Der Shuk Ha ´Carmel wurde für einen Tag aus Tel Aviv nach Berlin versetzt und verwandelte die Fasanenstraße in ein buntes Markttreiben in dem Mitglieder der Gemeinde gemeinsam mit anderen Besuchern zum Volkslied Hava nagila tanzten. „Lasst uns glücklich sein!“ – schöner kann man die Atmosphäre und gemeinsamen Wünsche von Besuchern und Festivalmachern für die Zukunft nicht beschreiben, sagte Dr. Hermann Simon, künstlerischer Leiter des Festivals zum Abschluss der neun prall gefüllten Festivaltage.
Schon das Eröffnungskonzert mit synagogaler Musik aus aller Welt bot ein Fest für die Ohren: Kantor Azi Schwartz aus Israel zog gemeinsam mit dem KEDUSCHA-Chor die Zuhörer in seinen Bann. Viele Besucher fühlten sich an die wunderbaren Zeiten mit Kantor Nachama und dem RIAS-Kammerchor erinnert – vielleicht der Beginn einer neuen Tradition.
Einer der Höhepunkte war sicherlich das Konzert der Londoner Band Oi Va Voi in der Synagoge Rykestraße: über 1.000 Besucher hielt es am Ende nicht mehr auf den Bänken und die Synagoge tanzte. Yasmin Levy brachte die Zuhörer dazu, wunderschöne Weisen in Ladino mitzusingen, als hätten sie nie etwas anderes getan – sicherlich die schönste Art, eine aussterbende Sprache vor dem Verschwinden zu retten.
Nouvelle-Chanson-Ikone Keren Ann bezauberte in der Synagoge mit sphärischen Klängen und ihr Israelischer Kollege Shlomi Shaban zeigte mit pianistischen Kapriolen, dass der Ort nicht nur für getragene Musik taugt.
Mit warmen Tönen von Felix Mendelssohn-Bartholdy füllten Rahel Rilling, Dávid Adorján und Paul Rivinius die Südhalle des Bauhaus-Archives. Dieser Raum war ein heimlicher Hauptdarsteller des Festivals – als hätte Walther Gropius ihn für nichts anderes geplant, überraschte er mit einer exzellenten Akustik und die Zuhörer konnten durch die Fenster zum Landwehrkanal Blicke und Gedanken schweifen lassen.
Michael Schiefel bestritt sicherlich das ungewöhnlichste Konzert dieses Festivals. Nach seinen teilweise verjazzten Interpretationen von Liedern und Instrumentalstücken, schickte er die beseelten Besucher mit den Worten „Mach dich auf, werde Licht!“ aus Mendelssohns Paulus-Oratorium in den Berliner Abend hinaus.
Das Spendenkonzert mit dem Mendelssohn Kammerorchester Leipzig und der Violinistin Judith Ingolfsson erbrachte 1000,- Euro Spenden für den Wiederaufbau des Turmes der evangelischen Parochialkirche. Es war das erste interreligiöse Projekt, das von den Jüdischen Kulturtagen unterstützt wurde und wir würden uns freuen, bald von der Kuppel der Neuen Synagoge zum Parochialkirchturm hinüberwinken zu können.
Im Jüdischen Museum erzählte Johanna Adorján von der anrührende Geschichte ihrer Großeltern und ihr großes Vorbild Lily Brett sprach über ihr persönliches Verhältnis zu Klopsen. Viola Roggenkamp diskutierte nach der Lesung aus ihrem aktuellen Roman mit Besuchern über die Suche nach jüdischer Identität in Deutschland. Mit Assaf Gavron und Eshkol Nevo zeigten zwei junge Autoren aus Israel, wie ihre Generation die aktuelle Lage des Landes erlebt und vor allem, wie sie sich die Zukunft vorstellen.
Die Lange Nacht der Synagogen lockte wieder über 5.000 Neugierige in die Gotteshäuser und bot interessierten Besuchern einen Einblick in den jüdischen religiösen Alltag ihrer Stadt.
Die Ausstellungen über die Geschichte des Jüdischen Gemeindehauses in der Fasanenstraße, die Architekturpionierin Lotte Cohn und den vergessenen Maler Heinz Koppel sind weiterhin für das Publikum geöffnet.
Die Jüdischen Kulturtage bedanken sich herzlich für Ihre Unterstützung, sagen „Shalom“ und freuen sich auf ein Wiedersehen vom 26. August bis zum 5. September 2010!
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Pressemitteilung von berlin acts vom 07.09.2009.