Sport, Kultur, Gourmet, Wellness und Fun im Badeparadies Riccione – Die italienische Adriaküste und ihr Hinterland

© Mí¼nzenberg Medien, Foto: Eva-Maria Koch, 2015

Der „Riccione-Day“, ein Fest der Gastlichkeit in der Emilia Romagna

Eigentlich hätte das schöne, elegante Riccione mit seinem Liberty-Style keine Promotion nötig. Bologneser, Milaneser, Turiner und Emilianer haben hier ihre Zweit- und Dritthäuser. Der schon damals in Zeiten des Wirtschaftswunders nicht nur bei den Deutschen beliebte Badeort rangiert immer noch auf der Beliebtheitsskala ganz oben. An Tagen wie dem Ferragosto (15. August, Maria Himmelfahrt) sind zu 100 % Italiener dort in Urlaub, sonst machen italienische Touristen bis zu 80% dort aus. Kann sein, dass der Wegfall von ca. 50 % der russischen Touristen aufgrund der EU-Sanktionen einen kleinen Verlust bedeutet. Jedoch ist Riccione immer noch der attraktivste Badeort mit den schönsten Bagni (Bädern) entlang der adriatischen Riviera.
Trotz der Erfolgsstory von Riccione entwickelte Hoteldirektor Stefano Giuliodori, Vorsitzender des Consorzio Riccione Tourismo, eine zündende Marketing-Idee, als er beschloss, sein Rennradfahrer- /Biker-Hotel auch in den Wintermonaten aufzumachen. Im Februar, als das Hotel dann doch leer stand, schlug ihm sein Marketing-Direktor vor, Stammgäste anzuschreiben und ihnen einen kostenlosen Tag inclusive Dinner anzubieten. Für das Dinner sollten sie dann Spezialitäten aus ihrer Region mitbringen – es war ein voller Erfolg! 
Daraufhin schlug Stefano seinen befreundeten Hoteliers der Region vor, doch dieses Prinzip auf einen sogenannten „Riccione-Day“ zu übertragen. Am 29. Mai 2015 war Premiere: ein Drittel der Hotels von Riccione haben sich der Bewegung angeschlossen und bieten ihren Gästen eine kostenlose Übernachtung an – ohne Bedingungen hieran zu knüpfen!!! Die restlichen 2/3 warten ab. Es war ein voller Erfolg, so Stefano, auf 1000 angebotene Hotelbetten kamen 10.000 Anfragen! Ca. 200 Geschäfte – nicht nur – in der eleganten Hauptstraße Viale Ceccerini von Riccione schlossen sich der Aktion an und bieten den Touristen Rabatte oder kleine Geschenke. Die teilnehmenden Hotels waren ausgebucht – gekrönt wurde der Tag von einer Strandparty und einem Feuerwerk. Stefano fährt mit seinen Gästen im übrigen am liebsten im Motorboot auf dem Meer von Ort zu Ort – früher war es ein Segelboot, jedoch war das zu viel Aufwand, sagt er.
Riccione – eleganter Badeort an der italienischen Adriaküste
© Münzenberg Medien, Foto: Eva-Maria Koch, 2015Ein Blick auf die Homepage von Riccione genügt, um zu sehen, dass in diesem Urlaubsort an alles gedacht ist, was insbesondere das Familienurlauberherz höher schlagen lässt. Riccione und die Region Romagna waren früher eher arm, bis der Tourismus 1920 auf den Plan kam. Dieses bedeutete den wirtschaftlichen Durchbruch! Stefano und seine Freunde entwickeln die Hotels ihrer Großeltern und Eltern mit kreativen, zeitgenössischen Ideen weiter. Themenhotels wie Bike-, Gourmet/Food-, Familien-, Wellness-Hotels mit ca. 6000 Betten in der Küstenregion richten sich nach innovativen Kundenwünschen aus. Auch geführtes Nordic Walking am Strand entlang ist im Angebot! Eine 40 km lange autofreie Rad- und Fußgängerpromenade führt an der malerischen Küste entlang. Radfahren wird hier ganz groß geschrieben, ist Riccione doch mit dem südlicher liegenden Fischer- und Badeort Cesenatico verbündet, in dem alljährlich der 200 km lange Rennradmarathon „Nove colli“ ausgerichtet wird.
Von Bikern und RennradfahrerInnen
Nicht nur in Stefano`s Bikerhotel, einem von mehreren Riccione Bike Hotels, geben sich RennradfahrerInnen aus aller Welt ein Stelldichein, um für das „Nove colli“-Rennen ganzjährig zu trainieren auf den beliebten Pisten der romagnanischen Küstenregion. Eine Gruppe von Luxemburgern ist beim Frühstück anzutreffen, eine Gruppe aus Marseille singt ihrem Kollegen zum 65-jährigen Geburstag mit einem „Joyeux anniversaire“-Ständchen alles Gute. Eine Gruppe von Amerikanern diskutiert beim Früchtemüsli ihr Tagespensum. Unter 100 km täglich absolviert zu haben, kommt hier keiner abends ins Hotel zurück. „Für unsere Kleinfamilie ist Riccione ideal!“, sagt Marianne aus Bayern. „Morgens fährt mein Mann mit seiner Trainingsgruppe Rad und ich unternehme etwas mit unserer 9-jährigen Tochter. Nachmittags geht er dann mit ihr an den Strand und ich kann trainieren. Zusammen haben wir dann auch eine Burg im Hinterland besucht.“ Michael aus Rosenheim nahm am diesjährigen „nove colli“ vor einer Woche teil. Heute führt ihn sein Weg 500 Meter hoch in San Marino`s Hauptstadt, den Stadtstaat, der die Emilia Romagna mit zwei Tälern teilt. „Das ist keine Herausforderung für geübte Sportler.“, so Michael, der die im Gegensatz zu Bayern hier flachen Berge schätzt. Martin, unser Kollege, fährt derweil mit einer Vespa dort hinauf, die leider bei der Steigung kapitulierte: kein Benzin im Tank!

