Wenn ´s geht, und keiner weiß, warum – Alles klappt filmisch in Woody Allens sarkastischer Komödie “Whatever works”

“Whatever works” ist – klassisch für Woody Allen – eine Hommage an New York und seine skurrilen Typen. Zuerst aber erklingt zum Vorspann ein marxistisches Lied. Marx bezieht sich auf Groucho, Chico, Harpo und Zeppo. Erster singt zur Eröffnung sein “I must be going”. Dass er gehen müsste und zwar für immer aus dieser Welt, denkt auch Boris Yellnikoff (Larry David) und springt aus dem Fenster. Der Selbstmord misslingt. Im Leben klappt nie etwas, zilch. “Zilch” bedeutet “nichts”, für Boris das absolute Nichts. Boris Vater hat sich ob der Banalität des Lebens umgebracht, Boris hat es versucht. Wer die Marx Brothers mag, Suizid versuchte und einen selbstmörderischen Elternteil hat, wird “Whatever works“ vielleicht noch eine Spur mehr genießen als das übrige Publikum. Der jüdische New Yorker gehobenen Alters ist ein typischer Allen-Charakter. Oft spielt Allen diese Figur selbst, so dass man mehrfach glaubt, in Boris den Regisseur zu sehen. Doch in Wirklichkeit hat er sich diese „amüsante Idee“, wie er selber sagt, schon vor über dreißig Jahren ausgedacht und einem längst verstorbenen Schauspieler zugedacht. Sich nie. Nun überließ er in “Whatever works” die Rolle Hauptdarsteller Larry David. Dessen Boris ist ein Genie, dass um die Zuschauer vor der Leinwand weiß. “Zahlende” Zuschauer, endlich wird dies anerkannt, die er mehrfach direkt anspricht. So herrlich Misanthrop und sarkastisch war lange kein Allen-Charakter mehr, generell wenige im Film außer W. C. Fields. Kurz nachdem Boris nicht aus dem Leben, aber von seiner doch sehr patenten Frau, die er mochte, geschieden ist, trifft er die junge Ausreißerin Melody (Evan Rachel Wood). Insgeheim imponiert dem Verbitterten ihre unbedarfte Weltoffenheit ebenso, wie Melody Boris ´ Menschenkenntnis und Intellekt.

Ein Zeitsprung und die schöne Querulantin Melody ist mit Boris verheiratete. Die Ehe von Melody und Boris ist der Auftakt zu den Beziehungs- und Charakterwandlungen in “Whatever works”. Pessimisten sind eben die einzigen, die vom Leben positiv überrascht werden können. Aus der kleinstädtischen Enge folgt Marietta (Patricia Clarkson) ihrer Tochter Melody nach New York. Und der ironisch betrachtete Selbstfindungsreigen erweitert sich noch um einige Figuren. Die Liaison von Melody und Boris ergibt sich auf der Leinwand ganz logisch: “Whatever works”, lässt sich frei mit “Notlösung” ebenso wie mit “Was funktioniert” oder „Alles geht“ übersetzten. Im wahren Leben war die zart wirkende Evan Rachel Wood immerhin mit Schockkünstler Marilyn Manson liiert. Indirekt passt dies zur Filmhandlung. “Whatever works” zeigt Liebe, Lust und Beziehungen in allen Variationen. Dass die ungewöhnlichen Handlungsideen gen Filmende immer gewöhnlicher werden, lenkt den bissigen Humor von “Whatever works” leider ins Gefällige und Konventionelle.

In immer anderer Variation dreht Allen die gleichen Filme wieder und wieder. “Das ist kein Wohlfühlfilm!”, verkündet Boris Yellnikoff. Was der Hauptcharakter als Warnung versteht, ist eine Verheißung. Dass “Whatever works” Allens Versprechen des schonungslosen Sarkasmus doch nicht hält, dass der unverbesserliche Schwarzseher Yellnikoff eben doch verbesserlich ist, “Whatever works” wird durch den bissigen Dialogwitz verzeihlich. Boris schafft mit der Handlung den Absprung, wieder aus dem Fenster. Dass Allens schwarze, bisweilen kriminalistisch angehauchte Komödien nichts von ihrem Unterhaltungswert einbüßen, verdanken sie ihrem Witz und ihrer Intelligenz. Aber wie sehr der Beziehungssalat auf der ewigen Paarung alter Mann und junges Weib sowie der Sehnsucht des Südstaatenehemanns nach dem Gewohnten aufbaut, ist dann wiederum übergewürzt. “Whatever works” biedert sich nicht beim Publikum mit übermäßigen Erklärungen an. Wer Fred Astaire, Groucho Marx und Joseph Conrad nicht kennt, kann nicht überall mitlachen. Haben die nicht anders verdient, würde Boris Yellnikoff wohl sagen.

Titel: Whatever Works

USA 2009

Genre: Komödie

Start: 3. Dezember

Regie und Drehbuch: Woody Allen

Darsteller: Larry David, Evan Rachel Wood, Patricia Clarkson, Ed Begley, Jr. , Michael McKean

92 min.

Verleih: Central

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