Schlagworte Kultur
Schlagwort: Kultur
Geist und Material – Serie: Ernst Barlach als Bildhauer und Zeichner...
Wien (Weltexpress) - „Der Sammler“ von 1913, „Der Sonnenanbeter“ von 1910/11, „Der Melonenesser“ um 1907, der eher ein Melonenaufschneider ist, bei all diesen Figuren fällt durch die Dichte des Zusammenstehens stärker das Gestaltungsprinzip des Künstlers auf. Eine schönes Zitat macht auf die Dreieckskomposition des Künstlers aufmerksam, dem Bert Brecht für die DDR den Segen und seine künstlerische Bedeutung gab: Verharren im Augenblick, Monumentalisierung der Bewegung, Vereisung des Zustands. Tatsächlich sind es zwei gegensätzliche Anlagen. Da ist einmal das Dreieck oder der Block, der einen beim „Sterndeuter“ von 1909 sofort an Altägypten denken läßt, den aus dem Block herausgehauenen Figuren aber etwas Starres geben, während Barlach durch die bewegte Oberflächengestaltung und die Art, wie dieser Sterndeuter doch eher mit geschlossenen Augen die Hände auf die Knien aufstützt, das Gesicht gen Himmel wendet, fallen einem solche Formulierungen ein, wie daß man Gott in seinem Innersten schaut und den Himmel und die Sterne auch. Da wäre also der Stenendeuter derjenige, der sich die Sterne von eigenem Himmel in seiner Seele holt und derart Zwiesprache mit seinem Gott hält. Antiägyptisch sozusagen und tief christlich.
Geist und Gesinnung – Serie: Ernst Barlach als Bildhauer und Zeichner...
Wien (Weltexpress) - Das Schwert - Samurai hat auch japanische Bezüge – der Text am Objekt bekräftigt, was einem beim Betrachten selbst in den Sinn kam und beim zweiten Blick erst recht einleuchtet, daß hier – und dann ist der Titel falsch gewählt – auch eine ritualisierte Handlung zum Ausdruck kommt. Stimmt. Aber ohne den Verweis wäre dies vielen nicht aufgefallen, daß die Haltung auch ein als ob ausdrücken kann, im klassischen japanischen Tanz, dem Schattentanzen und den japanischen Kampfsportarten ist die Bewegung dessen, was gleich eintreten könnte, aber wo innegehalten wird, eine der stärksten Erfahrungen von Anspannung und Entspannung. Das paßt gut, daß Barlach um diese Zeit fernöstliche Weisheit aufnimmt, denn die Kenntnis der Philosophie des Fernen Ostens war über die damalige Jahrhundertwende in den aufgeklärteren Kreisen üblich, wie der Bücherschrank meines Großvaters bewies. Daß die folgende Handlung nicht eindeutig ist, ist für Barlach eine wichtige neue Erkenntnis, die aber für den „Rächer“, dem wir uns noch mal zuwenden, nicht gilt. Hier muß aus der Logik der Figur die Aktion folgen, während der „Berserker“ so etwas wie verhaltene Kraft ausdrückt, die in der Geste des als ob schon genügt.
Ein Rahmen siegt über das nicht vorhandene Bild und ein anderer...
Wien (Weltexpress) - Einen Kassettenrahmen trägt das „Porträt einer jungen Dame“, die wie aus der Familie der schönen Blonden von Palma il Vecchio aussieht, im 1. Viertel des 17. Jahrhunderts von einem unbekannten Künstler. Der Kassettenrahmen stammt aus Oberitalien um 1600, ist gegenüber bisherigen Rahmen schlicht gehalten, denkt man, was aber die unterschiedlich abgestuften Profile und erhöhten Innenleisten im Detail durchaus mit neuer Kunstfertigkeit anreichert. Dennoch hat das Gemälde mit dem Kassettenrahmen für lange, eigentlich für immer seine Form gefunden, wo die Eckverbindungen zunehmend auf Gehrung geschnitten waren und überplattet wurden. Die vier Ecken wurden also aufwendiger, aber der Gesamtrahmen schlichter. Die inneren Leisten sind nachträglich aufmontiert, d.h. wir haben die Form des Wechselrahmens vor uns, die auf uns überkommen ist. Welche Unterschiede nun aber zwischen den Kassettenrahmen selber bestehen, zeigen die ausgestellten Stücke bestechend.
