Und so sehen wir betroffen: den Vorhang zu und alle Frage offen – Serie: Die Überreichung des Hessischen Kulturpreises 2009 an die vier Preisträger der jüdischen, katholischen, evangelischen und muslimischen Religion (Teil 1/3)

Preisgeber mit Preisnehmern.

Der Hessische Ministerpräsident hatte sich für Letzteres entschieden – der medial Klügere gibt nach – und so wurde eine zivilisierte Veranstaltung daraus, die mit Musik – vorher und nachher und dazwischen – begleitet, fast drei Stunden währte. Und wie’s da drinnen aussieht, geht keinen was an. Weder in die Koch`sche Seele, noch die der anderen wollen wir blicken und diese interpretieren, sondern von den Wunderlichkeiten berichten, die uns auffielen, vom Sprachwitz der Beteiligten, aber auch von ernsten echten Worten, die nicht nur hin und wieder, sondern vor allem in den Dankesreden der Preisträger aufblitzten. Den Konflikt selber hatte der Weltexpress in einem Artikel am 13. September dokumentiert, als das Kuratorium sich erneut auf die vier Preisträger einigte: auf Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden und Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurts, auf Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz und bis 2008 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, auf Navid Kermani, Schriftsteller und Orientalist, auf Peter Steinacker, ehemaliger Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

Und das diesjährige, peinlich gewordene Prozedere stellte Roland Koch in aller Breite und Tiefe noch einmal dar. Obwohl das nicht stimmt, das ’noch einmal`. Das hatten wir getan und andere öffentliche Organe auch, aber für Roland Koch war es schon bemerkenswert, daß er einen systematischen Abriß gab und dabei auch die Fehlstellen benannte, das Hin und Her thematisierte und dokumentierte. Und über all den wohlgesetzten und nicht aufhörenden Worten hätte man glatt übersehen können, daß er eine entscheidende Konfliktebene zwar angesprochen, aber nicht genauer dargestellt hatte: wie es nämlich nach dem nachträglichen Votum für Navid Kermani und der anfänglichen Zustimmung der anderen drei zu ihm zur Ablehnung des designierten muslimischen Preisträgers konkret gekommen war.

„Die Begründung und die Härte der Worte, mit denen sich Dr. Kermani von wesentlichen Elementen der christlichen Glaubenslehrer, nämlich der Kreuzes Theologie, distanzierte, wurde von den Vertretern der beiden christlichen Konfessionen – Kardinal Lehmann und Kirchenpräsident a.D. Steinacker – als direkter Angriff auf ihren Glauben und die Gemeinschaft, für die sie wirken und ihre besonderen Verdienste erworben haben, empfunden. Sie haben bald darauf deutlich gemacht, daß für sie unter diesen Umständen eine gemeinsame Auszeichnung mit dem Verfasser des Artikels nicht mehr infrage käme.“, so Koch. Und das hätten wir gerne genauer gewußt. Gibt es da einen Brief und an wen? Gibt es Telefongespräche, wie verlief der Diskussions- und Entscheidungsprozeß, der das Kuratorium nach dem unrühmlichen Vorspiel nun zur Rücknahme des Preises brachte. Ministerpräsident Koch stellte sich sozusagen vor den katholischen Repräsentanten, dem das Kuratorium gefolgt war, weil es unter der Hand hieß, sein evangelischer Mitstreiter habe ihn nicht alleine im Regen stehen lassen wollen, habe also solidarisch mitverweigert. Das sich vor Lehmann Stellen und diesen schützen wollen, kann der Ministerpräsident tun.

Was Koch aber bei seiner Rede gleichzeitig tat, war die Mißinterpretation durch Kardinal Lehmann, was den inkriminierten Zeitungsartikel, eine Bildbesprechung zu einer Kreuzigungsdarstellung von Guido Reni in der Zürcher Zeitung, angeht, hier erneut zu wiederholen, obwohl doch durch ein Treffen aller vier Preisträger alle Mißverständnisse und Fehlinterpretationen ausgeräumt waren und eine gemeinsame Preisübernahme angesagt war. Von der ’Harmlosigkeit` dieser Passagen in einem anregenden Artikel über religiöse Kunst von Kermani kann sich jeder Leser selbst überzeugen. Etliche Zuhörer äußerten nachher, hätte man sie an dieser Stelle so vorgeführt, wie Navid Kermani von Ministerpräsident Koch erneut vorgeführt wurde, sie wären aufgestanden und gegangen. Dabei ist Koch nur nach der alten Devise, wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß verfahren. Er nennt Roß und Reiter, nur nicht in der Hauptsache, sondern den Nebenkriegsschauplätzen.

Fortsetzung folgt.

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