„I Bagni“ – die Strandbäder

© Münzenberg Medien, Foto: Eva-Maria Koch, 2015Die ganze Küste der Romagna ist bestens organisiert! Einsiedler-Individualisten sind hier eher fehl am Platz, obwohl sie im Hinterland gute Ausweichmöglichkeiten für Individualisten vorfinden können! Alles ist durchorganisiert! Um sich einen Überblick über die 130 individuell gestalteten Bäder zu verschaffen, besteigt man am besten einen Hotel-Drahtesel und fährt an der autolosen Uferpromenade auf dem Radweg entlang. (Autos parkiert man in Tiefgaragen.) Jedes Bad hat einen individuellen Charakter und bietet seinen – meist Stammkunden – neben Sonnenliegen und Schirmen ein spezielles Programm: Schwimmbad, Fitness, Tanzen, Sportarten, Kultur. So haben einige Bäder auf ihrem Territorium Pools gebaut – denn um in der Adria richtig schwimmen zu können, muss der Badegast sehr weit hinauswaten durch das seichte Wasser. Familien lassen sich schon im voraus ihre Stammplätze reservieren. Auch für Hunde ist gesorgt – es gibt spezielle Boxen für sie. Für Menschen mit körperlichem oder geistigem Handicap existiert eine besondere Sensibilisierung, so gibt es z.B. Laufbahnen für Rollstühle. 
Kochwettbewerbe werden durchgeführt – eine Folge der Publikumslieblings-TV-Sendung „Masterchef“ wurde mit 100 Bademeistern aus Riccione durchgeführt – am längsten Tisch der Welt. Im „Bagno Giorgio 60“ werden zeigenössische Dichterlesungen und Selbstcoaching-Seminare durchgeführt.
Die Bäder zahlen Konzessionen an die Stadt für mehrere Jahre: Eintritt für Gäste – meist ca. 6 Euro. Dafür hat man dann auch seine Liegen mit Sonnenschirm, Handtuchservice und alles nach Wunsch. Der Rettungsdienst ist Pflicht. Dem Bagnino (Bademeister) haftet bis heute noch das „latin lover“-Image an – schließlich haben sie viel Zeit, sich mit den Strandbesucherinnen zu unterhalten! Auch ökologische Bagni – Ökostrände – gibt es seit 2003, die sich dem sustainable tourism www.sustainable-tourism.org verschrieben haben, wie uns Bademeister Domenico vorführt: Mülltrennung, Duschwasserweiterverwertung, Solarenergie etc.
Da Carlo“, ein Panorama-Strandrestaurant mit Incognito-Promifaktor (ehem. Lucio Dalla e.a.), lädt zu köstlichen Fischgerichten mit Passatelli-Pasta und dem typischen Piadina-Fladengericht ein – mit Bilderbuchblick über die 6-kilometerweiten Sandstrand bis nach Rimini und zum Parco Nazionale.
Kochkurse für Touristen
© Münzenberg Medien, Foto: Eva-Maria Koch, 2015Eigentlich ist die Cucina Italiana – die italienische Küche – schon nicht mehr zu toppen. Sie ist mehr als berühmt, beliebt und bekannt. Die Küche der Emilia Romagna jedoch setzt dem Ganzen noch einmal eine Krönung auf! Die einzigartige, exklusive Aceto Balsamico Produktion in Modena muss wohl nicht noch einmal extra erwähnt werden. Um den Touristen das Know-How zu vermitteln, damit sie die beliebten Gerichte zu Hause nachkochen können, werden überall in der Emilia-Romagna Kochkurse angeboten in ungefähr 100 Kochschulen. Ca. 50 Agriturismi (Bauernhöfen) bieten neben Übernachtungen auch Kochkurse an, auch tägliche! Auch in Hotels wird auf die Wünsche der Touristen eingegangen, so Bruno und Deborah von Food Hotels, die uns ins