Berlin, Deutschland (Weltexpress). Das Bild macht die Runde in diesen Tagen. Es zeigt den Handschlag zwischen sowjetischen und amerikanischen Soldaten in Torgau an der Elbe, Ende April 1945. Man glaubt es nicht, dass aus diesem Anlass die beiden heutigen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika und der Russischen Föderation als Nachfolger der Sowjetunion sich zu einer gemeinsamen Erklärung würden durchringen können.
Darin preisen sie die Anstrengungen, den damaligen Kriegsgegner und das System, das er repräsentierte, niedergerungen zu haben. Selbst eine solche Erklärung ist so etwas wie ein zeitlich begrenzter Lichtblick, der eine kurze politische Halbwertzeit haben dürfte. Von der damaligen Hoffnung ist so gut wie nichts übrig geblieben. Das machten in diesem Frühjahr die amerikanischen Panzerverbände deutlich, die im Rahmen des NATO-Aufmarsches gegen Russland an Torgau und Dresden vorbei gen Osten preschten und nicht nur die Heide erzittern ließen. Papier, auch das für Erklärungen, ist geduldig. Warum soll es mit der diesjährigen Torgau-Erklärung anders sein. Wenn die beiden Präsidenten in die Weltbevölkerung hineinhorchen, dann werden beide feststellen, wie sehr die Menschen darauf hoffen, aus Worten wieder Taten vollbracht zu sehen.
Das Bild von Torgau steht aber für mehr. Als die Soldaten beider Armeen sich in Torgau trafen, bereitete der britische Kriegspremier Winston Churchill schon längst mit einem Millionenheer aus Soldaten der Wehrmacht des Deutschen Reiches Krieg gegen die Sowjetunion vor. Ein Anliegen übrigens, das Churchill und andere in London und Washington seit Jahrzehnten verfolgten. Beide Staaten, Deutschland und die Sowjetunion, sollten in einer Weise gegeneinander gehetzt werden, dass von beiden möglichst wenig übrig bleiben sollte. Um Torgau herum war das nicht alleine sein Denken. Der bis heute umwitterte, plötzliche Tod des amerikanischen Heerführers, General Patton, zeigt auf die Gedankenwelt von Premier Churchill.
Dem Vernehmen nach stammte von ihm nicht nur der berühmte Satz, nach dem man in diesem Krieg am Ende das falsche Schwein geschlachtet habe. Selbst als alle diese Überlegungen temporär eingemottet wurden, lebte die Wehrmacht nach der bedingungslosen Kapitulation unter alliierten Befehlshabern nicht nur in Einheiten der Kriegsmarine weiter. Eliteeinheiten der Waffen-SS verrichteten weiter ihren Dienst und immer noch wird von der letzten Schlacht der Waffen-SS im Dschungel von Vietnam im Dienste Frankreichs berichtet. Wolfgang Effenberger hat die Geschehnisse detailliert beschrieben. Torgau hatte allerdings geradezu eine Signalwirkung gegen das kaiserliche Japan. Torgau, das war die Zeit, als japanische Unterhändler ihren amerikanischen Gesprächspartnern die Kapitulation anboten. Japan war zum Frieden bereit und musste erleben, dass es den Frieden nicht bekam, aber Monate später Atombomben eingesetzt wurden, um der Sowjetunion ein deutliches Signal zu geben. Alliierte eben.
In der jetzigen Torgau-Erklärung ist davon die Rede, den Faschismus niedergerungen zu haben. Man wird sich bei dieser Erklärung nicht daran erinnert haben, dass es der amerikanische Militärattaché in Berlin gewesen ist, der Anfang der zwanziger Jahre das finanzielle Überleben eines Herrn Hitler in München sicherte und dieser Herr sich später sprudelnder britischer und amerikanischer Finanzquellen erfreute. Diese trugen ihn soweit, dass ein späterer deutscher Reichspräsident namens Hindenburg, am deutschen Wähler vorbei, seinen Traum von Einheit von Staat und Armee durch den Reichskanzler Hitler glaubte verwirklichen zu müssen. Es war dieser Herr Hitler, den die Geldgeber glaubten, gegen die Sowjetunion ins Feld schicken zu können. Ein Vorgehen, dass Modellcharakter bis in die heutige Zeit hat, wie Taliban und vom Westen aufgebaute IS-Strukturen deutlich machen.
Die Unterschrift von Präsident Trump unter der heutigen Torgau-Erklärung lässt zwei Fragen offen: Will er die mit Versailles 1919 und Herrn Hitler konzipierte Politik gegen Russland wirksam beenden und was droht der Welt, wenn bei der Präsidentschaftswahl im November 2020 in den USA die Kräfte Oberhand gewinnen, die genau aus diesem Grund Trump so hassen, wie die Pest?
Wird sich dann die deutsche Bundeskanzlerin den Kriegstreibern in Washington so entgegenwerfen, wie sie es bei dem auf Verständigung getrimmten Präsidenten Trump – gegen alle deutschen Interessen – getan hat?
Ist Torgau 2020 nicht Grund genug, auf das Kriegsvorbereitungsmittel in Form von Sanktionen zu verzichten? Will man nicht zur Kriegsverhinderung nach der Charta der UN zurückkehren, nachdem mit dem Krieg gegen Belgrad 1999 die USA den Rechtszustand wiederhergestellt hatten, wie er am 1. September 1939 bestand?
Die Fragen müssen vor allem in Washington und nicht in Moskau beantwortet werden.