Posse mit Doppeleffekt – Linkspartei in Berlin-Pankow stellt sich selbst ein Bein

Die Genossen im Bezirksparlament jedoch hatten die Rechnung ohne ihre Genossen »an der Basis« gemacht: die Basisorganisation Tiroler Viertel der Linkspartei stellte – ganz im Stile einer Betriebsparteiorganisation früherer Zeiten – empört fest, dass die Vorwürfe nicht wahr seien. Sie kennten nur zufriedene Mieter der Genossenschaft.

Da interessiert sie auch nicht, dass der Modernisierungszuschlag in der EWG seit der Modernisierung in der Tiroler Straße im Jahre 2004 um zwei Drittel gestiegen ist – was durchaus die Überlegung nahe legt, innerhalb der Genossenschaft einen solidarischen Ausgleich zu schaffen und Härtefallregelungen wie in den städtischen Wohnungsgesellschaften zu treffen.

Prompt stellten sie an den Bezirksvorstand ihrer Partei den Antrag, den Antrag zurückzuziehen. Und, geübt im Gebrauch der Moralkeule in der SED – »unsere Werktätigen wollen das nicht!« – drohten sie mit dem Verlust von Wählerstimmen! Das steht für sich, das muss man nicht begründen.

Tieferschrocken zog der Fraktionsvorstand der Linkspartei seinen Antrag zurück – sehr zur Freude der Bezirksverordneten von CDU und FDP, die der Konkurrenz jede Schlappe gönnen.

Geübt in Strategie und Taktik spielte die BO ihren Antrag an den Bezirksvorstand zeitgleich dem Vorstand der Genossenschaft zu, der in der Vertreterversammlung am 15. Juni einem vermeintlichen »Verräter in den eigenen Reihen« mit dem Ausschluss aus der Genossenschaft drohte. Soweit der Verlauf nach den Regeln der politischen Kunst.

Das Ganze hat auch eine Kehrseite. Die enttäuschten Mieter der Masurenstraße, denen also nicht geholfen werden wird, sind im Zweifel, ob sie die Linkspartei wählen können.

So ergibt sich die kuriose Situation: die einen geben ihre Stimme nicht, weil die Linkspartei einen »parteischädigenden« Antrag gestellt, und die anderen, weil die Partei ihnen nicht geholfen hat. Denn: was der Stadtrat Michail Nelken am 22. Juni mit dem Vorstand der Genossenschaft besprochen hat, wissen sie nicht. Dass der Vorstand jedoch nach wie vor jede solidarische Hilfe ablehnt, können sie in seinen schikanösen Briefen lesen.

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Erstveröffentlichung in MieterEcho 349/September 2011

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