„Aus Sicht des Kfz-Gewerbes kann man sagen, das Jahr 2012 verdient eine Note zwischen zwei minus und drei, also noch recht gut bis befriedigend. Man könnte auch resümieren, es ist noch einmal gut gegangen“, so der Blick von Rademacher auf das zu Ende gehende Jahr. Doch ob es so gut weiter geht, ist fraglich. Die Stimmung bei Unternehmen und Verbrauchern habe sich nicht zuletzt wegen der Krise im Euroraum eingetrübt, klagt der ZDK-Chef. Die Anpassung von Autoherstellern, Zulieferern und Handel an ein von Rademacher prognostiziertes „allenfalls geringes und auch nur noch durch ’Verdrängungswettbewerb’ erreichbares Mengenwachstum“ werde ein schmerzhafter Prozeß, auf den sich die Branche schon längst hätte einstellen müssen.
Es bröckeln die Margen der Autohändler (Spanne zwischen An- und Verkauf eines Fahrzeugs) „in einem noch nie gekannten Umfang“, stellt Rademacher fest. Dafür gebe es einen klaren Hauptgrund: die Unausgewogenheit zwischen Angebot und Nachfrage, und die habe Jahr für Jahr bei allen Herstellern ihre Ursache in der zu hohen Jahreszulassungsprognose. „Statt endlich mal einzusehen, dass wir in Deutschland, besser gesagt in Westeuropa, einen weitgehend gesättigten Markt haben, wird mit einer zu hohen Gesamtmarkteinschätzung in der Regel bereits eine erste, viel zu optimistische Annahme gemacht“, schimpft Rademacher. Übersehen werde dabei, dass die Anzahl der Fahrzeugzulassungen eines Jahres durch unverhältnismäßig viele Hersteller- und Händlerzulassungen künstlich in die Höhe getrieben werde. Ein zweiter Fehler sei die oft überhöhte Erwartung der Autohersteller und -importeure des eigenen Marktanteils. Rademacher: „Das ist für jede Marke natürlich eine Frage der Ehre. Weniger als im ablaufenden Jahr kann überhaupt nicht in Betracht kommen.“
Werden am Jahresende die Marktanteilprognosen aller Autobauer addiert, können schon mal 130 Prozent herauskommen. Anhand dieser unrealistischen Zahlen werden jedoch im Frühjahr die Autohäuser beliefert. Einige Zeit später stellen sie und die Hersteller fest, dass die Lager mit unverkauften Autos viel zu voll geworden sind. „Die dann in aller Regel erfolgende Abbremsung kann aber nicht mehr verhindern, dass die Händler über den Rest des Jahres unter überhöhten Beständen ächzen“, sagte Rademacher. „Dann im Spätherbst des Jahres geht das Ganze wieder von vorn los.“
Das ist der Hintergrund, der teilweise erstaunlich hohen, zweistelligen Rabatte, die einzelne Händler den Neuwagenkunden gewähren, um mit solchen „halsbrecherischen Schleuderpreisaktionen“ zu versuchen, so Rademacher, aus der Misere herauszukommen. Damit lockten sie jedoch Scharen von Schnäppchenjäger an und – noch schlimmer – suggerierten, dass beim Neuwagenkauf ein Nachlaß von 20 bis 30 Prozent handelsüblich und normal wäre. In Wirklichkeit seien das jedoch „extreme Auswüchse“, betonte Rademacher. Doch des Autokäufers Freud, ist des Händlers Leid. Denn bei solchen Rabatten verdienten die Autohändler am einzelnen Fahrzeug fast nichts mehr. Dramatisch werde es aber erst dadurch, erklärt der ZDK-Präsi ¬dent, „dass über Internetportale und Berichte in populären Medien die Botschaft von derartigen Schleuderpreisen bis in den letzten Winkel der Republik getragen wird.“
Als Ursache für die Rabattschlachten sieht Rademacher eine Überkapazität von mindestens 300.000 Pkw, die in diesem Jahr in den europäischen Markt „gepreßt“ würden. Wenn diese Zahl stimmt, bedeutet das, dass die Autoproduktion insgesamt gesenkt werden muss, oder die Nachfrageseite wird stärker, sprich: die Autofahrerhaben mehr Geld zur Verfügung. Wenn aber ein Autohändler wegen dieser Kampfpreise kaum noch etwas verdient, kann er nicht überleben. Zudem wirken sich die Rabatte beim Verkauf des Wagens auf den Restwert aus. Und weder das eine noch das andere kann im Interesse der Kunden sein. Denn trotz Neuwagenkauf im Internet stehen Beratung beim Autokauf und Probefahrten nach wie vor hoch im Kurs – und dafür braucht man kompetente Autohäuser.
kb