Berlin, Deutschland (Weltexpress). Wie kann sich eine junge, attraktive Wissenschaftlerin in einen „uralten Knacker“ verlieben? „Das passierte“, sagt Dr. Daniela Tirsch, „während ich meine Doktorarbeit schrieb“. Und die hatte mit dem Mars zu tun, diesem Jahr-Milliarden alten Nachbarplaneten der Erde. Der wiederum fasziniert die Menschheit wie kaum ein anderer Himmelskörper.
Und das hat viele Gründe. Aktuell beispielsweise spielt der NASA-Rover „Perseverance“ die Rolle eines Technik-Stars. Dieser Roboter, der die Größe eines Automobils hat und selbst mit einem Mini-Hubschrauber bestückt ist, sucht auch nach Spuren von Leben. Vergangenem und gegenwärtigem.
„Mein Bauchgefühl sagt mir“, so Dr. Tirsch, „dass da kein Leben ist“. Aber sie verweist auch auf wissenschaftliche Arbeiten von Kollegen, die über Hinweise auf mögliche Miniorganismen fachsimpeln.
Sollten solche Geräte und in Zukunft noch präziser arbeitende und analysierende Roboter nicht jegliche Antwort finden, die wir uns im Zusammenhang mit dem Mars stellen? „Nein“, sagt Dr. Tirsch, „auf keinen Fall. Ein Mensch vor Ort ist unersetzlich. Er kann binnen fünf Minuten mehr erforschen als der intelligenteste Roboter“.
Irgendwann also werden – wie vor Jahrzehnten schon auf dem Mond – Menschen „vor Ort“ sein, auf dem Mars. „So in etwa 50 Jahren“ könnte das der Fall sein, urteilt Daniela Tirsch, die damit vielen Hoffnungen und Spekulationen auf eine kürzere „Wartezeit“ eine Absage erteilt. Um leise zu ergänzen: „In 30 bis 50 Jahren“.
Sie erwähnt in diesem Zusammenhang auch Elon Musk, der ja auf vielen Techniksektoren die Nase vorn hat: Etwa mit seiner gigantischen Elektroautomobilfabrik in Grünheide vor den Toren Berlins, wo seine „Tesla“-Fahrzeuge nach nur einjähriger Bau- und Vorbereitungszeit (!!!) noch 2021 vom Band rollen sollen. Oder mit seiner Firma SpaceX, die der Welt erste wiederverwendbare Weltraumrakete entwickelt hat, deren Startstufe nach erfüllter Mission senkrecht auf der Erde aufsetzt.
Aber mit seinen Mars-Ambitionen erweist er sich als regelrechter Spinner. Als Tunichtgut. Er will bald schon Touristen in Richtung Mars schicken, er und seinesgleichen sprechen sogar von Siedlungen und Siedlern auf dem Mars. Im „Vorverkauf“ haben bereits Hunderte Interessierte dafür Anzahlungen geleistet.
„Blödsinn, absoluter Blödsinn“, urteilt Daniela Tirsch in ihrem leicht singenden thüringischen Dialekt – sie hat in ihrer Heimatstadt Jena ebenso studiert wie an der Freien Universität Berlin. Und nennt bisher weitestgehend ignorierte Gründe für diese Skepsis.
So muss alles, was Menschen zum Leben benötigen, auf dem Mars produziert werden. „Aber wirklich alles“, unterstreicht Dr. Tirsch. Also Sauerstoff, das Essen und Trinken, das Aufarbeiten oder Beseitigen von Fäkalien und Müll. Auch der Treibstoff für den Rückflug. Daran müssen die Arbeiten erst noch beginnen“, so Daniela Tirsch. Daher auch ihre „30 bis 50 Jahre“.
Denn etwas zum Mars zu schicken, zu transportieren – viel zu kompliziert, nein: Unmöglich. Dr. Tirsch: „Das hängt damit zusammen, dass der Mars der Erde nur alle zwei Jahre relativ nah ist. Relativ nah heißt 55 Millionen Kilometer“. Allein der Flug zum Mars dauert wenigstens fünf Monate. Daraus können auch neun Monate werden. Eine Apollo-Mond-Mission der NASA dagegen kam auf maximal 12 Tage.
Eine Forschungsunterkunft auf dem Mars für wenige Astronauten – das mag man sich noch vorstellen können. Aber allein dazu gehört viel Phantasie, dazu bedarf es Technologien, die heute nur Zukunftsmusik sind. Wie etwa soll dort Treibstoff für die Rückreise erzeugt werden? Selbst wenn das einmal möglich würde – wer zum Mars fliegt, muss einkalkulieren, dass es für ihn keine Rückkehr zur Erde gibt. Viel zu groß sind die Unwägbarkeiten und Hindernisse , auch die Gefahr, auf der langen Abwesenheit von der Erde schwer zu erkranken – auch das wieder im Vergleich zum Mond.
Dem Himmelsbeobachter erscheint der Mars oft rötlich gefärbt. Dr. Tirsch dazu: „Stimmt. Der Mars ist verrostet. Das ist Eisenoxid, das durch die Verwitterung des Staubes auf der Marsoberfläche rot erscheint“.
Ihr berufliches Leben hat die junge Wissenschaftlerin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) dem Mars gewidmet. Aber selbst eine Reise dorthin antreten würde sie nicht. „Ich liebe den Mars“, meint sie, „aber ich liebe die Erde noch viel mehr“.