

Mit Material von dpa und Transfermarkt.de

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