Trophäenjagd gefährdet Tansanias Löwen und Kanadas Eisbären – Jagdreisen werden gerne „unter dem Tisch“ auf Reise- und Jagdmessen verkauft

Anlässlich der Jägermesse "Jagd und Hund" in Dortmund protestiert das Aktionsbündnis Jagdfreie Natur gegen das blutige Hobby der Waidmänner (5. Februar 2011 auf dem Reinoldikirchplatz in Dortmund)

Wie solche Großwildjagden Löwen und Leoparden in Tansania gefährden, dokumentieren Wissenschaftler in der Februarausgabe des Fachmagazins Conservation Biology (1). „Die Studie zeigt, welche enormen Risiken die Jagd auf gefährdete Arten birgt. Trotzdem ist sie in einigen Ländern legal und wird von der Jagdlobby sogar als Artenschutzmaßnahme propagiert“, kritisiert Daniela Freyer von der Artenschutzorganisation Pro Wildlife.

Überhöhte Abschussquoten

1980 lebten noch mehr als 75.000 Löwen in Afrika. Nach neuesten Schätzungen sind es heute nur noch etwa 23.000. Ausländische Jäger exportierten zwischen 2002 und 2009 insgesamt 4.791 Löwentrophäen legal aus Afrika. Fast ein Drittel davon kam aus Tansania. Wissenschaftler sind nun auch um den größten noch verbliebenen Löwenbestand besorgt, denn in Tansania wird der „König der Tiere“ seit Jahren durch Trophäenjäger dezimiert. Die Wissenschaftler befürchten, dass sich die Jagd auf die Leopardenbestände ähnlich negativ auswirkt. Andere Risiken wie Wilderei und Lebensraumzerstörung waren laut der Studie nicht dafür verantwortlich, dass die Bestände zurückgegangen sind.

500 Löwen pro Jahr gibt Tansanias Regierung theoretisch für legale Abschüsse frei. Doch längst gibt es nicht mehr so viele Trophäentiere, so dass mittlerweile nur noch halb so viele Löwen von Jägern erlegt werden wie im Jahr 1996. „Immer mehr Jäger gehen auf Löwenjagd, obwohl es immer weniger Löwen gibt“, kritisiert die Pro Wildlife Sprecherin.

Trophäenjagd ist kein Artenschutz

Immer wieder wird Trophäenjagd als Artenschutzmaßnahme propagiert: weil sie Devisen bringt, und damit theoretisch einen Anreiz bietet, Wildtierbestände als Einnahmequelle zu erhalten. „Die neue Studie belegt das Gegenteil: Nicht Wilderer, Viehhalter oder Lebensraumzerstörung dezimieren in Tansania die Bestände von Löwen, sondern die legale Trophäenjagd“, sagt die Pro Wildlife-Sprecherin. „Eine Löwenjagd bringt dem Jagdanbieter 40.000 bis 100.000 Dollar ein, deswegen wird noch den letzten männlichen Tieren gnadenlos nachgestellt.“ Die Studie belegt, dass Jäger zunehmend jüngere Tiere erlegen, weil die begehrten erwachsenen, männlichen Löwen fehlen. Trophäenjäger haben es in der Regel auf die stärksten, erfahrensten und für die Arterhaltung wichtigsten Tiere abgesehen – mit folgenschweren Auswirkungen: Wird ein männlicher Löwe im besten Fortpflanzungsalter getötet, dann übernimmt ein jüngeres Männchen das Rudel: Der neue Rudelchef tötet die vom Vorgänger gezeugten Jungen. „Die Trophäenjagd dezimiert den Tierbestand also weit über den Abschuss des einzelnen Tieres hinaus“, so Freyer. Die Pro Wildlife-Sprecherin bezweifelt auch die These von Jagdbefürwortern, der Abschuss diene der Armutsbekämpfung. „An den erheblichen Profiten der Jagdreiseanbieter werden die Menschen, die vor Ort mit den Wildtieren leben, nur minimal beteiligt. Die Armut der Menschen wird oft nur als Feigenblatt missbraucht, um die Trophäenjagd gesellschaftsfähig zu machen“, betont Freyer.

Mangelnde Kontrollen

Nicht nur überhöhte Abschussquoten, auch mangelnde Kontrolle machen die Jagd auf gefährdete Arten zu einem besonderen Risiko: Meist können die Behörden nicht kontrollieren, ob Abschussquoten und andere Auflagen in den riesigen, oft menschenleeren Jagdgebieten Afrikas eingehalten werden, statt dessen unterliegen solche Kontrollen zum Teil der Jagdindustrie. In Tansania und anderen Jagdreise-Destinationen wie Südafrika und Simbabwe enthüllt die Presse immer wieder, dass die Veranstalter Quoten nicht einhalten oder in Wilderei verwickelt sind. Oft sind korrupte Wildhüter und Behörden an illegalen Jagden beteiligt.

Jagd auf Eisbären

Doch nicht nur Tiere, die im Süden leben und vor dem Aussterben bedroht sind, tauchen im Zeilfernrohr der Jäger bedrohter Arten auf, sondern auch Eisbären (2). "In Deutschland bieten Jagdveranstalter für ca. 40.000 Euro den »Inbegriff höchster jagdlicher Herausforderung« an: das Abknallen eines Eisbären. Die Jägerforen im Internet sind ein widerliches Sammelbecken von abartigen Selbstdarstellern und Waffenfreaks. Videos von abgeschossenen Eisbären kursieren genauso wie Bilder von zerfleischten Jägern. Ein Schlachtfeld, das offensichtlich längst noch nicht ausgeschlachtet ist: Warum wird der Eisbär beim EU-Artenschutzabkommen immer noch als »B-Art« geführt, als Tier, dessen Trophäe man in Deutschland ohne spezielle Dokumente als »Haushaltsgegenstand« einführen darf?" (3)

Anmerkung:

(1) Effects of Trophy Hunting on Lion and Leopard Populations in Tanzania; C. Packer et al., Conservation Biology, Volume 25, Issue 1,  Seiten 142–153, Februar 2011.

(2) WELTEXPRESS-Redakteur Stefan Pribnow war in Churchill an der Hudson Bay, recherchierte zum Thema, er sprach u.a. mit Tierschutzaktivist Hannes Jaenicke, und gab uns Infos aus erster Hand.

(3) Aus: Hannes Jaenicke: Wut allein reicht nicht, Wie wir die Erde vor uns schützen können, 240 Seiten mit über 100 Farbfotos, Gebunden mit Schutzumschlag, 19,8 x 25,0 cm, € 22,95 (D) / € 23,60 (A) / CHF 39,90
ISBN 978-3-579-06761-2, Website: wut-allein-reicht-nicht.de

Mit Material von Pro Wildlife, einer gemeinnützigen Organisation, die sich global für den Schutz von Wild ­tie ­ren und ihrer Lebensräume einsetzt (siehe Pressemitteilung vom 31.01.2011).

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