Schlagworte Filmkritik
Schlagwort: Filmkritik
Eine Frau, ein Gewehr und eine Nudelküche auf Altchinesisch, aber ganz...
Berlin (Weltexpress) - Gehen Sie rein, wenn Sie diesen Film angekündigt sehen. Er macht Spaß auf vielen Ebenen und berührt viele Ihrer Organe, vielleicht am allermeisten aufgrund der wunderbarsten Farben der Natur und der Kostüme den Sehsinn, wenngleich auch die Lachmuskulatur gefordert wird, aber auch das Hirn bekommt Nahrung, wenn Sie eine ewiggültige Geschichte erleben, die ins alte China versetzt ist, und Sie nun das Geschichtliche von dem trennen, was war, was ist, was sein wird, nämlich daß es nicht gut ausgeht, wenn ein alter reicher Geizkragen, Besitzer einer Nudelküche auf dem Land, sich eine junge schöne Frau hält, die endlich mit dem ach so schüchternen Koch Liebe erlebt. Am Schluß sind alle beteiligten Männer tot, die Frauen überleben und das ist doch wirklich einmal etwas Neuen im Kino.
Da, wo die Verrückten sind, da gehörst Du hin ”¦ –...
Berlin (Weltexpress) - Ein irrer Film. Ein irres Sujet. Aber ob es Irre sind, oder kühl Kalkulierende oder durch Medikamente umgedrehte Normale, wer weiß das schon. Der Zuschauer von „Shutter Island“ auf jeden Fall nicht, dem der Regisseur das alte Kinderlied aus Hessen ins Hirn schreibt, daß man nach Idstein müsse, in die dortige Irrenanstalt, denn da, wo die Verrückten sind, da gehöre man hin. Genau diese Fragestellung: Realität oder Wahn ist es dann, die dem realistischen Filmanfang, der weit bis über die Hälfte des Films währt, den Boden entzieht. Wird 1954 der US-Marshall Teddy Daniels (Leonardo DiCaprio) wirklich beauftragt, eine vermißte Frau – Mörderin ihrer drei Kinder- zu suchen, die sich auf der Irreninsel, wo das einzige US-Bundesgefängnis für kriminelle Verrückte existiert, aus einer versperrten Zelle heraus in Luft auflöste? Oder ist das eine seiner Wahnvorstellungen, die er als kranker Andrew Laeddis und Patient in besagter Anstalt erleidet.
Ein Vater zu viel? – Ein junger Dokumentarfilmer auf Spurensuche bei...
Berlin (Weltexpress) - Seinen leiblichen Vater kennt Jan Raiber kaum. Nur ein paar vage Erinnerungen aus der frühen Kindheit sind ihm geblieben von dem Mann, über den seine Mutter nie sprechen wollte. In einer Reportage begibt sich der 28-jährige auf die Suche nach seinem leiblichen Vater. Von sich aus will seine Mutter das Thema nicht ansprechen. Da liegt etwas im Verborgenen. Schließlich gibt sie ihrem erwachsenen Sohn doch Auskunft. Jan findet seinen leiblichen Vater, es kommt zum persönlichen Gespräch, endlich hat man doch zueinander gefunden. Aber da liegt immer noch etwas im Verborgenen. Jan ist nichts der einzige, der davon nichts ahnt.
Preis der Heilung – Schlichte und wundersame Allegorie im Berlinale Panorama...
Berlin (Weltexpress) - Tierlaute. Winterland. Ein mittelalter Mann kommt aus der hügeligen Einöde in eine demolierte Kleinstadt und wirkt, als ängstige er sich vor Verfolgern. Er sieht ein Kind im Fluss treiben, fischt es heraus, schüttelt es wild. Der Junge lebt wieder und seine ältere Schwester dankt dem Retter. Der nennt sich Kosmos und sie wird Neptün, die fortan mit ihm fast nur in der Krähensprache kommuniziert. Unser schmuddeliger Held klettert begabt und sucht die Liebe, nachdem er ein Geldbündel unter einem Stein versteckt.
Junge trifft Mädchen und peinlich ist es auch ”¦ – Berlinale...
Berlin (Weltexpress) - Am stärksten fanden wir die Frage in der Pressekonferenz, zu der die drei Hauptdarsteller und der Regisseur anwesend waren, in der also Roger Greenberg aus N.Y., der in L.A. das leere Haus seines Bruders hütet, als Querulant bezeichnet wird, weil der es sich zur Gewohnheit macht, auf Unsitten, Fehlverhalten, Gemeinheiten von Institutionen, Verkehrsgesellschaften, Firmen und sonstwem durch ausführliche, höfliche, aber in der Sache konsequente Briefe zu reagieren und auch Leserbriefe zu schreiben, die sogar veröffentlicht werden. So weit sind wir also schon, daß jemand, der seine Bürgerpflicht ernst nimmt und als Demokrat reagiert, damit zum Querulanten wird. Und wenn wir etwas an diesem Film mögen, der uns als Geschichte eigentlich nicht gefällt, dann ist es das, daß er uns Charaktere vorführt und Beziehungssalat präsentiert, der nichts mit der aufgebretzelten Hollywoodfilmerei zu tun hat, wo alles äußerst dramatisch entweder im Rosenkrieg oder animiert schon im Weltall stattfindet, alles furchtbar wichtige Leute, die alles perfekt hinbekommen, sondern auch einmal Charaktere, die nach eigenem Gusto leben und tun, was sie für richtig halten.
In den politischen Fußfesseln der Macht – Berlinale Wettbewerb: Roman Polanskis...
