Beirut, Libanon (Weltexpress). Björn Blaschke sieht einen „Hauch Arabischer Frühling“ durch Beirut wehen. Besser wäre es gewesen. In der „Tagesschau“ der „ARD“ (21.10.2019) notiert er unter der Überschrift „Alles Diebe“: „Hunderttausende Menschen gehen aus Protest gegen Korruption und die Herrschaft der politischen Elite seit Tagen im Libanon auf die Straße.“ Blaschke berichtet auch, dass „Protestierenden“ den Begriff „Revolution“ gerufen hätten. Weiter im „Tagesschau“-Text: „Sie fordern seit vier Tagen vor dem Sitz ihrer Regierung im Zentrum von Beirut den Rücktritt der gesamten libanesischen Führung: Der Staatspräsident soll gehen, der Regierungschef und sein Kabinett, der Parlamentspräsident und die Volksvertreter. Danach wollen sie Neuwahlen.“
Offensichtlich wolle die Regierung unter Ministerpräsident Saad al-Hariri den Protestlern den Wind aus den Segeln nehmen. Hariris Kabinett „werde am Montag eine Reihe an Maßnahmen beschließen, die die Wirtschaft im Land wieder anschieben sollen, sagten Regierungsvertreter am Sonntag der Nachrichtenagentur ‚Reuters‘. In „Reuters“ (21.10.2019) wird unter dem Titel “ Massenproteste im Libanon – Regierung setzt auf Reformen“ zudem mitgeteilt, dass „auch … geplant“ sei, „die Gehälter aktueller und ehemaliger Regierungsbeamter um 50 Prozent zu kürzen“.
Das wird die Staatsdiener freuen, die beim Anschieben der Wirtschaft umso kräftiger in die Hände spucken werden.
Mit oder ohne Hariri ist „die Staatsverschuldung mit derzeit 160 Prozent des BIP … eine der höchsten der Welt“ teilt auch das Auswärtige Amt in Berlin mit und weiß: „Davon sind knapp 40 Prozent Auslandsschulden.“
Die Ranking-Agentur Fitch sieht den Libanon nicht nur als spekulatives oder hochspekulatives Spielfeld, sondern im roten Bereich. Das heißt: Zahlungsausfälle. Wer wird schlechtem Geld noch gutes hinterherwerfen? Das meiste Geld, das in den Libanon gepumpt wird, kommt aus den Golfstaaten. Den Herrschern dort ist das Hemd im Zweifel näher als der Rock. Sie wollen sehen. Hariri muss zeigen und zwar das, was er noch hat. Mit anderen Worten: Das in den Händen der Beamten verwaltete Monopolkapital wird privatisiert und die neuen Herren Ausländer werden. Mohammedaner.
Radikaler Veränderungen der Eigentumsverhälnisse im Libanon wird die die Tradition des Nationalpakts von 1943, dass das Staatsoberhaupt ein maronitischer Christ, der Parlamentspräsident ein schiitischer Muslim, der Regierungschef ein sunnitischer Muslim und Oberbefehlshaber der Armee ein Christ sein müsse, über den Haufen werfen. Das wäre zudem ein Bruch des Abkommens von Taif (1989), der den Nationalpakt bestätigt und den Bürgerkrieg beendete.
Beides wäre wahrlich eine Revolution und zwar zugunsten der Mohammedaner. Diese würden laut Kennern und Kritikern auch hinter den Protesten, die seit vier Tagen in Folge in der Hauptstadt „Beirut und in anderen Teilen des Landes wieder hunderttausende Menschen auf die Straßen“ treiben („Deutschlandfunk“, 21.10.2019), stecken.