„Reisen auf Europas Flüssen“ von 6. Mai bis 3. Juni im SWR Fernsehen – Pressemitteilung des SWR vom 28.04.2009

Flüsse verbinden und trennen, die Menschen an den Ufern sind sich nah und doch oft fremd. Hat das Europa der EU sie einander nähergebracht oder Unterschiede deutlicher gemacht? In fünf Reportagen fragt der „Auslandsreporter“ vom 6. Mai bis zum 3. Juni jeden Mittwoch von 22.30 bis 23.00 Uhr im SWR Fernsehen nach dem Verhältnis der Menschen an bedeutenden europäischen Flüssen zum politischen und zum gefühlten Europa.

Auslandsreporter. Reisen auf Europas Flüssen: Moldau. Mittwoch, 6. Mai, von 22.30 bis 23.00 Uhr im SWR Fernsehen. Ein Film von Christel Finck und Martin Klein.

Das Europa der Zweifler: Der Staatspräsident will keine Europafahne hissen, ein Prager Bildhauer schockiert in Brüssel ganz Europa und ein Rockstar wird zum Minister ernannt. Was ist eigentlich los an der Moldau? Der „Auslandsreporter“ reist entlang der „Seele Tschechiens“ durch ein Land, das über Jahrhunderte schlechte Erfahrungen mit seinen europäischen Nachbarn gemacht hat. Sind die Tschechen jetzt besonders misstrauisch, wenn es um Europa geht?

Skandal „made in Tschechien“: Die Reportage beginnt im Atelier von David Cerny. Der Bildhauer gilt als „enfant terrible“ unter den tschechischen Künstlern. Ein Provokateur, der in Brüssel für Furore gesorgt hat. Seine Skulptur heißt „Entropa“, wurde vom tschechischen Staat in Auftrag gegeben und hängt seit Januar im EU-Ratsgebäude in Brüssel. Eine sehr eigenwillige Darstellung der Mitgliedsländer der Europäischen Union: Italien mit Fußballern, die mit Bällen kopulieren, oder Bulgarien als Stehklo. David Cerny lebt an der Moldau und führt die Zuschauer durch Prag.

Die Moldau durchzieht 440 Kilometer lang das Land und mündet in die Elbe. Ihre Quelle liegt in Südböhmen, nicht weit entfernt von Egon Urmanns Elternhaus. Der 64-Jährige ist an der Moldau geboren und hat eine sonderbare „Krankheit“, wie er sagt: Gold suchen. Er schürft am Ufer des Flusses nach dem wertvollen Metall und zeigt Besuchern aus Deutschland stolz seine Beute. Der Sudetendeutsche hat nach dem Krieg Vertreibung, Hass und Diskriminierung erlebt. Heute ist der pensionierte Kfz-Mechaniker ein überzeugter Europäer und nennt sich einen „Brückenbauer“.

Im Winter ist die Moldau „zugesperrt“. Doch ganz fanatische Wasserfreunde und Leistungssportler zieht es auch bei Schnee und Eis auf den Fluss. Die Moldau ist ein Eldorado für Kanuten – auch bei zwei Grad über null. Über die Mitgliedschaft Tschechiens in der Europäischen Union sind die Sportler hoch erfreut. Schließlich wird ihnen die EU einen neuen Trainingskanal finanzieren.

Entlang der Moldau weiter nach Budvar. Von hier kommt der tschechische Exportschlager schlechthin: Budweiser Bier. Die Tschechen exportieren Bier nicht nur, sie sind auch Weltmeister im Biertrinken. Doch seit einiger Zeit hängen dunkle Wolken über der letzten tschechischen Staatsbrauerei. Die Regierung denkt über einen Verkauf an private Investoren nach, womöglich an die amerikanische Konkurrenz. Doch darüber will die Marketingchefin Dominika Kourikova nicht so gerne sprechen, wenn sie bei einer Führung das Erfolgsrezept der Brauerei erklärt.

Die nächste Station der Reise ist der Probenraum der Hardrockband „Prazsky Vyber II“. Ihr Frontmann, Michael Kocab, ist der bekannteste Rockstar Tschechiens. Er stand nach der November-Revolution an der Seite von Vaclav Havel und wurde jüngst zum Minister für Menschenrechte ernannt. Der „Grüne“ steht jetzt mehr auf der politischen Bühne und kämpft für eine weitere Öffnung seines Landes Richtung Europa, auch wenn es dem tschechischen Präsidenten nicht gefällt.

Auslandsreporter. Reisen auf Europas Flüssen: Dour. Mittwoch, 13. Mai, von 22.30 bis 23.00 Uhr im SWR Fernsehen. Ein Film von Lourdes Picareta.

Das Europa der neuen Märkte: An dem Fluss, der in Portugal Douro heißt und in Spanien Duero, arbeiten junge Winzer aus beiden Ländern erfolgreich gemeinsam an der Zukunft des alten Weinbaugebietes. Den traditionellen Portwein überflügeln sie mit neuem Spitzenwein, den sie aus alten Reben ziehen und Kunden in ganz Europa schmackhaft machen.

„Ich will, dass mein Wein das Gesicht vom alten Winzer Clemente trägt.“ Das sagt der junge Winzer Telmo Rodriguez. Es ist das Gesicht einer harten Region in Nordspanien, die den Charakter von Telmos Edelweinen prägt. Er verkauft sie in den Gourmetrestaurants von New York, Tokio oder London. Telmo Rodriguez ist Jäger und Sammler. Überall sucht er nach neuen Geschmacksrichtungen für die edlen Tropfen, die am Fluss Duero wachsen. Die Weine gewinnt er aus uralten Rebsorten, die die Regelungswut der Europäischen Union überlebt haben. Die Vorschrift besagt, flächendeckend Millionen von alten, wenig produktiven Rebsorten zu vernichten.