Berlin (Weltexpress) - Tatsächlich haben Polanski und Harris das Drehbuch für den Film nach dem Politkrimi ’Gost’ zusammen geschrieben und sind darüber zu Freunden geworden. Gewesene Freunde dagegen sind Autor Robert Harris und Tony Blair, der britische Premierminister, dem nach seinem devoten „Ja“ zum Irakkrieg der alte Freund Harris die Freundschaft aufkündigte. Öffentlich und dann noch niedergeschrieben in einem Thriller, der ein Welterfolg wurde, weil Harris gar nicht erst versuchte, seine Hauptfigur des britischen ehemaligen Premierministers Adam Lang fiktiv zu erklären, sondern – wie jetzt in Berlin auf der Pressekonferenz – der erste ist, der laut sagt, daß er damit Tony Blair gemeint habe. Dabei muß er nicht hinzufügen, daß die Details, von den Liebesbeziehungen angefangen, auf sein schriftstellerisches Konto gehen. Das versteht sich von selbst.
Brüderlein fein … – Berlinale Wettbewerb: „Submarino“ von Thomas Vinterberg
Berlin (Weltexpress) - Als ob alle Welt nur aus Männern bestünde und die männliche Problematik, sei sie durch die böse Mutter verursacht, auf jeden Fall aber durch die kaputte Familie, zum geheimen Leitthema dieser Berlinale würde, das kann man sich schon am dritten Tag des Filmfestivals fragen. Beeindruckende Männerschicksale, in denen den Frauen entweder die Verursacherrolle zukommt, oder die, die heilen, auf jeden Fall diejenigen, die die Arbeit machen, wenn Männer leiden und sich dem Leid entziehen, in dem sie es verdrängen, sprachlos werden und sich ihrer Gefühle zu entledigen versuchen.
Er pfeift, wann er will … und geht damit baden –...
Berlin (Weltexpress) - Harte Geschichte. Oft grauslich anzusehen. Aber wahr. Nicht wahr in dem Sinn, daß es ein stattgefundenes Ereignis war, das in das Theaterstück gegossen wurde, aus dem das Drehbuch entstand, das dem Film zugrunde liegt, sondern wahr in dem Sinn, daß es hätte passieren können oder schlimmer: jeden Tag passiert in Rumänien, einem Land, das sich immer noch im Übergang befindet, von einer paternalistischen diktatorischen Vergangenheit in eine Gegenwart, wo Selbstbestimmung herrscht - mit den in Demokratien üblichen Gepflogenheiten, daß Du nicht tun kannst, was Du willst, sondern an Gesetze und einen Verhaltenskodex gebunden bist. Nicht so die Hauptfigur Silviu (George Pistereanu), der pfeift, wann er will, denn so heißt der rumänische Titel übersetzt: Wenn ich pfeifen möchte, pfeife ich.
Dem Prozeß der Prozeß gemacht – Berlinale Wettbewerb: Allen Ginsbergs „Howl“...
Berlin (Weltexpress) - Ein solches, ein Geheul nämlich, stimmte der widerständige junge Ginsberg 1955 an, als er öffentlich sein das puritanische Amerika in den Grundfesten erschütterndes gleichnamiges Poem vortrug, wo er konnte, und von Gleichgesinnten gefeiert wurde. Das änderte sich, als zwei Jahr später die Druckfassung von Howl in San Francisco vor Gericht stand. Denn nicht er als Autor wurde dorthin zitiert, sondern sein Verleger, dem das Buch für immer verboten werden sollte wegen Oszönitäten und dem Gebrauch von - nicht notwendiger -Gassensprache. Vorsorglich jedoch wurden – Gefahr im Verzuge – erst einmal alle Bände dieser Kleinstauflage aus dem Verkehr gezogen. Dieser Film stellt nun zum einen den hochinteressanten Prozeßverlauf dar – das ’anständige’ Amerika als Ankläger und Sittenwächter der Nation, das verderbte als Angeklagter und ein am Schluß weiser Richter –, der mit einem glänzenden Freispruch endete, läßt aber in dem Film das Leben des Dichters Revue passieren und ihn auch immer wieder aus seinem Hauptwerk vortragen.
Der indische Schauspielerstar Shah Rukh Khan spielt überzeugend einen tumben Tor...
Berlin (Weltexpress) - Es wäre ganz einfach, diesen Film nach allen Regeln der Kunst, der Filmkritikerkunst auseinanderzunehmen und einen Verriß herunterzuschreiben. Da passiert so unaufhörlich Wundersames und deftig Konstruiertes, da treffen sich die privaten Probleme mit den großen Themen unserer Zeit, wobei der 11.9.2001 das wichtigste Datum bleibt und davon ausgehend erst einmal die Verfolgung von Moslems im Alltag der USA drankommt, deren schlimmste Variante die der Kinder ist, aber auch andere Katastrophen unserer Zeit, die die US-Zeit ist, werden thematisiert, Katrina genauso wie die Kriegstoten im Irak, die Folter für Gefangene, sogar der neugewählte Präsident kommt ins Bild, der alte sowieso. Im Film findet also eine wilde Mischung von Öffentlichem und Privatem statt, wo die Hauptperson, die uns durch den Film führt, ein Inder namens Rizvan Khan (Shah Rukh Khan) ist, der an einer speziellen Krankheit leidet, dem Asperger Syndrom, das grundsätzlich aussagt, daß solche Menschen infolge anderer Wahrnehmung auch anders reagieren, also von der Norm abweichen. Es wäre also ganz einfach, ob solcher Vorführung der Probleme der Welt abzuwinken und zu den „wahren“ Filmkunstwerken zu schweifen. Dies wäre aber nicht nur billig, sondern auch falsch, denn in diesem Film werden andere Kriterien guter Filmkunst perfekt geboten.