Hinterland begleiten. Umweltfreundliches, in Turin erfundenes „Slow Food“ wird auch groß geschrieben, das Essen, welches nur aus regionalen Produkten hergestellt werden darf. Sein geschütztes Markenzeichen ist eine Schnecke, erklärt uns Helena. Im stylischen Trend-Restaurant „La Brasserie“ werden wir von Küchenchefin Milena zur Pastaherstellung in verschiedenen Varianten angeleitet – auch ohne, dass wir es schafften, den Teig so dünn zu rollen, bis man eine Zeitung dadurch lesen konnte! Sie schmeckten uns sehr hervorragend! Die herzliche, charmante Milena ist nebenbei auch ein italienischer TV-Kochstar!
Önogastronomie – I Vini e gusti della Regione
Die Weine der Emilia Romagna sind so unterschiedlich, wie die Emilianer und die Romangnesen, so Helena unser Guide, die mit Yummy Italy ein Feinschmeckerportal betreibt, wobei in der Romagna sicherlich das Küstenklima eine wesentliche Rolle spielt. An erster Stelle seien der „Albana“-Weißwein zu nennen, der „San Giovese“-Rotwein aus Rimini sowie der „Pignoletto“, bekanntester Wein aus Bologna, Hauptstadt der Region – als spumante, frizzante schmeckt er nach Holunder und Grapefruit. Vor dem Touristen-Irrtum, den Begriff „Spaghetti Bolognese“ zu verwenden, warnt sie: in Bologna heißen diese „Taglatelli alla Bolognese“! Piadina – ist eine Fladenbrotgericht, welches jede Region und jede Stadt mit individuellen Füllungen bedenkt: Ricotta, Ruccola usw.
Riccione und das adriatische Küsten-Hinterland – eine Perlenkette von historischen Städten
@ Münzenberg Medien, Foto: Eva-Maria Koch, 2015Einer Perlenkette gleich zieren Burgen und Kastelle der Adelsfamilie Malatesta das grüne, hügelige Hinterland mit seinen malerischen, historischen Städtchen. Das ist Italien – ein einziger Tresor an Kunstschätzen! 
Dozza
Das hochgelegene, malerische, mittelalterliche Dörfchen in der Provinz Bologna ist berühmt für seine zweijährlich stattfindenden Wandmal-Wettbewerbe „Biennale del Muro Dipinto“. Überall finden sich einzigartige Gemälde an den historischen Altstadtmauern auf dem Weg zur „Rocca Sforzesca“, der Burg der Sforzas – einer ebenfalls mächtigen Adelsfamilie im Mittelalter. In der dort untergebrachten „Enoteca Regionale Emilia-Romagna“ kann nicht nur der Weinkenner die edelsten Tropfen der Region verkosten: die Weinproduzenten der Region bieten hier ihre köstlichen Trauben in Flüssigform an: ca. 800 Weine aus der Region. Den Unterschied zwischen den EU-Weinmarkt-Bezeichnungen D.O.P., D.O.C.G., I.G.T./ I.G.P. erläutert beim Verkosten Achille Villani, Sommelier und Vizepräsident der AIES.
„Cin cin“ und „Salute“ zum „Brindisi“ (Toast)
„Pagadebit“ (lat. bezahlt Schulden) – ist eine robuste Weißweintraube, die die Weingutbesitzer vor Schäden schützt und die Kassen klingeln lässt. Pagadebit, ein Centesimino ( ein roter Sauvignon), ein goldfarbener Albana-passito Dessert-Weißwein namens „Ombra di Luna“ (Mondschatten) werden uns kredenzt, nachdem uns schon vorher im malerischen Guide Michelin „Hotel-Ristorante Cané“ bei herrlichem Ausblick auf die malerische Hügellandschaft und einem leichten Menue der spritzige „Vino spumante brut“, ein würziger Romagna-Albana „Colle del Re“ und ein blutroter, fruchtiger Romagna-San Giovese Rotwein serviert wurden. Bei „Salute“ und „Cin cin“ ließen die Weine der Region nicht nur einmal unsere Gläser zu einem „Brindisi“ (Toast) erklingen!
