Vom Zeitungs-Star zum Hartz-4-Empfänger – Journalismus zwischen Pressefreiheit und (Selbst-)Zensur

Die "The Curtain Club Bar Berlin" im Ritz-Carlton am Potsdamer Platz. © The Ritz-Carlton Berlin

München, Deutschland (Weltexpress). Nicht nur die Auflagen der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) sind in den letzten Jahren dramatisch zurückgegangen. Sie sind um nahezu 38 Prozent geschrumpft. Für die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) sieht die Quote noch vernichtender aus. Die in München schlagen sich mit einem Minus von weit über 45 Prozent Abonnentenverlust herum. Der „Spiegel“ hat sich auch dank eines personellen Kahlschlages und der Trennung von ihren besten Redakteuren inhaltlich und hinsichtlich ihres Niveaus ins untere Mittelmaß verabschiedet und ist geradezu ins Bodenlose abgestürzt. Daran ändern auch mühsame Bemühungen der Hamburger wie beispielsweise mit dem Kinder-„Spiegel“ namens „Bento“ nichts.

Die etablierten Blätter in den alten Medien müssen sich seit mehreren Jahren immer wärmer anziehen. Das mag verschiedene Gründe haben, ganz sicher tragen die neuen Medien, trägt das Internet, vor allem das World Wide Web (WWW) zu dieser Entwicklung bei. Aber machen wir uns nichts vor: Die Presse, und damit meine ich die manisch unbelehrbaren, Redakteure vieler Couleur, hat immer noch nicht begriffen, dass sich ihre Kunden auf lange Sicht nicht veralbern lassen. Nun herrscht Endzeitstimmung und die Hyänen der schreibenden Zunft stürzen sich mit Verve auf die übelriechenden Reste ihrer Überzeugungsarbeit.

Wenn sich Leser nicht mehr auf den substantiellen Inhalt und deren Richtigkeit verlassen können, und man berechtigte Zweifel an der authentischen Wiedergabe von Sachverhalten haben muss, ist jeder erklärende Kommentar obsolet. Dabei ist es völlig gleichgültig, um welches Thema es sich handelt. Ob nun AfD oder Kindererziehung, ob Migranten oder Terrorismusfragen, es geht diesen scheinheiligen Bedürfniserfüllern großer Blätter schon lange nicht mehr um Berufsethos und schon gar nicht mehr um Ehrlichkeit. Ja, die Meinungsbeherrscher haben hart am eigenen Untergang gearbeitet. Ihr Erfolgsrezept? Arroganz und der Glaube an die eigene Wahrheit, mag sie noch so falsch und weltfremd sein.

Insbesondere in der Flüchtlingsproblematik übertrifft sich die Mehrheit der Journalisten mit Verve und dem Anspruch der Humanitätshoheit mit undifferenziertem Samaritergewäsch, das den Bürgen jeden Appetit auf den morgendlichen Konsum einer Tageszeitung verdirbt. Den Genderwahn gibt es als Zuckerchen obendrauf. Immer noch sind diese Schreiber von dem, was sie tagtäglich von sich geben, überzeugt. Wenn sie dabei wenigstens stilistisch und rhetorisch überragend wären. Stattdessen vergewaltigen sie mit ihren pseudo-intellektuellen Umerziehungsversuchen die Semantik, widmen tradierte Begrifflichkeiten und Termini aus dem letzten Jahrhundert um in „Unworte“ und stigmatisieren alt hergebrachte Idiome und Redensarten als Vokabular des Dritten Reiches.

Es gilt, mithilfe eines pervertiert-provokanten Sprachduktus den Zeitgeist an die politischen Vorgaben anzupassen. Mit von der Partie sind die heuchlerischen und von Humanität triefenden Institutionen, die die Massenmedien, Presse, Funk und Fernsehen vor ihren Karren gespannt haben und sich auch das WWW unter den Nagel reißen wollen. Im WWW, das am 12. März 1989 mit der ersten Webseite im Web startete, wird immer stärker von wenigen gigantischen Plattformen dominiert. Auch innerhalb der Europäischen Union wird die  innerhalb der Europäischen Union (EU) die Neutralität des Internets insgesamt vom Staat des Kapitals und großen Telekommunikationsunternehmen infrage gestellt. Vielen gilt die DSGVO der EU nicht als Schutz vor bösen Buben, sondern als Angriff auf die kleinen Unabhängigen.