Der Spanier Telmo Rodriguez und sein Pendant auf portugiesischer Seite, Dirk Nieport, sind dabei, mit ihrem revolutionären Plan ein Weltkulturerbe auf europäischem Boden für die Zukunft zu retten. Die Douro-Region auf portugiesischer Seite ist Weltkulturerbe der UNESCO. Und in einem Punkt haben die beiden Freunde schon jetzt Recht behalten: Heute kann die EU nur mit Qualitätsweinen auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig bleiben.

Beide junge Winzer führen die Zuschauer entlang des Flusses Douro auf portugiesischer und Duero auf spanischer Seite durch die Schönheit einer Region mit majestätischen Weinbergterrassen. Eine Region, die sich dem Wein seit mehreren Jahrhunderten verschrieben hat, ausgehend von Porto und der Heimat des Portweins, wo Dirk Nieport, Nachfolger einer Portweindynastie, Sohn einer Holländers und einer Deutschen, in Portugal zuhause ist. Der berühmte Portwein machte das Flusstal und die Nieports bekannt. Aber erst die neuen Weine mit dem Etikett „Ribera del Duero“ tragen auch den Namen des Flusses hinaus in alle Welt.

Die Fahrt auf dem Douro/Duero, dem drittgrößten Fluss der Iberischen Halbinsel, bringt den „Auslandsreporter“ zu einer Köchin, die weiß, dass die Weinlese an den steilen Berghängen nur mit gegrillten Sardinen gleich zum Frühstück zu stemmen ist. Hier stampfen Gruppen von Frauen und Männern stundenlang mit den Füßen Trauben. Und in den Bergen Nordspaniens lebt ein Argentinier, der verlassene Dörfer an gestresste Städter verkauft. Ein Dorf mit Kirche und allem Drum und Dran für nur 150.000 Euro? Aber das ist nicht die einzige Schnapsidee an den Ufern des Douro oder Duero.

Auslandsreporter. Reisen auf Europas Flüssen: Rhein. Mittwoch, 20. Mai, von 22.30 bis 23.00 Uhr im SWR Fernsehen. Ein Film von Ulli Neuhoff.

Das Europa der Waren: Öl aus Rotterdam, Autos aus Montbéliard, Mais und Weizen von Frankreichs Großbauern – die Fluss-Schiffer zwischen den Niederlanden, Deutschland und Frankreich können ein Lied singen von Segen und Fluch der Wirtschaftsgemeinschaft.

„Der Rhein ist der Fluss, von dem alle Welt redet und den niemand studiert, den alle Welt besucht und niemand kennt“, schrieb Victor Hugo 1845. Rheinromantik, Rheinwein, der Erbfeind gegenüber und die Loreley oben drüber – das sind die historischen Klischees. Doch in Wahrheit stand der Rhein schon zu römischen Zeiten für das Europa der Waren und erfüllt diese Funktion als eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt heute mehr denn je. Hier lassen sich auch die Folgen der Finanzkrise auf die Europäische Union ablesen.

Der „Auslandsreporter“ begleitet Tanker- und Container-Schiffe von Rotterdam, dem größten Seehafen Europas, rheinaufwärts nach Duisburg, dem größten Binnenhafen der Welt. Die Reedereien haben einen Liniendienst eingerichtet, um Erdöl, Kohle und Eisenerz täglich in der EU verteilen zu können als Rohstoffe für Chemiewerke und Stahlhütten. Diese Rohstoffe waren die Urzelle der Europäischen Union, 1952 gegründet als „Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ (EGKS oder Montanunion). Gründungsmitglieder waren die drei Rheinanlieger Deutschland, Frankreich und die Niederlande, dazu Belgien, Luxemburg und Italien.

Über tausend Kapitäne sind heute auf dem Rhein unterwegs, die Europa täglich befahren und erleben – vom Kommandanten des großen Tankers bis zum Partikulier, der den „Auslandsreporter“ zum Europa-Parlament nach Straßburg schippert. Sie erzählen aus ihrem europäischen Arbeitsleben, vom Auf und Ab der Konjunktur, von der Konkurrenz, die auf Straße und Schiene durchs Rheintal läuft, die sie täglich vor Augen haben und ihnen das Leben schwer macht.

Auslandsreporter. Reisen auf Europas Flüssen: Oder-Neiße. Mittwoch, 27. Mai, von 22.30 bis 23.00 Uhr im SWR Fernsehen. Ein Film von Jörg Armbruster und Stefan Maier.

Das Europa der Versöhnung: Kaum ein Grenzfluss hat so deutliche Spuren im Geschichtsgedächtnis der Menschen hinterlassen – bei Polen wie bei Deutschen. Das änderte sich erst mit der Wiedervereinigung und noch einmal mit der Aufnahme Polens in die Europäische Union. Polen schaffen heute Arbeitsplätze für Deutsche und ein ehemaliges Schmugglerparadies hinter dem eisernen Vorhang beherbergt ein deutsch-polnisches Gymnasium.

Auslandsreporter. Reisen auf Europas Flüssen: Donau. Mittwoch, 3. Juni, von 22.30 bis 23.00 Uhr im SWR Fernsehen. Ein Film von Inge Bell.

Das Europa der Nationalismen: Österreich, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien – kein anderer Fluss verbindet so viele Länder der Europäischen Union und so viele Klischees über die Nachbarn am anderen Ufer. Viel Stoff für wahre Geschichten und etwas Seemannsgarn aus dem Munde eines echten Donaukapitäns von der Kreuzfahrtflotte.

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