Ornamente und viel Liebe zum Detail: Kulissen und Kostüme lassen die Freunde der romantischen Inszenierung voll auf ihre Kosten kommen, es wurde nicht daran gespart! Duato erzählt durch Leichtigkeit mit rein tänzerischer Bewegung das Märchen der „Belle au bois dormant“ in seiner Variation von Marius Petipas.
Wie in der St. Petersburger Eremitage tanzt im ersten Akt das corps du ballet als Hofgesellschaft in champagnerfarbenen, glitzernden, bodenlangen Kostümen der begnadeten, preisgekrönten Designerin Angelina Atlagic in der champagnerfarbenen Schlosskulisse mit Stuckornamenten. Die Taufe von Dornröschen, Aurora im Libretto von Nacho Duato nach Iwan Wsewoloshski wird gefeiert. Im Prolog tanzen die Gäste an in Gruppen, pas de deux’s und soli. Die Fliederfee in Begleitung guter Feen in pastell-flieder, -orange, -gelb, -grün, -blauen kurzen Ballettkleidern mit Glitzerapplikationen. Die böse Fee Carabosse rauscht heran mit ihrem kriechenden Gefolge. Ein riesiges dunkelsmaragdgrünes, die Bühne durchwaberndes Tuch weht durch die Lüfte – die Sonne verdunkelt sich. Carabosse wird hervorragend von einem muskulösen Mann getanzt, Rishat Yulbarisow, der der Wucht des Bösen in seinem langen schwarzen, gefiederten Ballkleid den gebührenden Ausdruck verleiht. Sie ist sauer, dass sie nicht geladen wurde und rächt sich mit dem bekannten Fluch.
Frühling herrscht Im ersten Akt. Hell und licht ist die Bühne, rosé-grün die Kostüme des corps du ballet. Der 16. Geburtstag Auroras wird gefeiert. Aurora, getanzt von der ersten Solotänzerin Iana Salenko, erhält schon vor ihrem Tanz Beifall. Klein von Statur hat die Primaballerina die Ausstrahlung von Perfektion, die sich auf einen überträgt. Im lachsfarbenen mit Glitzersteinchen übersähten Ballettkleidchen tanzt sie in bezauberndstem Maße zu der sehr entspannenden Musik Tschaikowsky’s. Die um sie werbenden Prinzen tanzen heran in ebenfalls orange, -gelb, -grün, -blau- pastellfarbenen, barocken Kostümen mit Barockhut! Das Corps de ballet tanzt Ringelreihen mit Aurora. Carabosse taucht auf in der Gestalt einer Alten und überreicht Aurora die tödliche Spindel. Aurora sticht sich dran und die gute Fliederfee versetzt den Hofstaat in einen 100-jährigen Schlaf. Auf der Bühne wachsen von oben riesige Dornen herab.
Im zweiten Akt befinden wir uns im Wald, Aurora liegt auf einem Steingrab. Mit seinem Jagdgefolge naht Prinz Désiré, getanzt in einer Gastrolle von Leonid Sarafanov, der schon vor seinem Tanz Beifall erhält. Dem magnetisierenden Solo des Prinzen folgt ein pas de deux mit Aurora in der tableauartigen Kulisse. Waldfeen tanzen heran in lindgrünen langen Kleidern, Aurora gibt ein Solo, gefolgt von einem Solo des Prinzen, jeweils von Beifall beklatscht. Es wurde viel geklatscht in der Aufführung, immer auch wieder zwischendurch. Die böse Fee tanzt heran wieder von ihren kriechenden Gesellen begleitet. Der Prinz tanzt gegen sie an. Die gute Fliederfee naht. Das Böse ist besiegt und von oben wachsen riesige Rosen auf die Bühne. Ein Happy-End-Kuss folgt.
Im dritten Akt wird Hochzeit gefeiert in König Florestans Palast. Im bezaubernden Hochzeitstableau wird Ballett vom Feinsten geboten, der keine Wünsche offen lässt. Es tanzen die Hochzeitsgäste heran in weißen langen Kleidern mit Goldapplikationen. In einem Defilée des guten Geschmacks tanzt auch ein Katzenpärchen, welches mit seinem katzenartigen Bewegungen das Publikum zum verzückten Lachen bringt. Auch Rotkäppchen und der Wolf tanzen ein pas de deux. Aurora und der Prinz tanzen ein umwerfendes Pas-de-deux und Soli, er mit eleganten Sprüngen und Pirouetten, vom Publikum mit gebührendem Zwischenbeifall gewürdigt. Beide haben eine tolle Ausstrahlung und Gänsehautfeeling entsteht zur romantischen Musik von Tschaikowsky. Bei Iana Salenko zeigt jede Bewegung und Geste die Meisterin in Leichtigkeit und Anmut. Beide sind die absoluten Publikumslieblinge!
Ein meterlanger, weißer die Bühne bedeckender Spitzenhochzeitschleier wird von mehreren Tänzern herangetragen. Aurora wird er auf den Kopf drapiert vor der hollywoodreifen, geschmackvollen Kulisse mit goldenen Schwänen. Beide heiraten – ein absolut bezauberndes Schlussbild!
Nacho Duato hat hier ein Meisterwerk inszeniert! Das Ausnahmetalent beherrscht perfekt beide Genres, Avantgarde und klassisch-romatisches Ballett. Berlin kann sich glücklich schätzen einen so würdigen Nachfolger von Vladimir Malakow gefunden zu haben!!!! Willkommen in Berlin und mehr davon!!!!
Nacho Duatos Version von „Dornröschen“ erlebte die Premiere 2011 am Mikhailovsky Theater in St. Petersburg. Die nächste Darbeitung über 160 Minuten mit zwei Pausen wird in Berlin am 7. Juni 2015, 19:30 Uhr, in der Deutschen Oper geboten.