Mondaino – auf den Spuren von Dante Alighieri
In der filmreifen Kulisse des mittelalterlichen Burgdorfes der Malatestas erwartet uns an der Zugbrücke nicht minder filmreif Dante persönlich – mit seiner Ideal-Frau „Beatrice“ in wie aus einem Gemälde entsprungenen mittelalterlichen Gewändern.
„Dante“, der in Mondaino Zuflucht fand von Verleumdungen durch die Kirche, wird von keinem geringeren würdevoller „gegeben“ als vom mit roter Seidenhaube versehenen Präsidenten des „Centro Studi Danteschi“, Professore Angelo Chiaretti – inclusive „La Commedia Divina“ – unter dem Arm des roten Seidengewandes geklemmt. Nachdem er uns von der Lateinschule in Mondaino erzählte samt Lateinwettbewerben, der „Kuß-Akademie“, die 50 Arten von Küssen lehrt und dem Zitieren von Dante’s Minne an die Frau als Engel schreitet er huldvoll vor uns mit „Beatrice“ durch die Gässchen, vorbei an der Mosaikschule von Milena zur Mühle der Grubenschafskäserei „Fossa di Sotto“. Hier werden Schafskäse in historischen, mit Zement luftdicht abgeschlossen Gruben zu verschiedenen Reifegraden gebracht. Deliziöse Käse, Schinken, Weine und weitere Kulinaria der Region werden zum Verkauf angeboten – alles in historischem Ambiente, versteht sich! Bei der Gelegenheit ergreift „Dante“ Professor Angelo die Gelegenheit, uns den „Schmetterlingskuss“ zu demonstrieren, eine Art von Bruderkuss, bei der Kirschwein getrunken wird unter lautem Ausrufen von „Vola, vola, vola“ und dann ein Küsschen hinter dem Ohr platziert wird. Die Autorin wurde zur neuen „Beatrice“ auserkoren und schritt dann mit „Dante“ hinaus zum schönen Panoramaausblick über die Marken und Romagna-Hügellandschaft. In Mondaino (ethymol. Berg der Hirsche) wird auch jährlich ein „Palio de la Daino“ (der Hirsche) ausgetragen vom 20. bis zum 23. August 2015.
San Giovanni in Marignano
Wegen ihrer diebstahlsicheren unter den Gässchen des mittelalterlichen Dorfes angelegten Getreidesilos erhielt die Ortschaft früher den Namen die “Kornkammer der Malatesta”. Es lohnt sich, das Theater Massari aus dem 18. Jahrhundert, die Santa Lucia- und die San Pietro-Kirche zu besichtigen. Magische Atmosphären ruft am 24. Juni die einzigartige "Nacht der Hexen" hervor, eine Nacht, die den Geheimnissen der volkstümlichen Traditionen gewidmet ist. Olivenöl ist ein Exportschlager der Region, wie uns die exzellent gut deutsch sprechende Signora Bigucci bei der Rundführung in ihrer Ölmühle unweit des Dorfes erklärt.
Bologna
In Bologna, Hauptstadt der Region, befindet sich der Flughafen. Nicht nur die An- und Abflugstage sollten mindestens für eine ausführliche Stadtführung der Universitätstadt genutzt werden, „die Rote, die Reiche und die Fette“: La Rossa, La Ricca und La Grassa“.

Reisehinweis:

Anreise: Flughafen Bologna oder Rimini

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Unterstützungshinweis:

Die Recherche wurde unterstützung von APT SERVIZI S.R.L. und von EmiliaRomagnaTourismo.
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