Von Hallo nach Hej – Auf der alten Königslinie mit neuem Jet-Schwung nach Schweden

© FRS GmbH & Co. KG

Sassnitz, Deutschland; Ystad, Schweden (Weltexpress). Nach spätsommerlich heißen Tagen weht an diesem Morgen des 17. September ein frischer Wind über den Fährhafen Mukran. Neben einem corona-bedingt aufgelegten Kreuzfahrer duckt sich gegenüber ein futuristischer Zwerg: SCANE JET prangt an seinem roten Katamaran-Rumpf. An diesem denkwürdigen Tag steht die Jungfernfahrt an für die wiederbelebte Route zwischen Sassnitz-Mukran und dem südschwedischen Ystad, die mit der Fähre SASSNITZ nach 111 Jahren im Frühjahr 2020 ihren Betrieb einstellte. Schon im 17. Jahrhundert verkehrten hier Postsegler. Mit der SCANE JET ist jetzt ein neues Kapitel zwischen den beiden Ländern aufgeschlagen worden.

Durchstarten im Frühjahr

Die Reden der Honoratioren vom Landesverkehrsminister über den Landrat, den Bürgermeister und die Geschäftsleitung sind kurz, aber voller Optimismus. Ihr Tenor: ein Wagnis in diesen bewegten Zeiten. Die beiden stillliegenden Kreuzfahrer in den ansonsten ungenutzten Fährbecken sind ein beredtes Zeugnis dafür. Nicht zuletzt wegen der Corona-Krise hat sich Stena-Line, der letzte Betreiber der traditionellen Linie, aus dem Geschäft zurückgezogen.

Nachdem das rote Band zerschnitten und die Konfettis verweht sind, gibt es Beifall von Journalisten und Touristikern, die sich eine weitere Belebung für „ihre“ Insel Rügen wünschen, natürlich auch in Gegenrichtung: Tagestourismus zwischen den beiden Häfen ist damit wieder eine Option, was mit den langsameren konventionellen Fährschiffen nicht möglich war. Moritz Bruns, Geschäftsführer der neuen Linie, sieht daher auch schwarze Zahlen am Horizont, „wenn wir im Frühjahr 2021 durchstarten“. Die Konzepte sollen weiter detailliert und Kundenbedürfnissen angepasst werden.

HSC „Skane Jet“ bei Sassnitz vor Rügen. © 2020, Foto: Matthias Ruuck, BU: Stefan Pribnow

Schiff Teil des Reiseerlebnisses

Nach nur zwei täglichen Abfahrten von Donnerstag bis Sonntag in diesem Jahr bis Ende Oktober und der Winterpause sind drei ab Frühjahr 2021 geplant; möglicherweise auch ein zweiter Katamaran, wenn alles so läuft, wie es sich die Flensburger Reederei FRS vorstellt. Dies natürlich in enger Kooperation mit Hafen, Stadt und Reiseveranstaltern. Immerhin können pro Fahrt rund 670 Passagiere und 210 Autos, aber auch Busse, transportiert werden. Für Fracht lohne sich das nicht, so Bruns. Bis 2020 wurden noch Eisenbahnwaggons und LKW befördert, „aber da war die Kapazität der Schiffe viel größer. Wir setzen auf Geschwindigkeit und damit kurze Fahrtzeiten“. Das ist auch Teil des Reiseerlebnisses, mit einem Katamaran über die Ostsee zu fliegen und den hohen Wellen der Hecksee zuzuschauen. Dazu gibt es ein reichhaltiges Gastronomie- und Shoppingangebot. „Wir verstehen uns nicht nur als Transportdienstleister“, so Bruns, „sondern auch als Anbieter von touristischen Dienstleistungen“. Das Spektrum der Reederei FRS ist breit gefächert mit einer weltweit eingesetzten Flotte von 59 Schiffen – vom solarbetriebenen Ausflugsschiff bis zur Frachtfähre – jährlich 7,9 Millionen beförderten Passagieren und 2,1 Millionen Autos.

Wallander lässt grüßen

Die Fahrtzeit von nur zweieinhalb Stunden vergeht dabei wie im Fluge. „Als wennste schwebst“, meinte ein Berliner Gast. Mit rund 35 Knoten wird die Strecke „überflogen“, „aber wir können noch schneller“, meinte der Kapitän, „wenn wir´s ganz eilig haben, sogar 48 Knoten, also fast 90 Kilometer pro Stunde. Dann, lächelt er, „fürchten sich andere Schiffe vor uns“. Bis zu dreieinhalb Meter hohe Wellen wären kein Grund, langsamer zu fahren. „Bei ökonomischer, also Normalfahrt, verbrauchen die Maschinen rund 3800 Liter Marinediesel pro Stunde“, erklärt der estnische Chief, der neben dem bulgarischen Kapitän auf der Brücker sitzt und seine Monitore überwacht. Trotz einer halben Stunde Verspätung – bedingt durch die besonderen Umstände der Jungfernfahrt – legt die SCANE JET nach der Lotsenübernahme pünktlich im Hafen von Ystad an. Dort warten bereits Busse für die Stadtbummler, die auf den Pfaden von Henning Mankell und seiner Krimifigur Kommissar Kurt Wallander durch die idyllischen Gassen wandeln wollen. Dafür haben sie bis zum frühen Abend Zeit. Aber auch Züge stehen am gegenüberliegenden Bahnhof bereit für Fahrten nach Trelleborg, Malmö und weiter.

Vor der Rampe wartet bereits eine lange Kolonne von PKW und Wohnmobilen, meistens mit schwedischen Kennzeichen, die nach Rügen oder weiter wollen. Ein positiver Start gleich zur Eröffnung. Man kann dem Projekt nur „Mast- und Schotbruch sowie immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!“ wünschen.

Das Zertifikat für die Jungernfahrt mit HSC „Skane Jet“ von Sassnitz nach Ystad am 17.9.2020. © 2020, Foto/BU: Dr. Peer Schmidt-Walther

Infos:

HSC SKANE JET; Typ: Katamaran (HSC = High Speed Catamaran); Baujahr: 1998; Bauwerft: Austal, Henderson, Western Australia (spezialisiert auf Aluminium-Katamarane); Länge: 91,3 m; Breite: 26 m; Tiefgang: 3 m; BRZ: 5619; Passagiere: 676; Crew: 22 (international); Maschinenleistung (4 x Ruston/MAN Diesel): 40.000 PS; Geschwindigkeit (max.): 48 kn (89 km/h); Fahrtzeit: 2,5 Std.; Reederei: FRS (Fast Relieable Seaway) Baltic GmbH, Flensburg; Flagge: Zypern; Heimathafen: Limassol.

1998 stellte das Schiff einen Geschwindigkeits-Weltrekord auf: in 2 Tg., 17 Std. und 59 Min. zwischen USA und Großbritannien über den Atlantik bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 41 Knoten; dafür wurde das Schiff mit dem prestigeträchtigen „Blauen Band“ für die schnellste Transatlantik-Überquerung ausgezeichnet; dieser Rekord wurde bisher nicht unterboten, während SKANE JET den vorangegangenen Rekord um 34 Std. unterbot.

Preise, Zeiten, Buchungen (auch am Schalter vor Ort möglich): www.frs-baltic.com

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