Ohne Sinn, ohne Verstand – Ein Plädoyer für die Wiederbelebung des „7. Sinns“

© WDR

Der „7. Sinn“ wurde lange Zeit vom WDR in Zusammenarbeit mit der Verkehrswacht produziert und von 1966 bis 2005 im Ersten ausgestrahlt. Die Sendung erreichte Kultstatus. Verkehrsprobleme des Alltags wurden in einer für jede Altersklasse verständlichen und lehrreichen Weise vorgestellt – ohne beifallsheischend zu sein oder gefallen zu wollen, sondern sachorientiert, mit Qualität und Sorgfalt gemacht.

Hier wurde sensibilisiert und erklärt: Technisches, die Naturgesetze, Verkehrsregeln, Gefahren und Tücken im Straßenverkehr bis hin zum verkehrspsychologisch besseren Verständnis des sozialen Miteinanders unter Verkehrspartnern. Gearbeitet wurde visuell, textlich und akustisch, immer mit dem pädagogischen Impetus, den Straßenverkehr rücksichtsvoller und sicherer zu machen. Der „7. Sinn“ erweiterte einprägsam und unterhaltsam den Horizont der Zuschauer – weit über das Verkehrsgeschehen hinaus. Was soll daran, bitte, nicht zeitgemäß sein?

Im Gegenteil. Um die Verkehrsunfallzahlen ernsthaft senken zu können, muß der Mensch, der subjektive Faktor im Straßengeschehen, wieder ins Zentrum der Verkehrssicherheitsarbeit gerückt werden. Er ist es, der die Tatsachen schafft. In den letzten Jahren aber wurden technologische Innovationen wie die Fahrerassistenzsysteme übermäßig betont und eher schlappe und wenig überzeugende Plakatkampagnen zur Verkehrssicherheit aufgelegt. Nun muß eingesehen werden, daß die Verkehrspädagogik gestärkt werden muß – deren Klassiker der „7. Sinn“ ist.

Dabei macht es sich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer viel zu einfach, wenn er sich zurücklehnt und wohlfeil mit dem Finger auf die ARD zeigt. Die Bundesregierung behandelt die Verkehrspädagogik – um es vorsichtig auszudrücken – stiefmütterlich und eher als Feld für wüste Sparmaßnahmen. Da werden Gelder sinnlos gekürzt, sinnvolle Projekte in Frage gestellt, der Verkehrsunterricht zusammengestrichen und die Pädagogenausbildung vernachlässigt.

Dem „7. Sinn“ gebürt eine modernisierte Neuauflage, ohne modernistischen Tinnef, zur besten Sendezeit kurz vor 20 Uhr und – darauf bestehen wir – mit der alten, straßenfegerverdächtigen Titelmusik.

kb

Vorheriger ArtikelStrassenleuchten als Kommunikationsstationen – Multifunktionale Hightech-Lichtmasten können sogar als Ladestationen für Elektroautos fungieren
Nächster ArtikelEs bleibt der perfekte Sommertag – Der wunderbare neue Roman von André Kubiczek