Schlagfertig – Als Taktgeber des Konzerthausorchesters demonstrierten junge Dirigenten sowie drei Solisten, was sie an der Hochschule für Musik Hanns Eisler gelernt haben

© Foto: Sebastian Runge
Gymnastik mit Musikbegleitung. Kein Wunder, das so viele berühmte Dirigenten ein hohes Alter erreichen. Und gut verdienen werden sie bestimmt auch… Da kommen Wünsche auf. Aber manche Frage bleibt offen.

So bei Jane, die von den Usern des World Wide Web wissen wollte: »Hallo zusammen, ich bin gerade am Suchen und Überlegen was ich lernen/studieren will und wie es eben weiter geht. Deshalb meine Frage: Kann mir jemand sagen, wo oder wie ich in Deutschland Dirigentin werden kann? Möglichst in Sachsen oder Thüringen! Und BITTE keine "Musste selber googeln"-Antworten. Auf die Idee bin ich tatsächlich schon gekommen.« – Herja riet ihr: »Hi, dann solltest du mal lernen, wie man mit Google auch was findet!«

Hier einige Fundstücke: Auch wer sich zum Dirigenten berufen fühlt, muss den Beruf erlernen. Wichtige Voraussetzungen: Man sollte Klavier spielen können – und möglichst ein weiteres Instrument beherrschen, ein  exzellentes musikalisches Gehör und ein überdurchschnittlliches Gedächtnis haben, Rhythmusgefühl, Stilempfinden, schöpferische Vorstellungskraft sowie Interpretationsvermögen. Neben diesen relevanten Begabungen braucht es ein ausgeprägtes pädagogisches Geschick und die Fähigkeit zur Menschenführung. Sonst spielen die Musiker eines Tages so, wie er dirigiert. (Alter Dirigentenwitz.) Und weil Dirigieren Schwerarbeit ist, muss der Bewerber auch körperlich fit sein.

Der Checkliste folgt die Wunschliste: ein Studienplatz an einer Musikhochschule, wo unter anderem Schlagtechnik, Repertoireaneignung, Tonsatz, Gehörbildung, Musikgeschichte, Stimmkunde, Instrumentalkunde, Klavier- und Instrumentalunterricht für die eigene Spielpraxis unterrichtet werden. Das Ziel der Wünsche vieler junger Musikern in aller Welt: die Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin, gegründet 1950, die nicht nur mit einem hochkarätig besetzten Lehrkörper und dem Praxisbezug der Ausbildung punktet, sondern auch mit Impulsen, die für die Studierenden durch Kooperationen mit den Kultureinrichtungen der Musikmetropole Berlin entstehen. Es ist ein Nehmen und Geben. Im  Konzerthaus Berlin, der Stiftung Berliner Philharmoniker, der Deutschen Oper und der Komischen Oper, mit denen langjährige intensive Kooperationsbeziehungen bestehen, können die Studierenden frühzeitig den Alltag eines Orchestermusikers kennen lernen und Bühnenerfahrungen sammeln. Das öffentliche Arbeiten und Auftreten sind elementarer Teil der Ausbildung und machen zudem die Hochschule zu einem festen Bestandteil der Kulturlandschaft Berlins. Der Konzertkalender ist umfangreich, das Programm nie langweilig, und der Eintritt bei den Eigenveranstaltungen meist frei! Erneut ein Höhepunkt für die Studierenden, ihre Lehrer und auch für das Orchester des Konzerthauses Berlin: das Absolventenkonzert am Semesterende im Februar.
1994 ging das damalige Schauspielhaus eine feste Partnerschaft mit der Hochschule ein. Seitdem arbeiten die Musiker des renommierten Hauses – unterstützt von den jeweils amtierenden Chefdirigenten – mit dem Nachwuchs. Und sie tun es gern. Denn ist auch die Musik unsterblich, die Musiker sind es nicht. Man muss sich kümmern. Das erste Absolventenkonzert bestritten übrigens die heute international gefragten Dirigenten und ehemaligen Studenten der Hanns Eisler Vladimir Jurowski und Gabriel Feltz.
In diesem Jahr schlossen sechs hochbegabte  Studierende der Hochschule mit Prokofjews erstem Violinkonzert, Carl Nielsens Flötenkonzert, Maurice Ravels Konzert für Klavier und Orchester G-Dur und der Sinfonischen Dichtung „Tod und Verklärung“ von Richard Strauss ihr Studium ab. Die deutsche Violinistin Byol Kang, die südkoreanische Flötistin Solee Son, der italienische Pianist Giulio Biddau und der chinesische Dirigent Haoran Li legten nach gemeinsamen Proben mit dem Konzerthausorchester in dem öffentlichen Konzert ihr Konzertexamen ab. Seungwon Lee, der bereits als Student in der Violaklasse von Prof. Tabea Zimmermann erfolgreich ein Konzertexamen absolvierte, sowie Yang Jiao standen für ihre Bachelor- bzw. Masterprüfung am Dirigentenpult des Konzerthausorchesters. Alle Studierenden erhielten bereits mehrfach internationale Auszeichnungen.  ”¨Das Publikum applaudierte herzlich. Aber wie geht es weiter?

»Dirigenten sind Facharbeiter, die eine zwanzigjährige Berufsausbildung benötigen.« Dieser Satz stammt von einem der bedeutendsten Vertreter der Zunft – Herbert von Karajan. Bevor er es in seine Höhen schafft, steht für den Nachwuchs nach der Abschlussprüfung meist die Ochsentour als Korrepetitor an kleineren und größeren Opernhäusern an. Meisterklassen und Internationale Meisterkurse schaffen wichtige Kontakte. Begehrt sind die zahlenmäßig überschaubaren Assistentenstellen bei großen Dirigenten, die man bei allen Vorbereitungs- und Probenarbeiten entlastet. Sie sind meist ein direktes Ticket zur eigenen Anstellung bei einem Orchester oder Opernhaus. Bon chance.

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