Am vergangenen 8. Mai konnten beide Mannschaften eigentlich befreit aufspielen. Die Unioner brauchten sich nicht mehr vor einem drohenden Abstiegsszenario fürchten, und die Gäste hatten nicht einmal mehr die theoretische Chance, um den Aufstieg mitzuspielen. So entwickelte sich ein rasantes Spiel ohne irgendwelchen Ballast. Am Ende für die Gastgeber vielleicht sogar das beste, dass sie in dieser Saison gezeigt haben.
Schon nach gut einer halben Stunde hätte 3:0 für die Hausherren stehen können. Aber John Jairo Mosquera hatte in der 13. Minute lediglich eine seiner vier Chancen genutzt. Auch Karim Benyamina hatte zwei gute Chancen. Von Energie war bis dahin wenig zu sehen. Trainer Peter Wollitz machte vor allem seinen Japaner Takahito Soma als lose Kontaktstelle aus und bestrafte ihn bereits nach 25 Minuten mit der Auswechslung gegen den jungen Leonardo Bittencourt aus. Auch Cottbus` Top-Torjäger Nils Petersen, Anführer der Zweitliga-Torschützenliste (24 Treffer bislang), war bei Christoph Menz bislang in guter Obhut. Und auch in der 39. Minute hatte ihn der Unionverteidiger ins Abseits gestellt. Leider übersah sein Kollege Christopher Quiring auf der entgegengesetzten Feldseite diese List und hob das Abseits auf. Petersen sprintete mit dem Ball Richtung Torauslinie und flankte präzise auf den in der Mitte laufenden Emil Jula, der unbedrängt einschieben konnte. Ein Tor wie aus dem Nichts. Aber nur wenig später hätte beinahe eine Kopie dieses Spielzugs zum zweiten Tor der Cottbuser geführt. Diesmal indes zeigte Jan Glinker im Union-Tor einen sensationellen Reflex und vermasselte Jula den Doppelpack. Glinka, der wieder den verletzten Marcel Hötticke vertrat, durfte sich im Laufe des Nachmittags noch einige Male in ähnlichen Situationen auszeichnen. Seine fehlerlose Leistung war ein wichtiger Beitrag dafür, dass dieser Sonntag zu einem Tag des Sieges für alle Unioner wurde. Nach seiner Krise in der Hinrunde, durch die er seinen Stammplatz an Höttecke abgeben musste, dürfte dem Torhüter nun gewiss wieder ein großes Stück an Selbstvertrauen gewachsen sein.
Die zweite Spielhälfte begann dann etwas ruhiger. Das war bei der ins Stadion brennenden Sonne nicht unverständlich. Jede kleinere Unterbrechung nutzten die Spieler für innerliche wie äußerliche Wasserzufuhr. In der 64. Minute indes brachte das 2:1 für Union durch Dominic Peitz wieder Leben in die Party. Cottbus ließ sich davon aber nicht schocken und drängte auf den Ausgleich. Nach einem Handspiel von Bernd Rauw etwa 25 Meter vor dem Tor, legte sich Energies Freistoßspezialist Jiayi Shao die Kugel zurecht und hämmerte sie unhaltbar in den Linken Winkel des Union-Gehäuses.
Nun ging es auf und ab. Jeder wollte hier gewinnen. Während Wollitz mit Velimir Jovanovic einen Stürmer gegen einen Verteidiger tauschte, schickte Unions Coach Uwe Neuhaus für den ausgepowerten Younga den quirligen Ede ins Getümmel. Der brachte auch schnell Unruhe. Erst bediente er in der 83. Minute seinen Partner Quiring war auf dem rechten Flügel passgerecht, so dass der 19-Jährige aus etwa 18 Meter dem guten Cottbusser Keeper Thorsten Kirschbaum keine Chance gab. Und kaum hatten die Cottbuser den Ball aus ihrem Netz geklaubt, da legte Ede erneut einen herrlichen Pass für Benyamina auf. Der hielt aus spitzem Winkel einfach drauf und wieder zappelte die Kugel im Netz der Gäste.
Benyamina setzte mit diesem 4:2 sozusagen den emotionalen Schlusspunkt unter seine Karriere an der Alten Försterei. Denn der Unions Rekordtorschütze aller Zeiten (87 Tore) wird wie auch sieben andere Kicker, den Verein verlassen. Alle wurden vor dem Spiel am Sonntag feierlich verabschiedet. Tausende auf den Rängen hielten Schilder mit der Benyamina-Nummer 22 in die Höhe und wieder ertönte nach dem Spiel lange der Abschiedsgesang der Unionfans für den Mann, der sie in sechs Jahren und in 212 Pflichtspielen aus der Oberliga bis in die 2. Liga begleitet hatte. „Ich hätte noch drei Stunden weiterspielen können“, meinte Benyamina später und behauptete: „Nein, es hat keine Tränen gegeben. Ich werde jetzt mit den Jungs etwas feiern und dann nach Hause gehen, über das Ganze nachdenken.“ Es gibt wohl schon einige Zweitliga-Vereine, die an ihm interessiert sind.
Union dagegen will wohl künftig auf die Jugend setzen. Große Sprünge kann der Verein sich nichts leisten. In Köpenick ist man zufrieden, wenn sich der Verein eine solide Position in der zweiten Bundesliga verschafft.