Mittwoch, 18. Dezember 2024
Schlagworte Besprechung

Schlagwort: Besprechung

Mitten im Leben – Berlinale Wettbewerb: Jasmila Zbanic ,Gewinnerin des Goldenen...

Berlin (Weltexpress) - Eine komplexe, sehr überzeugende filmische Arbeit, die zeigt, wie sehr das Kino ein Abbild gesellschaftlicher Wirklichkeit sein kann, wahr, spannend, traurig und froh auf einmal. Regisseurin Jasmila Zbanic, die auch das Drehbuch schrieb, hatte mit ihrem Erstling „Grbavica“ auf Anhieb 2007 den Goldenen Bären gewonnen. Nun legt sie erneut einen Film vor, der auf die Veränderungen ihrer Heimat Bosnien in Sarajewo und Umgebung reagiert. Es handelt sich um ein junges, durchaus gutsituiertes Paar, das sich liebt, das spürt man den ganzen Film über. Es ist eine junge unbeschwerte Liebe, die nichts hat von den gängigen Küchen- und Schlafzimmerszenen nebst neurotischen Beziehungskrisen, aber auch nichts von dem stummen Nebeneinanderleben anderer Filmehen. Sie ist Stewardeß und er wird gerade wegen seiner Alkoholprobleme im Dienst gefeuert. Beide wollen ein Kind, das von alleine nicht kommt, weshalb sie eine künstliche Befruchtung in Gang setzen.

Der muslimische Aschermittwoch – Berlinale Wettbewerb: Burhan Qurbani kommt mit seinem...

Berlin (Weltexpress) - Mit einem filmischen Erstling als Regisseur direkt auf die Berlinale zu gelangen, das sei zuvor nur Roland Emmerich gelungen, hieß es anläßlich der Pressekonferenz nach der Filmvorführung. Der Film selbst, dessen Titel als erste Säule des Islam dem Koran entnommen „Glaubensbekenntnis“ heißt, ist ein Episodenfilm, in dem am Anfang die handelnden Personen an ihrer Arbeitsstelle, der Großmarkthalle, vorgestellt werden, wobei von drei Muslimen anschließend deren Geschichten ausführlicher erzählt werden, die immer wieder in Gemeinsamkeiten münden, entweder, daß sich die handelnden Protagonisten im gefilmten Leben treffen oder indem in eine Geschichte die zeitlichen Parallelexistenzen kurz eingeblendet werden. Um was es geht? Um das Leben in Deutschland im Zeichen des Islam.

Männer unter sich – Berlinale Wettbewerb: Alexej Popogrebski läßt den Sommer...

Berlin (Weltexpress) - Ein Männerfilm. Zwar sind es nur zwei, aber dafür sind sie das total und immer von morgens bis abends und auch des Nachts noch zusammen, denn auf ihrem insularen Aufenthaltsort, einer Polarstation im Arktischen Meer, geht die Sonne im Sommer nicht unter. Auch wenn die beiden die Hauptrollen spielen und uns die dramatische Gefühlsskala einer russischen Seele eines russischen Mannes auf 124 Minuten Film aufzeigen, so spielt die eigentliche Hauptrolle diese arktische Landschaft, daß man angesichts der sanft-blauen geschichteten Farben und Nebelbänken glatt vergessen möchte, daß es eine todgefährliche Gegend ist, wo das Eis Leben auslöscht und die schroffen Felsformationen nicht nur bedrohlich aussehen, sondern einen auch erschlagen können. Unwirklich und unwirtlich, aber fast überirdisch schön.

Und läuft und läuft und läuft … – Berlinale Wettbewerb: Benjamin...

Berlin (Weltexpress) - Das hat uns gut gefallen, dieses Wortspiel vom Laufenlassen, denn tatsächlich findet das Laufen nur auf dem Boden, dem Straßenboden, dem Waldboden und dem Laufband ganz wirklich statt, aber die übertragende Bedeutung vom Laufenlassen, diese Hoffnung hat dieser Räuber nicht. Aus gutem Grund. Er will sie gar nicht, denn von Anfang an kommt es einem vor, als ob sich hier einer zu Tode laufen will, als ob ein Laufen zum Tode stattfindet, das er beschleunigt, indem er frech und verwegen, maskiert dazu, die Banken eine nach der anderen ausraubt, nachdem er gerade aus dem Gefängnis entlassen worden ist, wo er sich das Laufen zum Lebensinhalt machte und diszipliniert trainierte, sogar mit eigenem Laufband in der Zelle, das der Gefängnispsychologe ihm verschaffte.

Preis der Heilung – Schlichte und wundersame Allegorie im Berlinale Panorama...

Berlin (Weltexpress) - Tierlaute. Winterland. Ein mittelalter Mann kommt aus der hügeligen Einöde in eine demolierte Kleinstadt und wirkt, als ängstige er sich vor Verfolgern. Er sieht ein Kind im Fluss treiben, fischt es heraus, schüttelt es wild. Der Junge lebt wieder und seine ältere Schwester dankt dem Retter. Der nennt sich Kosmos und sie wird Neptün, die fortan mit ihm fast nur in der Krähensprache kommuniziert. Unser schmuddeliger Held klettert begabt und sucht die Liebe, nachdem er ein Geldbündel unter einem Stein versteckt.

Junge trifft Mädchen und peinlich ist es auch ”¦ – Berlinale...

