Kosten der Libyen-Mission

Ausgaben teilen

Das ist wohl eine faire Entscheidung. Libyens Öl und Gas sind im Prinzip für Europa bestimmt. Der US-Import aus Libyen lag vor der Krise bei etwas mehr als sieben Prozent vom Gesamtumfang. Die Flüchtlinge aus Nordafrika bereiten vor allem Europa Kopfschmerzen und nicht den USA.

Warum müssen die USA den größten Teil der Kosten der NATO-Operation übernehmen? Sie verdienen doch weniger als die EU. Das BIP der EU liegt bei 16,1 Billionen US-Dollar, das BIP der USA liegt bei 14,6 Billionen US-Dollar. Nach CIA-Angaben beläuft sich das BIP Europas auf  15,9 Billionen US-Dollar. Das ist mehr als bei den USA. Die Idee, dass man die Ausgaben teilen muss, entstand im Weißen Haus und im Kongress angesichts der enormen Kosten in Jugoslawien und Kosovo (1999), Afghanistan (2001) und im Irak (2003), die die USA fast alleine tragen.

Es geht um viel Geld. Der Preis des Endprodukts – Libyen ohne Gaddafi – wird davon abhängen, wie lange sich der Diktator verschanzen kann. Dennoch ist es bereits jetzt möglich, die Kosten diese Operation zu kalkulieren.

Es handelt sich um ungefähre Berechnungen. Zu Beginn der Operation zogen die US-Streitkräfte  vor Libyen drei U-Boote (Unterhaltungskosten liegen bei 90.000 bis 150.000 US-Dollar je Tag), zwei Zerstörer (50.000 bis 60.000 US-Dollar), zwei Landungsschiffe (einer davon – Flugzeugträger, 150.000 bis 200.000 US-Dollar), ein Kommunikationsschiff, Flaggschiff der 6. Flotte (rund 150.000 US-Dollar) zusammen. Von den Schiffen wurden bereits 200 Tomahawk-Marschflugkörper abgefeuert (eine bis anderthalb Millionen US-Dollar/Stück). Die Kampfjets und Bomber unternahmen rund 1000 Flüge (Großbritannien ca. 120, Frankreich etwas mehr als 140). Eine Stunde Flug des Kampfjets F-15 oder F-16 kostet 13.000 US-Dollar. Dabei dauert ein Manöver durchschnittlich anderthalb Stunden. Die Bomber B-2 (drei Angriffe auf Libyen von den Stützpunkten im US-Bundesstaat Mississippi) sind zwar in der Luft etwas günstiger als die Kampfjets, die Wartungskosten sind jedoch höher und die Entfernung ist größer. Ein Flug kostet also rund 15.000 US-Dollar. Der abgestürzte Kampfjet F-15 Strike Eagle kostet den USA 55 Millionen Dollar.

Falls man diese Zahlen summiert und sie entsprechend der Anzahl der Tage dividiert, ergeben sich nicht weniger als 100 bis 130 Millionen US-Dollar am Tag. Das ist absolut ungerecht. Zudem geht Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bei dem Militäreinsatz am aggressivsten vor.

Laut britischen Experten gab London in der ersten Woche seit Beginn der Operation 25 Millionen Pfund ausschließlich der Kosten für die Munition aus. Das britische Verteidigungsministerium nannte bislang keine offiziellen Zahlen. Bei Frankreich erreichen die Kosten wohl eine Höhe.

Obamas Doktrin

Derzeit ist es kaum möglich, genaue Kosten zu berechnen. Man kann kaum das Geld, das für Schiffe und Flugzeuge bereit gestellt wurden, die vor Beginn der Libyen-Operation dort stationiert gewesen waren, vom speziell für die Operation „Odyssee Dawn“ vorgesehenem Geld trennen – also die laufenden von den zusätzlichen Ausgaben unterscheiden. Laut Pentagon soll der Kostenplan zum Wochenende nicht die Marke von 550 Millionen Dollar übersteigen. Uns bleibt nur, daran zu glauben. Genaueres erfahren können wir nicht. Am Mittwoch fanden im Kongress hinter verschlossenen Türen Anhörungen unter Teilnahme des US-Verteidigungsministers Robert Gates und der Außenministerin Hillary Clinton statt. Das Thema lautete: Wie viel Geld wurde für Libyen ausgegeben und wie viel wird noch gebraucht?

Viele, die genau wissen, wie viel Geld das Pentagon ausgibt, behaupten, dass es wegen Libyen zum Ende des Finanzjahres im Oktober nicht weniger als eine Milliarde US-Dollar zusätzlich fordern werde.

Das ist zwar viel, jedoch nicht tödlich für den Haushalt. Wie Admiral der US-Marine Joe Mulloy vor kurzem betonte, sind die meisten Überseeoperationen des US-Verteidigungsministeriums bereits im Voraus finanziert und gehören zu Haushaltspunkten für „verschiedene unerwartete Umstände“. Laut Forbes-Magazin bedeutet das, dass für die Demonstration der US-Stärke und den Schutz der nationalen Interessen jeden Tag jeweils zwei Milliarden US-Dollar aus der Staatskasse ausgegeben werden. Dazu gehören auch kurzzeitige Operationen. Für „spontane“ Umstände wird dieses Geld wohl ausreichen. Libyen gehört dazu.

Die Europäer müssen jetzt über ihre Teilnahme an der Operation ernsthaft nachdenken. Die Übergabe des Kommandos an die Nato bedeutet, dass die Ausgaben anteilsmäßig übernommen werden – jeder zahlt so viel, wie er Libyen mit Bomben belegt. Man kann ungefähr berechnen, wie viel „ganz Libyen“ kosten wird,  falls die „Demokratisierung Gaddafis“ rund ein Monat dauern wird.

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