Berlin, Deutschland (Weltexpress). Johann Kresnik ist tot. Der am 12. Dezember 1939 in St. Margarethen, Kärnten, als Sohn eines Bergbauern geborene Kresnik, der zwischen „O Sela Pei“ 1967 in Köln und „Die 120 Tage von Sodom“ 2015 in Berlin Dutzende Inszenierungen auf die Bühne bracht, ist tot. Der Künstler und Kommunist starb am 27. Juli 2019 in Klagenfurt am Wörthersee an Herzversagen.
Bleiben werden vor allem ge- und vertanzte Biografien von „Ernst Jünger“, „Ulrike Meinhof“, „Gudrun Ensslin“, „Rosa Luxemburg“, „Hannelore Kohl“, „Frida Kahlo“, „Brecht“, „Picasso“ oder „Pasolini“, um an ihren Mythen zu kratzen oder auf sie zu kotzen.
Immer ging es um Leben und Werk, um Sozial- und Gesellschaftskritik. Doch auch die Stücke des gelernten Tänzers und Werkzeugmachers waren Leben und Werk, seine Präsentationen wurde als Politik und Provokation verstanden oder auch nicht.
Schon seine erste Inszenierung „O Sela Pei“, in dem Texten von Schizophrenen zusammengesetzt wurden, war alles andere als übliches Tanztheater. Im Grunde genommen revolutionierte der vielfach ausgezeichnete Kresnik die Ballettästhetik und gebründete das Tanztheater. Für den Tanzberserker war Theater eine Waffe der Kritik, die – keine Frage – die Kritik der Waffen nicht ersetzen kann, aber allemal unblutiger ist, auch wenn das (Theater-)Blut nur so spritzt.
Kresnik war auch einer, der den kurzen Sommer der Anarchie zwischen dem Schüssen auf Benno Ohnesorg 1967 und Rudi Dutschke 1968 auf die Brühne brachte. In seinem zweiten Stück „Paradies“ brachte er Dutschke auf die Bühne.
Kresnik leitete die Tanzsparten der Theater in Bremenm, Heidelberg, Berlin und Bonn und rief dort immer wieder Skandale hervor, wenn der Vorhang aufging.
Kresniks Tanztheaterkampf war schon vor ein paar Jahren vorbei, weil sich niemand mehr über seine Arbeiten, von denen einige einst mit einer Altersfreigabe ab 18 Jahren versehen waren, aufregen wollte. Jetzt hat sich auch für ihn der Vorhang geschlossen.