Rund und eckig, geschwungen und gerade, überladen und schlicht, architektonisch wie...
Wien, Österreich (Weltexpress). Betritt man den ersten der drei Räume, die im Liechtensteinmuseum der Sonderausstellung gelten, während die opulente Bildersammlung des Fürsten in den Prunkräumen weiterhin ausgestellt bleibt, so versteht auch der Letzte, was es mit dieser „Bild und Rahmen-Ausstellung“ auf sich hat. Es empfangen einen nämlich erst einmal eine ganze Anzahl von leeren, ja geradezu nackt wirkenden Bilderrahmen. Flugs stellen wir uns vor, wie das überhaupt wäre, nur bilderlose Rahmen aufzuhängen und manche machen das ja. Eins ist klar, da schaut man anders hin. Wenn einen ein Bild sozusagen nicht vom Rahmen ablenkt, wird der Rahmen von alleine Blickpunkt fürs Auge. Selbst wenn ein Spiegel drinnen ist, schauen wir uns unwillkürlich selber an und den Rahmen höchstens danach. Wir haben das in der Ausstellung an uns, aber auch anderen überprüft. Den Rahmen als Selbstzweck, als Handwerks- und Kunstprodukt kann man nur so, ohne Inhalt präsentieren und auf einen Schlag stehen einem auch die Vielfalt und die Unterschiedlichkeit der vorhandenen Rahmen deutlich vor Augen. Ein optischer Überfall der Sinne.
Schön und nützlich! – Serie: „Halt und Zierde. Das Bild und...
Wien, Österreich (Weltexpress). Bild und Rahmen! Ganz einfach! Oder Rahmen und Bild? Bei dieser Fragestellung fängt es schon an, schwierig zu werden. Geht das eine ohne das andere? Ein Bild geht ohne Rahmen, aber ein Rahmen ohne Bild oder Spiegel, als Selbstzweck? Und wie hängen Bild und Rahmen zusammen. So wie die Geschichte von der Henne und dem Ei. Für das Nacheinander ist entscheidend, an welcher Stelle man einsteigt. Was ein Bild, ein Gemälde, eine Fotografie, ein Aquarell ist, das ist klar. Aber, was ist ein Rahmen? Denn schon sprachlich ist das interessant. Man kann aus dem Rahmen fallen, aber der Rahmen hält auch etwas zusammen. Rahmen signalisiert also eine Grenze, deren Überschreitung mehrfache Dimensionen eröffnet. Und wenn man hier weiterdenkt, dann ist man mitten in schwierigen philosophischen Fragen der Abgrenzung, der Begrenzung und des Innen und des Außen, gar bei der Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt. Und auch, wenn wir dies nun beiseite schieben, bleibt die Frage bestehen, was soll der Rahmen, was soll er für das Bild? Ihm den Halt und Schutz durch die Rahmung geben, auf das Bild zuführen, ja es sogar durch Prunk nobilitieren, harmonisch mit ihm eine Einheit bilden, oder durch seine Andersartigkeit gerade die Wirkung des Bildes steigern? Oder gar von ihm ablenken?
Wiedererweckungsversuche – Nam June Paik mit „Music for All Senses“ im...
Wien (WELTEXPRESS) - Wer mit Nam June Paik aufgewachsen ist, den wird unwillkürlich die Erinnerung überfallen, was er einem damals in den Sechzigern und Siebzigern bedeutet hat. Das, so denkt man, kann man heute gar nicht mehr nachvollziehen. Um so interessanter, sich heute anzuschauen, was der Akteur der Fluxusbewegung, der erst in heftigen Aktionen die Gegenstände zerlegte, ja zerstörte und dann in seinen Videoarbeiten – man darf ihn wirklich als Pionier dieser Kunst bezeichnen - beispielsweise einen Buddha vor sich hin stehen ließ, statisch und für ewig.
Wenn die Festhalle erzählen könnte … – Serie: Vortrag von Thomas...
