Jan Böttcher überträgt Ian Curtis Werk – Annotation

© Rowohlt
Die Band war sein Leben, echte Menschen Randfiguren, vor denen man im besten Fall nur auf der Hut sein musste. Wie er trotz seiner Eigenart in einer Kleinfamilie mit Frau und Kind kurzzeitig überleben konnte, bleibt ein Rätsel.
Im mächtig aufgebläht daherkommenden Buch (großformatig, fast ein Kilo schwer, grauer Pappumschlag, hat etwas von einem Sarg) berichtet am Anfang Frau Curtis von ihre Liebe und den Genie ihres Exmannes. Es ist immer etwas kompliziert, wenn Witwen zu Wort kommen. Sie löst es einigermaßen knorke, obgleich sie ihrem Idol massig Puderzucker nachbläst. Etwas distanzierter geht dann Musikforscher Jon Savage vor, der die Zusammenhänge der Band und ihrer seinerzeit epochal neuen Musik beleuchtet – das ist wiederum sehr lesbar.
In der Folge werden die Übersetzungen von Jan Böttcher dargereicht, lose illustriert von handschriftlichen Faksimiles Curtis.
Böttcher nähert sich feinfühlig der Sache, man merkt ihm den Musiker an, der gewissenhaft in die Lyrics hineinhorcht und wunderbare Übertragungen in angemessenem Ton liefert. Die Poesie des zwanzig Jahre alten Meisters kommt nicht zu kurz, die Verzweiflung ist zwischen den Zeilen greifbar. Man riecht den Dreck Manchesters, und spürt den sauren Regen der Ödnis auf der Haut. 
Im Weiteren finden wir im Buch frühere Versionen der Texte, Alternativen, Bildmaterial, Fanzines, die Originalcover der für Curtis wichtigen Bücher und Briefe.
Ein sympathisches, wenn auch etwas überkandidelt scheinendes Buch für Fans von Curtis und Joy Division.
 
So This Is Permanence: Joy Division. Songtexte und Notizen, Deborah Curtis und Jon Savage (Herausgeber), Ian Curtis (Autor), Jan Böttcher (Übersetzer), 368 Seiten, Rowohlt Verlag, Reinbek 2015, ISBN 978-3-498-00805-5, Preis: 22,95 Euro (D)
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