Berlin (Weltexpress) - Am stärksten fanden wir die Frage in der Pressekonferenz, zu der die drei Hauptdarsteller und der Regisseur anwesend waren, in der also Roger Greenberg aus N.Y., der in L.A. das leere Haus seines Bruders hütet, als Querulant bezeichnet wird, weil der es sich zur Gewohnheit macht, auf Unsitten, Fehlverhalten, Gemeinheiten von Institutionen, Verkehrsgesellschaften, Firmen und sonstwem durch ausführliche, höfliche, aber in der Sache konsequente Briefe zu reagieren und auch Leserbriefe zu schreiben, die sogar veröffentlicht werden. So weit sind wir also schon, daß jemand, der seine Bürgerpflicht ernst nimmt und als Demokrat reagiert, damit zum Querulanten wird. Und wenn wir etwas an diesem Film mögen, der uns als Geschichte eigentlich nicht gefällt, dann ist es das, daß er uns Charaktere vorführt und Beziehungssalat präsentiert, der nichts mit der aufgebretzelten Hollywoodfilmerei zu tun hat, wo alles äußerst dramatisch entweder im Rosenkrieg oder animiert schon im Weltall stattfindet, alles furchtbar wichtige Leute, die alles perfekt hinbekommen, sondern auch einmal Charaktere, die nach eigenem Gusto leben und tun, was sie für richtig halten.

In den politischen Fußfesseln der Macht – Berlinale Wettbewerb: Roman Polanskis...

Berlin (Weltexpress) - Tatsächlich haben Polanski und Harris das Drehbuch für den Film nach dem Politkrimi ’Gost’ zusammen geschrieben und sind darüber zu Freunden geworden. Gewesene Freunde dagegen sind Autor Robert Harris und Tony Blair, der britische Premierminister, dem nach seinem devoten „Ja“ zum Irakkrieg der alte Freund Harris die Freundschaft aufkündigte. Öffentlich und dann noch niedergeschrieben in einem Thriller, der ein Welterfolg wurde, weil Harris gar nicht erst versuchte, seine Hauptfigur des britischen ehemaligen Premierministers Adam Lang fiktiv zu erklären, sondern – wie jetzt in Berlin auf der Pressekonferenz – der erste ist, der laut sagt, daß er damit Tony Blair gemeint habe. Dabei muß er nicht hinzufügen, daß die Details, von den Liebesbeziehungen angefangen, auf sein schriftstellerisches Konto gehen. Das versteht sich von selbst.

Brüderlein fein … – Berlinale Wettbewerb: „Submarino“ von Thomas Vinterberg

Berlin (Weltexpress) - Als ob alle Welt nur aus Männern bestünde und die männliche Problematik, sei sie durch die böse Mutter verursacht, auf jeden Fall aber durch die kaputte Familie, zum geheimen Leitthema dieser Berlinale würde, das kann man sich schon am dritten Tag des Filmfestivals fragen. Beeindruckende Männerschicksale, in denen den Frauen entweder die Verursacherrolle zukommt, oder die, die heilen, auf jeden Fall diejenigen, die die Arbeit machen, wenn Männer leiden und sich dem Leid entziehen, in dem sie es verdrängen, sprachlos werden und sich ihrer Gefühle zu entledigen versuchen.

Er pfeift, wann er will … und geht damit baden –...

Berlin (Weltexpress) - Harte Geschichte. Oft grauslich anzusehen. Aber wahr. Nicht wahr in dem Sinn, daß es ein stattgefundenes Ereignis war, das in das Theaterstück gegossen wurde, aus dem das Drehbuch entstand, das dem Film zugrunde liegt, sondern wahr in dem Sinn, daß es hätte passieren können oder schlimmer: jeden Tag passiert in Rumänien, einem Land, das sich immer noch im Übergang befindet, von einer paternalistischen diktatorischen Vergangenheit in eine Gegenwart, wo Selbstbestimmung herrscht - mit den in Demokratien üblichen Gepflogenheiten, daß Du nicht tun kannst, was Du willst, sondern an Gesetze und einen Verhaltenskodex gebunden bist. Nicht so die Hauptfigur Silviu (George Pistereanu), der pfeift, wann er will, denn so heißt der rumänische Titel übersetzt: Wenn ich pfeifen möchte, pfeife ich.

Dem Prozeß der Prozeß gemacht – Berlinale Wettbewerb: Allen Ginsbergs „Howl“...

Berlin (Weltexpress) - Ein solches, ein Geheul nämlich, stimmte der widerständige junge Ginsberg 1955 an, als er öffentlich sein das puritanische Amerika in den Grundfesten erschütterndes gleichnamiges Poem vortrug, wo er konnte, und von Gleichgesinnten gefeiert wurde. Das änderte sich, als zwei Jahr später die Druckfassung von Howl in San Francisco vor Gericht stand. Denn nicht er als Autor wurde dorthin zitiert, sondern sein Verleger, dem das Buch für immer verboten werden sollte wegen Oszönitäten und dem Gebrauch von - nicht notwendiger -Gassensprache. Vorsorglich jedoch wurden – Gefahr im Verzuge – erst einmal alle Bände dieser Kleinstauflage aus dem Verkehr gezogen. Dieser Film stellt nun zum einen den hochinteressanten Prozeßverlauf dar – das ’anständige’ Amerika als Ankläger und Sittenwächter der Nation, das verderbte als Angeklagter und ein am Schluß weiser Richter –, der mit einem glänzenden Freispruch endete, läßt aber in dem Film das Leben des Dichters Revue passieren und ihn auch immer wieder aus seinem Hauptwerk vortragen.

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