Frankfurt am Main (WELTEXPRESS) - Aber auch Kleinkunst war in der Festhalle geboten. Denn man nahm alles, was ausgestellt werden wollte, weil nur über den Betrieb der Halle die Bau- und Haltungskosten finanziert werden konnten: Hundezüchter, Obstgärtner, Köche, auch Rollschuhläufer, Zirkusse und später die 6-Tage-Radrennen. Und jetzt eilen wir durch die Geschichte, die die Festhalle abbildet. Ausbruch des Ersten Weltkrieges am 1.8.1914: „Die Militärverwaltung nahm den Kuppelbau ab dem ersten Mobilmachungstag als Kleiderkammer und Soldatenquartier in Beschlag. Die Festhalle wurde zur Kaserne.“
Hundertjähriger Sieg der Idee über die Materie – Serie: Vortrag von...
Frankfurt am Main (Weltexpress) - Im Mai hat unter der Ägide des Instituts für Stadtgeschichte, das Evelyn Brockhoff leitet, der Frankfurter Historiker Thomas Bauer im Forum der Messe Frankfurt einen Vortrag zum Hundertjährigen der ruhmreichen Festhalle gehalten, der so spannend nicht nur die Baugeschichte dieses einst größten Kuppelbau Europas aufweist, sondern mit einem Rundumschlag uns auch 100 Jahre deutsche Geschichte gegenwärtig werden läßt, daß wir dies dokumentieren wollen.
Die Menschenmalerin – Serie: „Maria Lassnig. Das neunte Jahrzehnt“ im MUMOK...
Wien (WELTEXPRESS) - In „Die Sanduhr“ von 2001, einem auf 205 x 157 cm bis zur nackten Brust gemalten Selbstporträt, thematisiert sie das Alter, aber nicht die bisher gelebten Jahre, sondern etwas erschrocken die, die laut Sanduhr in ihrer Hand noch verbleiben. Derb ist die Farbe aufgetragen und die Grünlastigkeit um Augen, Nase und Mund läßt dieses konturierte Menschengesicht mit den roten Wangen, auf einmal äffisch erscheinen, schimpansisch. Gerade bei diesem Bild kommt man ins Grübeln, was einen bei den Lassnigschen Selbstporträts so beeindruckt. Sicher, das ist erst einmal auch deren Größe, denn eine Darstellung des Kopfes bis zur Brust auf zwei Meter, das schafft schon für sich eine Bedeutung der abgebildeten Person. Es kommt die Kompromißlosigkeit hinzu, mit der sie sich auf den Körper beschränkt, also zwar ein Gesicht zeigt, aber daran immer das Schädelhaftige, das von selbst entsteht, wenn man auf die Darstellung von Haaren verzichtet. Sie beschönigt nichts, aber sie stellt ihren Körper, ihre Knochen und ihr Fleisch auch nicht in Mißkredit. Auch Alter wird nicht durch schlaffere Körperhaut suggeriert, sondern eher durch die Haltung, und auch die Gesichtszüge. Was also ist es, warum man ihr, der Malerin, so lange in die aufgerissenen Augen schaut. Sie starrt und wir schauen zurück und wieder einmal fühlt man, zu was Malerei imstande ist, nämlich, daß auch der Betrachter nicht nur mit dem Bild, sondern auch mit sich selbst ins Gespräch kommt.
Die alte Wilde – Serie: „Maria Lassnig. Das neunte Jahrzehnt“ im...
Wien (Weltexpress) - Dies ist ein museales Geburtstagsständchen zum 90sten der österreichischen Malerin Maria Lassnig, mit der älteren Louise Bourgeois die grande dame der zeitgenössischen Kunst, das sich gewaschen hat. Sehen so ehrwürdige Greisinnen aus, läßt uns das eindrückliche Ausstellungsplakat mit dem doppelt gerichteten Waffenlauf der sich selbst nackt Porträtierenden provozierend fragen? Ein starkes Stück Leinwand und das ist erst der Anfang. Man kommt hinein mitten ins pralle grünstichige Leben, wenn man die Ebene 6 dieses grauschwarzen Klotzes im Museumsquartier betritt, das einst das kaiserliche Messegelände war. Maria Lassnig, die alte Wilde, die keine Scheu vor der Farbe hat und keine Angst vor konkreter Darstellung, dem Schwierigsten überhaupt, der Spezie Mensch und dies in durchaus expressionistischer Manier nicht realistisch, sondern die Farben fühlend und benutzend und nutzend.