In dieser Zitrone ist noch Saft – Hertha BSC Berlin gegen VfL Wolfsburg 0:0

Eigentlich fehlte an diesem Abend nur eines zum glücklichen Fußballerherz: die Tore. Aber wer wochenlang hungert, nachdem er vorher mit Kuchen gefüttert wurde, der ist irgendwann auch mit Brosamen zufrieden.

So feierten am Ende 35000 der 36799 Zuschauer die Null-Tore-Diätkost, als wäre der Klassenerhalt schon unter Dach und Fach. Recht hatten sie trotzdem mit ihrer Freude, denn was in den 90 Minuten vorher auf dem Rasen des Olympiastadions abgelaufen war, gibt Anlass zur Hoffnung.

Totgesagte leben bekanntermaßen länger und auch bei der Hertha war von Anfang an ein frischer Zug im Spiel zu erkennen. Mit vier Umstellungen hatte Friedhelm Funkel seine angeschlagene Mannschaft auf die „Mission Impossible“ geschickt, gegen den amtierenden Deutschen Meister die Wende zu schaffen. Und das gelang ganz gut. Die Rückkehrer Raffael, Dardai und Kacar brachten nicht nur durch ihre pittoresken Namen Farbe ins zuletzt so gräuliche Hertha-Spiel. Auch Stammkeeper Drobny kehrte mit schmerzgestillter Bandscheibe zwischen die Pfosten zurück, was der Hintermannschaft zu sichtlich mehr Sicherheit verhalf.

Die erste Hälfte gehörte eindeutig den Gastgebern, die den vermeintlich großen Gegner kaum zur Entfaltung kommen ließen.

Die Berliner erarbeiteten sich vor dem Wechsel ein deutliches Chancenplus, wobei vom als zweite Sturmspitze agierenden Kacar, neben Raffael, die meiste Torgefahr ausging. Schon in der ersten Minute hätte der Serbe die Führung erzielen müssen, aber sein Schuss ging über das Tor.

Überhaupt landeten zahlreiche Torschüsse der Hertha fast im Oberring, auch weil sie überhastet aus zu großer Entfernung abgegeben wurden.

So was kann man aber trainieren. Dennoch wird die Berliner Führungsetage nicht umhinkommen im Sturm noch einmal nachzubessern. Es gibt genug arbeitslose Fußballer, die sich vor den abschlussschwachen Hertha-Spielern nicht verstecken zu brauchen.

Für den auf der Bank gebliebenen Stürmer Artur Wichniarek scheint hingegen der Zug nach Nirgendwo abgefahren zu sein. Zu tief sitzt die Enttäuschung bei den sonst so nachsichtigen Hertha-Fans, die den Stürmer gnadenlos auspfiffen, obwohl er diesmal nachweislich gar nichts falsch gemacht hatte.

Die Wolfsburger wirkten geradezu überrumpelt von der zur Schau gestellten Bissigkeit der Berliner und kamen mit ihrer pomadigen Spielweise nur zu wenigen, wenn auch hochkarätigen Chancen. Martins erzielte ein schönes Abseitstor und Ex-Herthaner Ashkan Dejagah (wie immer liebevoll mit Pfiffen bedacht) war in der 24. Minute nach Misimoviv-Traumpass frei durch, scheiterte jedoch knapp, ebenfalls Abseits stehend.

Im zweiten Durchgang gelang es den Wolfsburgern, mehr und mehr die Oberhand zu gewinnen, Hertha verlegte sich zusehends auf Konter. Ein gefährliches Unterfangen, wie man weiß, aber nach kollektivem Versagen aller auf dem Platz befindlichen Stürmer stand am Ende auf beiden Seiten die Null.

„Man muss in unserer Situation mit dem Punkt zufrieden sein“ meinte Hertha-Trainer Friedhelm Funkel nach der Partie. „Die Mannschaft hat begriffen worum es jetzt geht. Sie hat das getan was ich von ihr erwarte: sie hat gekämpft und stand hinten sicher. Wenn wir Geduld haben, kehrt auch irgendwann der Erfolg zurück.“

Gäste-Trainer Armin Veh war nicht ganz so zufrieden:“ Wir haben in der ersten Halbzeit schlecht gespielt, dann aber das Spiel kontrolliert. Ich hätte mir gewünscht hier zu gewinnen, aber leider haben wir in entscheidenden Situationen die falschen Entscheidungen getroffen.“

Hertha-Keeper Drobny war es wichtig, neben der Analyse, seinen Kollegen Sascha Burchert in Schutz zu nehmen:“ Es war nicht fair, wie die Medien mit Sascha umgegangen sind. Er hat gut gespielt und mich sehr ordentlich vertreten. An ihm lag es nicht, dass wir da unten stehen. Zu Hause ist ein Punkt sicher zu wenig, aber wir müssen das akzeptieren. Wenn man keine Tore macht, kann man auch keine Spiele gewinnen.

Hertha BSC tritt bereits am kommenden Freitag bei Borussia Dortmund an und hat in dieser Form reelle Chancen auf Punkte.

Und wer weiß, vielleicht gelingt ja gegen den formschwankenden BVB der erste Auswärtsdreier. Wolfsburg trifft am Samstag auf das Überraschungsteam aus Mainz.

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