Meine magischen Nachbarn – 25 Jahre Studio Ghibli – Serie: Meisterwerke der „Ghibli DVD Collection“ des Universal Verleihs (Teil 3/ 7)

Den „Hüter des Waldes“ nennt ihr Vater (Shigesato Itoi) Tototro, der mit seinen magischen Gefährten die beiden Mädchen fortan begleitet. Der Name von Miyazakis grandiosem Symbolcharakter für für die tröstende und heilende Kraft der Natur entspringt in der japanischen Originalfassung „Tonari no Totoro“ von dem von Mei fehlerhaft ausgesprochenen Wort für „Waldgespenst“. Die Bewohner des japanischen Geisterreichs sind oft hilfreiche, wohlmeinende Kreaturen. Viele besitzen eine kindliche Seite, treiben Schabernack oder ersinnen fantastische Spiele. Diese vor lyrischer Kraft und Einfallsreichtum sprühenden Spielszenen sind mit ihrer symbolistischen Ausdrucksstärke vielleicht die schönsten in dem meisterlichen Animé.

Die schlichte Poesie der meisterlich von Hand gezeichneten Bilder verleiht jeder Figur eine anrührend menschliche Individualität. Verborgene Details tummeln sich in den Winkeln der bestechend wirklichkeitsnahen Welt Satsukis und Meis, wie die Rußbolde die Ecken ihres Geisterhauses. „Geisterhaus“, hat es der Nachbarjunge Kanta (Toshiyuki Amagasa) gerufen. Kanta, der vom ersten Moment an so schroff ist. Trotzdem gibt er Satsuki seinen Schirm. Einen löchrigen alten Schirm, denn das zu Hause, zu dem Kanta durch den strömenden Regen rennt, ist viel ärmer als das der Schwestern. Deshalb putzt seine Großmutter bei den Kusakabes. Miyazaki spricht nicht über solche Handlungshintergründe, die seinen Geschichten ihre besondere Vielschichtigkeit geben. Er zeigt sie.

Wer die Geister achtet, wie es auch die Eltern der Mädchen trotz ihrer Aufgeklärtheit und Ruhe nicht vergessen, kann mit ihnen in einträchtiger Gemeinschaft leben. Darauf verweist der Filmtitel „Mein Nachbar Totoro“. Geisterhäuser findet auch die Mutter (Sumi Shimamoto) spannend, die nach langer Krankheit endlich aus dem Landhospital heim kommen soll. Das reale Schreckgespenst ihrer Erkrankung ist der einzige böse Geist, den die Familie fürchtet. Spannung ist in Miyazakis Filmkosmos fast immer freudig. Geschieht Bedrohliches weicht sie einem angstvollen Bangen, dass den Protagonisten nichts geschehen möge, so innig wachsen die Charaktere ans Herz. Die Schrecken in „Mein Nachbar Tototro“ sind irdischer Natur und bedrückend authentisch. Eine Kindersandale im Fluss, eine Erkältung der geschwächten Mutter. Übermächtig wird die Furcht vor Verlust, als Mei plötzlich verschwindet.

Ängste könnten sie einfach weg lachen, sagt Herr Kusakabe seinen Töchtern. Doch nicht die Furcht vor dem Tod eines geliebten Menschen, die zu lange schon die Mädchen quält. Kinder verstehen bei Miyazaki am besten, wie brüchig familiäre Geborgenheit ist. Bis in die Nacht warten Mei und Satsuki am Waldrand an der Bushaltestelle, als ihr Vater sich auf der Arbeit verspätet. Doch „Mein Nachbar Totoro“ lässt die Buskatze herbei sausen. Eine Buskatze muss gesehen werden, denn die Magie von Miyazakis Fantasie zu beschreiben ist schier unmöglich. Dafür gibt es die Doppel-DVD von Universum Film, auf der sich das Bonusmaterial mit Storyboard, japanischem Trailer, Making-of und fünf Totoro-Sammelkarten tummelt wie die Hausgespenster im Zwielicht.

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Titel: Mein Nachbar Tototro- Tonari no Totoro

Land/ Jahr: Japan 1988

Genre: Animé

DVD-Start: 15. Oktober 2010

Sprache: Japanisch, Deutsch

Regie und Drehbuch: Hayao Miyazaki

Darsteller: Noriko Hidaka, Chika Sakamoto, Shigesato Itoi, Sumi Shimamoto, Hitoshi Takagi, Naoko Tatsuka, Tanie Kitabayashi, Toshiyuki Amagasa

Kamera: Takeshi Seyama

Musik: Joe Hisaishi

Laufzeit: 86 Minuten

Verleih: Universum Film

www.universumfilm.de

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