Berlin, Deutschland (Weltexpress). Das Wettbewerbsprogramm der Internationalen Filmfestspiele Berlin ist grundsätzlich sehr verschieden. Gemeinsam haben die Filme des 67. Berlinale jedoch alle gesellschaftsrelevante, politische oder auch aktuelle Thematiken. Selbstverständlich darf hier und heute ein Animationsfilm nicht fehlen.
Da China seit geraumer Zeit auf jeder Berlinale vertreten ist, passte es gut, dass der Animationsfilm „Hao Ji Le“ (Deutscher Titel: „Einen schönen Tag noch“) aus China stammt. Zudem besitzt er den Vorteil, nur 75 Minuten lang zu sein. Was die Gefahr verringert, insbesondere bei schweren, anstrengenden Thematiken, davon gab es auf der Berlinale genug, die Nerven der Kritiker zu stark zu belasten. Die bestand bei diesem Animationsfilm Gott sei Dank nicht.
Dem chinesischen Künstler und Filmemacher Liu Jian ist mit Hao Ji Le ein kurzweiliger, unterhaltsamer Film gelungen, deren inhaltliche Anlehnung an den US-amerikanischen Filmregisseur, Produzenten, Drehbuchautor, Kameramann und Schauspieler Quentin Tarantino kaum zu übersehen ist. Der Stoff erinnert in seiner Struktur, seinen Figuren, in seinem Inhalt und seinen Dialogen doch stark an die Filme von Quentin Tarantino. Mit dem Unterschied, dass der Streifen erstens ein Animationsfilm ist und er zweitens in China spielt.
Viele unterschiedliche schräge Figuren und eigentlich Typen tauchen im Film auf: Vom philosophierenden Gangsterboss, dem alternden Profikiller, dem Technik-Nerd oder dem Jugendlichen, der seiner Freundin eine Schönheits-OP finanzieren will reicht das Spektrum und darüber hinaus. Das kennen wir. Die Wege der Protagonisten kreuzen sich in dieser guten Geschichte, deren roter Faden eine gestohlene Tasche Geldes bildet. Am Ende treffen sich alle wieder, knallen buchstäblich auf einer Straße zusammen und auch der inhaltliche Kreis schließt sich.
Wie bei Tarantino üblich fließt auch bei Liu Jian Blut, viel Blut.
Der Film erscheint in seinem Animationsstil wie ein abgefilmtes, asiatisches Comic. Stillleben pur, bei dem sich im Bild nur bewegt, was sich unbedingt bewegen muss. So etwa ein vorbeifahrendes Auto … von links nach rechts. Und ebenfalls nicht zu übersehen ist die chinesische Stadtlandschaft sowie das vom Kapitalismus geprägte Leben, das seinen passablen Platz in der Erzählung einnimmt. Das mag für den einen oder anderen gewöhnungsbedürftig sein, tut dem künstlerischen Gesamtwerk aber keinen Abbruch. Man kann sich einer gewissen Faszination gegenüber diesem Animationsstil nicht entziehen. Am Ende überzeugt der Berlinale-Beitrag mit seinen Typen, seiner Story und seinem schrägen Humor, der nicht zu übersehen ist. Alles amüsant, kurzweilig und eben nicht zu anstrengend.
Beim Verlassen des Kinos beschleicht einen ein bisschen das Gefühl, als sei der Film ein teuer produziertes animiertes Storyboard, um den Film als Realfilm finanziert zu bekommen. Was aber wahrscheinlich nicht die Absicht von Regisseurs Liu Jian sein sollte. Selbst wenn, dann wäre das Anschauen des Animationsfilms „Hao Ji Le“ keine vergeudete Tat, im Gegenteil: er beschert einen schönen Tag.
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Originaltitel: Hao Ji Le
Englischer Titel: Have a nice day
Deutscher Titel: Einen schönen Tag noch
Land: Volksrepublik China
Jahr: 2017
Regie: Liu Jian
Dauer: 75 Minuten