Vor allem Journalisten in großen Verlags- und Medienhäusern maßen sich nach wie vor an, die öffentliche Meinung zu verkörpern. Mit pausenlosem Trommelfeuer von so genannten Meinungsbildnern soll das Hirn des zahlenden Bürgers aufgeweicht und willfährig gemacht werden. Doch die Hofnarren der Papier-Presse haben bald ausgedient. Sie werden von Online-Redakteuren und -Journalisten abgelöst. Gnadenlos.

Wenn ich davon absehe, welches Ziel die Schreiber mancher linkslastiger Blätter verfolgten, könnte man schnell auf den überspitzen Gedanken kommen, diese Schmierfinken der Presse bekämpfen die gewählten und von ihnen erklärten AfD-Rassisten ebenso wie klar denkende, aber renitente Bürger. Die Pseudo-Moral der Zeitungen ist zu bedauernswerten Rettungsversuchen von Käuferschichten verkommen und keiner der Verleger wollte diesen nicht zu übersehenden Sachverhalt wahrhaben. Die Frage ist erlaubt: Welche der beiden Seiten darf und kann man noch ernst nehmen? Die einst seriösen Zeitungen verspielten ihre Reputation, weil deren Redakteure zu Hasardeuren von marktschreierischen und irreführenden Schlagzeilen wurden – ein trauriges Faktum. „Cum grano salis“, das ist alles, was man zu Berichterstattungen dominierender Meinungsbildner noch sagen kann.

Es bleibt ein bitterböser Nachgeschmack. Die Einflussnahme auf Inhalte durch vorsätzliche und bewusste Verfremdung, durch absichtliches Verschweigen von Kontexten oder durch Weglassen erklärender Informationen, um eine vorhersehbare Wirkung beim lesenden Publikum zu erzielen, ist nicht nur perfide, es ist auch kriminell. Nicht mehr, nicht weniger. Legen wir den Maßstab an, dass Politiker aufgrund ihres Berufes eine besondere Verantwortung haben, so gilt dieser Maßstab umso mehr für Journalisten. Jetzt fallen zu viele der Instrumentalisierung durch die Politik zum Opfer. Fundamental-romantisierte Journalisten-Pädagogik fehlgeschlagen. Mein Mitleid mit Journalisten von FAZ bis SZ, mit Mainstream-Journalisten der Konzernmedien hält sich in Grenzen.

Denn inzwischen sind viele jener halsstarrig rechthaberischen Schreibtischtäter in der Erwerbslosigkeit gelandet. Ungewaschen, stoppelbärtig und von der Welt missverstanden, rotten sie sich in München in den einschlägigen Lokalen wie dem „Brenners“ zusammen und schlagen nun, die Wunden leckend, ihre Zeit tot. In Frankfurt und Hamburg das gleiche Bild. Beim Suff hauen sie sich gegenseitig ihre vergangenen Heldentaten um die Ohren, indem sie in weinerlichem Selbstmitleid die Ungerechtigkeit der Leser beklagen, die sie jahrelang indoktrinieren wollten. Bei billigem Wein und an verklebten Tischen verfluchen sie die ehemals treuen Konsumenten ihrer verbalen Schmierereien, von denen sie jetzt als Meinungsmanipulateure und willfährige Erfüllungsgehilfen politischer Interessen gebrandmarkt werden. Ja, sowas!

Doch auch der Rest der altgedienten Wahrheitsverkünder, insbesondere bei den TV-Sendern, scheint die Gefahr ganz allmählich zu erkennen. Es gilt, den gut bezahlten Arbeitsplatz zu retten und nachzudenken. Dort und auch in den so genannten Talk-Shows stellt sich nämlich nicht nur die Frage, wie man Glaubwürdigkeit und damit Publikum zurückgewinnt, ohne gleichzeitig noch unglaubwürdiger zu werden, sondern auch unter allen Umständen zu vermeiden, das so sorgsam gepflegte Weltbild nicht allzu auffällig zu verleugnen.

Ja, ja, den Opportunisten weht ein scharfer Wind ins Gesicht. Ich gebe zu, eine gewisse Häme kann ich nicht verbergen, wenn ich durch München ziehe und diese einstmals so ernst genommene Journalisten-Elite beobachte, wenn sie „in memoriam“ der guten Zeiten ihre Genialität im Alkohol ertränken. Da kann ich nur noch sagen: Selbst gewählter Gottesdienst.

Anmerkung:

Vorstehender redigierter Beitrag von Claudio Michele Mancini wurde im Scharfblick unter dem Titel „Vom Zeitungs-Star zum Hartz-4-Empfänger“ am 1.6.2018 erstveröffentlicht.

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