Die Krisen und Kriegen zwischen den Staaten Indien und Pakistan sind letztendlich das Ergebnis der in London fabrizierten imperialistischen Geopolitik. Kaum wurden Leute mit Land, darunter sowohl Indien als auch Pakistan sowie das Dominion of Ceylon, in deutschen Landen auch als Sri Lanka bekannt, und die Union of Burma, das nun unter Myanmar läuft, 1947/48 aus der Leibeigenschaft entlassen, begannen die Konflikte und Kriege. Zu nennen sind die Daten 1947, 1965, 1971 und 1999.
Bei der (Auf-)Teilung Britisch-Indiens wurde am Reißbrett auch ein Ostpakistan, das nach dem Krieg 1971 zum Staat Bangladesch wurde. Mit Kaschmir klappt das nicht. Bis heute streiten sich wegen Kaschmir deswegen Pakistan, die Volksrepublik China und Indien. Jeder der drei genannten Staaten kontrolliert die Leute auf einem Teil des Kaschmir genannten Landes. Unter indischer Herrschaft steht der Bundesstaaten Jammu und Kashmir. Unter pakistanischer Herrschaft die teilautonomen Gebiete Asad Jammu und Kaschmir sowie das Sonderterritorium Gilgit-Baltistan. Aksai Chin und das Trans-Karakarum Tract wurd 1950 von der Volksbefreiungsarmee besetzt, wird also wie Tibet und Xinjiang von den Han-Chinesen besetzt und von den Kommunisten in Peking kontrolliert. Seitdem findet eine Umvolkung, eine sogenannte Sinisierung mit Han-Chinesen statt.
Zum kleinen „indischen“ Kaschmir heißt es in „Spiegel-Online“ (5.8.2019): „Als Indien und Pakistan vor mehr als 70 Jahren ihre Unabhängigkeit erlangten, entschied sich das kleine Kaschmir dafür, selbstständig zu bleiben. Als jedoch pakistanische Stammeskrieger einfielen, bat Kaschmir Indien um Hilfe – die es auch erhielt. Im Gegenzug trat ein großer Teil Kaschmirs dem indischen Staat bei. Allerdings nie zur Gänze. Jammu und Kaschmir, wie der indisch kontrollierte Teil der Region heißt, hat seine eigene Verfassung und Flagge, es trifft – mit Ausnahme von Sicherheits- und Außenpolitik – seine eigenen Entscheidungen. So steht es unter Paragraf 370 in der indischen Verfassung festgeschrieben. Für viele Kaschmirer ist dieser Kompromiss ein wichtiges Gut.“
Dieses „wichtige Gut“ als Kompromiss wird nun von den Herrschenden in New Delhi kassiert. Damit ist zugleich in die verzwickte Gemengelage geopolitischer Interessen in Peking, New Delhi und Islamabad Bewegung gekommen. Narendra Modi entzog plötzlich als Premierminister Anfang der Woche der Bundesstaat Jammu und Kaschmir den Autonomiestatus mit sofortiger Wirkung. Politiker wurden unter Hausarrest gestellt, Kommunikationswege gekappt, Telefone und Internet gesperrt. Weiteres Militär wurde in die Bundesstaaten und eine Ausgangssperre befohlen. Razzien fanden statt und Dutzende, ja, Hunderte Personen wurden inhaftiert. Die Jahrzehnte währende Zensur wurde noch einmal verschärft. Modi-Indien will den Bundesstaat jetzt dreiteilen und die Menschen in der Region besser beherrschen. Damit wird der der mehrheitlich buddhistischen Teil Ladakh gegenüber den muslimischen Teilen Jammu und Kaschmir aufgewertet. Alle Teile sollen hinduisiert werden, so die Peking sinisiert. Dass sich die letzten Kaschmiris gegen eine Umvolkung wehren, das ist verständlich.
„Die Menschen in Kaschmir befürchten nun eine ‚Hinduisierung'“, heißt es auch in der „Tagesschau“ der ARD (8.8.2019).
Die Tage warf Islamabad den indischen Botschafter raus, stellte den Handel zwischen den Staaten ein und stoppte die einst als „Friedenszug“ gefeierte Verbindung. Der Samjhauta-Express fährt nun nicht mehr zwischen Lahore und New Dehli.
Thomas Gutersohn teilt unter der Überschrift „Die Lage in Kaschmir wird sich nicht beruhigen“ in „SRF“ (9.8.2019) mit, dass die Kaschmiris der Modi-Regierung nicht trauen und sich übergangen fühllen würden. „Sie durften damals nicht über ihren Verbleib abstimmen und sie wurden auch jetzt nicht gefragt.“ Zudem meint er, dass viele Kaschmiris gehofft hätten, „dass Pakistan sie dereinst aus den indischen Fängen befreien würde. Jetzt sind die Fesseln noch enger gefasst. Kaschmir soll künftig direkt der Zentralregierung unterstellt werden. Um sich aus dieser Bärenumarmung Neu-Delhis zu lösen, werden wohl noch mehr junge Kaschmiris den Weg des militanten Widerstandes wählen. Beruhigen wird sich die Lage in Kaschmir nicht.“
Zu einem Krieg um Kaschmir dürfte es dennoch nicht kommen, denn die Regierung unter Imran Kha hat genug innenpolitische Probleme, zudem hängt Pakistan als Vasall hängt am Tropf anderer Staaten. Islamabad muss sich mit der Trump-Regierung in Washington, die seit Wochen mit den Taliban verhandelt, arrangieren und zugleich mit dem Bürgermeister von Kabul klarkommen, um nicht einen international anerkannten neuen Staat der Taliban am Hindukusch entstehen zu lassen. Züge anzuhalten, die UNO um Befassung zu bitten und mit der Anrufung des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag zu drohen, das ist Theaterdonner. Der Krieg der Atommächte um Kaschmir kann warten.