Madsen – Sturz ins „Labyrinth“

Denn schon ein kurzer Hördurchgang macht deutlich, dass der erneut von Olaf O.P.A.L. produzierte Longplayer zunächst unerschrocken in Gebieten wildert, die Madsen bislang noch nicht betreten hatte. Klar hat die Band noch nie große Gesten, Gefühlsausbrüche und XL-Portionen Pathos gescheut, aber auf "Labyrinth" werden diese Gefühle neuerdings auch mit einer so noch nicht gekannten musikalischen Experimentierfreude gekoppelt, die man den Machern von Indiehits wie "Die Perfektion" so nicht zugetraut hätte. Dennoch werden die Madsen Fans der ersten Stunde das neue Werk vermutlich trotzdem enttäuschend finden. Vielleicht doch etwas zu viel Zuckerwatte und zu wenig Getriebeöl, zu wenig neues”¦Wirklich? 

Von wegen, schon der Opener-Song „Labyrinth“ ist mutig und lässt aufhorchen: ‚Die Sonne geht bald auf, die Stadt zerfällt in deinen müden Augen, wem kannst du noch glauben?‘, so eine lyrische Kostprobe aus dem Song, dem man auch ansonsten ob der dramatischen Klavierakkorde, Chorgesängen und Schweinegitarren durchaus mit Wohlwollen begegnen möchte, und dem man die fast schon dreiste Kopie der Klavierlinie aus „Bohemian Rapsody“ selbst als Queen-Fan gerne verzeiht. Auch der nächste Song „Mein Herz bleibt hier“ kommt mit einer von den Norddeutschen bisher noch nie vernommenen Wucht daher, dass es Freude macht. Mit der Single-Auskoppelung „Lass die Liebe regieren“ gelang erneut ein respektabler Chart- und Radiohit. Leider wird es dann doch sehr vorhersehbar und fast ein wenig langweilig. In "Zwischen den Zeiten" und "Jeder für Jeden" regiert gnadenlos das Pathos und erstickt jegliche musikalische Kreativität im Keim.

Zwar kommen später noch einige respektable Kracher, etwa der mutige Großstadt-Verriss "Berlin", das Hardcore-Geschmetter "Blockade" oder der charmante Roadmovie "Moped". Doch der Überraschungseffekt vom Anfang ist da bereits verflogen. Trotzdem ist "Labyrinth" ein interessantes Album geworden – vielleicht das Aufregendste der bisherigen Bandgeschichte.

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