Löwen-Klopp zu Gast im Stadion An der Alten Försterei – Bereits sechs Trainerwechsel im Unterhaus des deutschen Fußballs

© Foto: Hajo Obuchoff

Am kommenden Sontag begrüßt Union-Trainer Uwe Neuhaus – immerhin der dienstälteste in der 2. Liga – wieder einen frisch eingesetzter Übungsleiter: Andreas Schmidt übernahm am Montag erst den Staffelstab von Reiner Maurer beim TSV 1860 München.

Es war bereits der sechste Trainerwechsel nach 14 Spieltagen der laufenden Saison in der 2. Bundesliga. Für alle, die es nicht so genau wissen oder schon wieder vergessen haben die Reihenfolge: Listenerster ist Oliver Reck. Der einst vom Pannen-Olli zum Europa-Cup-Helden mutierte Torwart hatte mit Mühe die vergangene Saison als Trainer des MSV Duisburg überstanden. Doch nach drei Auftaktniederlagen der laufenden Saison musste er bereits am 25. August die Trainerbank in der Schauinsland-Reisen-Arena räumen. Seitdem versucht Kosta Runjaic die Zebras zu dressieren.

André Schubert folgte seinem Kollegen vom Wedau-Ufer fast genau einen Monat später. Eigentlich wollte Schubert wieder angreifen und St. Pauli in die erste Liga befördern. Dann aber gerieten die Piraten unerwartet in seichte Gewässer, außerdem herrschte absolute Flaute. Schubert ging baden. Mit Michael Fronzeck schlingert das Pauli Schiff allmählich wieder ins Fahrwasser. Die etwas unglückliche Niederlage am vergangenen Montag bei Hertha war natürlich bitter. Trotzdem, die Mannschaft aus dem Hafenviertel kann die Segel durchaus wieder in den Griff zu bekommen. Zumindest für eine gute Mittelfeldposition sollte es am Ende reichen.
Die Monatsfristen für Entlassungen schienen sich einzuspielen. Am 28. Oktober schied Andreas Bergmann vom VfL Bochum. Auch in Bochum glauben ja viele Fans noch, dass ihre blassblauen Balltreter eigentlich in der falschen Liga spielen.

Fußballfreunde anderer Teams glaubten dies langsam auch, als der VfL permanent am Tabellenende gründelte. Die dritte Liga schien nah. Also musste Bergmann in den Schacht und Karsten Neitzel kam. Ausgerechnet ein Sachse soll nun den Ruhrpott-Verein retten. Neitzel begann einst bei Robotron Radeberg, dann bei den Junioren von Dynamo Dresden und bestritt zwischen 1982 und 1987 sogar 60 Länderspiele in der DDR-Junioren-Nationalmannschaft. Wurde Europameisters und 1987 immerhin Dritter der Junioren-WM in Chile. Sein Weg führte ab 1990 in die weite Welt. Über Stuttgart und Freiburg bis nach Japan. Zurück in Deutschland saß er auf dem Co-Trainerstuhl in Bochum. Wenigstens kennt er seine Pappenheimer gut.

Dann begann sich das Trainer-Karussell Fahrt aufzunehmen: den nächsten Wechsel gab es bereits eine Woche später. Unter dem Rettungsschirm in Regensburg fand sich für Übungsleiter Oscar Corrochano kein Platz mehr. Der erst zu Beginn dieser Saison in die Heimatstadt von Papst Benedikt gelangte Corrochano geriet voll in die Traufe. So übernahm der Sportdirektor Franz Gerber das Zepter. Auch als Schlangen-Franz bekannt gehört er zu den schillerndsten Persönlichkeiten in deutschen Fußball. Der heute 59-Jährige spielte 1971/72 sogar ein Jahr unter Udo Lattek neben Gert Müller und Uli Hoeneß. Wechselte aber bald nach St. Pauli. Hier schoss er in Saison der Regionalliga Nord 33 Tore und wurde Meister. Danach wechselte die Stationen Wuppertal, St. Pauli, TSV 1860 und Ingolstadt. Dann zog es Gerber nach Übersee. In Kanada spielte er bei den Calgary Boomers und in den USA für Tulsa Roughnecks und Tampa Bay Rowdies – Teams, die man kennen sollte. Wieder in Deutschland sah ihn Hannover und die alte Liebe St. Pauli. Ausgerechnet der erste Spieltag 1987 wurde sein letzter. Eine schwere Verletzung bedeutete das Aus. Als Trainer sah man ihn später u.a. in Celle und Madagaskar. Nun also auch in Regensburg. Wir haben ihn dort kennen gelernt.

Fast gleichzeitig vor ein paar Tagen der Abgang der Trainer in München und Sandhausen. Trainer Gerd Dais erlebte in Sandhausen schon zum zweiten Mal so einen Abschied. Vor gut zwei Jahren entlassen, kam er aber ein Jahr später wieder zu Ehren und stieg mit seinen Kickern auf. Und wer übrigens  hätte nach dem dritten Spieltag geglaubt, als der SV Sandhausen Union mit 2:0 nach Hause schickte, dass dies bis heute lediglich einer von bislang zwei Siegen sein würde? Doch so kam es: Sandhausen fiel in ein tiefes Loch. Vielleicht kein Wunder, gibt es doch nahe Sandhausen solche Orte wie Wiesloch, Nußloch oder Lochheim. Augenscheinlich ein unwegsames Gelände. Jürgen Boysen, Sandhausens neuer Fußball-Lehrer, ist hier ortskundig. Boysen trainierte schon einmal, von 1994 bis 1996, die Kicker von der Sanddüne.

Kommen wir noch einmal zum Neu-Löwen-Coach Alexander Schmidt. Über diesen Übungsleiter findet sich nicht einmal bei Wikipedia etwas. Da tauchen unter seinem Namen bislang nur ein Philologe, ein Historiker, ein Biologe und ein Mathematiker auf. Das wird sich ändern. Der 44-jährige bisherige Nachwuchs-Coach des TSV 1860 will – wie bei Merkur-Online zu erfahren ist – hohe Bälle verbannen und das Spiel der Löwen, dem der Borussen aus Dortmund angleichen. Nun heißt Schmidt im Münchner Boulevard schon der „Löwen-Klopp.“ Mal sehen, was davon zu sehen sein wird am Sonnabend an der Alten Försterei. Laut Statistik müsste wohl wieder ein Remis rausspringen. Eigentlich wäre das so schlecht nicht. Denn eine andere Statistik sagt: Union kann gegen Bayern nicht gewinnen. Ein 1:1 gab es schon 2010. Andererseits wird es langsam Zeit, den ersten Sieg gegen die Löwen einzufahren.

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