„Wahnsinn“ an der Wuhle – Union-Trainer Urs Fischer aus dem Häuschen

Urs Fischer, Cheftrainer des 1. FC Union Berlin, und Oliver Ruhnert, Geschäftsführer Sport des 1. FC Union Berlin. © Foto: Hans-Peter Becker, Aufnahme: Berlin, 2019

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Nur der Mond schaute zu, als die letzten Union-Fans um Mitternacht freudtrunken die „Alte Försterei“ verließen. Die Berliner hatten sich so eisern gezeigt, wie sie von den Fans liebevoll genannt werden, eben eisern.

Der sonst eher gelassene Schweizer Union-Trainer Urs Fischer schien völlig aus der Fassung geraten zu sein, als er immer wieder sagte: „Das ist Wahnsinn, unfassbar. Ich kann es gar nicht glauben.“ Die Unioner schließen ihre dritte Bundesligasaison mit einem fünften Rang ab und dürfen ab Herbst in der Europa League mitmischen. Durch ihren 3:2-Sieg gegen Bochum landeten die Köpenicker nur einen Punkt hinter einem Champions-League-Platz. Verständlich, wenn Kapitän Christopher Trimmel schwärmt: „Wir sind überglücklich.“

Ganz unproblematisch verlief die Partie gegen die Bochumer in der mit 22 0012 Zuschauer ausverkauften „Alten Försterei“ dennoch nicht. Zunächst schien es, als wollten die Hausherren ihren Gegner einfach überrennen. Nach 25. Minuten führten die Hausherren bereits mit 2:0 durch Grischa Prömel (5.) und einem verwandelten Elfmeter durch Taiwo Awoniyi (25.). Auf den schnellen Sheraldo Becker hatten es die Bochumer abgesehen. Erst rannte ihn Torwart Michael Esser um und dann holte ihn Bell Kotchap von den Beinen. Sheraldo humpelte verletzt vom Rasen und Sven Michel kam in der 18. Minute mit gewaltigem Übereifer auf den Platz, sah nach zehn Minuten Gelb und drei, vier Minuten später leuchtete es nach einem Foul noch einmal zumindest hellgelb über Michel. Da ging Trainer Urs Fischer in der Halbzeitpause auf Nummer sicher, schickte Michel zum Duschen und Andreas Vogelsammer kam auf den Platz.

Nach der sicheren 2:0-Führung nahmen die Unioner ein bisschen den Fuß vom Gas. Sofort witterten die Bochumer nach dem Wechsel Morgenluft und schalteten auf Angriff um. Es zahlte sich für die Gäste und ihren 2500 mitgereisten Fans aus. Simon Zoller verkürzte auf 1:2 (55.) und Eduard Löwen schaffte in der 79. Minute sogar den Ausgleich. Doch dieser Ausgleich wirkte wie ein Weckruf. Die Eisernen offenbarten ihren stählernen Charakter, zogen ein begeisterndes Angriffsspiel auf, was letztendlich durch Awoniyi zwei Minuten vor Ultimo zum 3:2-Sieg führte. Die Berliner hielten dann in den vier Minuten-Nachspielzeit ihre Kiste sauber, was selbst so einen coolen Haudegen wie Urs Fischer zum Staunen brachte: „Was die Mannschaft heute nach dem 2:2 – geleistet hat, ist außergewöhnlich. Wir kannten zwar die Resultate, haben aber dann nochmal offensiv gewechselt. Heute haben die Jungs noch einmal diese Moral und Mentalität gezeigt, die sie die gesamte Saison über an den Tag gelegt haben.“

In den letzten zwei Minuten und in den Nachspielzeiten überschlugen sich die Ereignisse. Da drehten die Borussen in Dortmund gegen Hertha die 1:0-Führung der Herthaner in eine 1:2-Niederlage. Stuttgart rettete in der Nachspielzeit den Klassenerhalt und schickte damit die Berliner von Hertha BSC in die Relegation. In Bielefeld wiederum hielt Viktor Orban in der Nachspielzeit an der richtigen Stelle den Kopf hin, erzielte das 1:1 und damit die wiederholte Teilnahme in der Champions League.

Vor dem Anpfiff gegen Bochum wurden auf dem Rasen der „Alten Försterei“ fünf verdienstvolle Spieler verabschiedet: Bastian Oczipka, Suleiman Abdullani, Jakob Busk, Anthony Ujah sowie ganz besonders Grischa Prömel. Alle freuten sich über rauschenden, dankbaren Beifall. Besonders Grischa Prömel, der als frischer olympischer Silbermedaillen-Gewinner vor fünf Jahren nach Köpenick kam, zeigte sich tief beeindruck: „Wenn du von den Fans, so wie ich, verabschiedet wirst und kurz danach noch ein frühes Tor erzielst, kannst du dich nur noch treiben lassen und die Atmosphäre genießen. Ich bin sehr glücklich, dass wir am Ende auf dem fünften Platz gelandet sind. Das hat sich jeder Mitarbeiter und Fan verdient, weil jede Menge Arbeit dahintersteckt.“

Die Freude seiner Kicker mussten dann mitten in der abschließenden Pressekonferenz am Sonnabend Trainer Fischer mit einer gewaltigen Bierdusche aus zwölf großen Gläsern über sich ergehen lassen. Mit kleinen Augen trafen sich die Eisernen am Sonntagvormittag zu einem gemeinsamen Frühstück und dann zerstoben sie in alle Winde in den Urlaub. Am 20. Juni steigt dann das Training zur ersten Union-Saison in der Europa League. Na dann, schönen Urlaub…

Anmerkung:

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