Fans des Eishockey-Meisters Eisbären protestieren gegen Ticketpreise oder Die Revolution frisst ihre Kinder

Eine Form des Protestes gegen geplantePreiserhöhungen zur nächsten Saison bis fast 50 Prozent. Die zielen allerdings nicht auf die Stehplatz-Ränge der Osttribüne, von wo hauptsächlich Stimmung mit Chören, Schmäh-Gesängen oder Banner ins weite Rund transportiert wird. Vor allem Dauerkarten-Inhaber inklusive Rollstuhl-Benutzer sollen stärker zur Kasse gebeten werden. Zudem sollten die Dauerkarten für die European Trophy und Halbfinale/Finale der titelentscheidenden Play-offs nicht mehr gültig sein.

Ein Mitarbeiter der Geschäftsführung hatte verlauten lassen, „dass der Verkauf von Einzeltickets wirtschaftlich weit günstiger zu Buche schlagen würde.“

Geschäftsführer Billy Flynn läßt sich sinngemäß zitieren, dass die Eisbären mit sechs Meisterschaften sportlich bestens dastünden, aber nicht ebenso wirtschaftlich.

Von rund zwei Millionen Euro minus ist jährlich die Rede. Schon erstaunlich bei fast immer ausverkauftem Haus mit 14 200 Besuchern, was europaweit in der Saisonrechnung lediglich von einem Schweizer Klub übertroffen wird. Und auch bei der Sponsoren-Akquise sind die Eisbären nach dem Umzug vom alten Wellblech-Palast in Hohenschönhausen von Mal zu Mal erfolgreicher gewesen.

Auf der anderen Seite sind damit auch die Ausgaben enorm angestiegen. Beim Spielerkader, dem Umfeld. Zudem gewährt die US-Unternehmensgruppe Anschutz Entertainment (AEG), zugleich Eigner der O 2 World sowie der Eisbären (wie auch der Hamburg Freezers), dem Subunternehmen Eisbären keinesfalls Rabattkonditionen ein. So muss jedes Training im quasi eigenen Haus bezahlt werden, weshalb das fast durchweg im billigeren Welli veranstaltet wird. Und für ein Spiel in der Arena am Ostbahnhof, sind jeweils 50 000 Euro Miete fällig…

Ob das wirtschaftlich nötig ist – auch Albas Basketballer nutzen neben diversen Konzerten die gut frequentierte Multifunktions-Stätte -, oder Steuer-Verschiebungs-Tricks dahinterstehen, läßt sich schwer durchschauen.

Fakt ist, das der US-Milliardär mit deutschen Wurzeln, Philipp Anschutz, einst die Eisbären gerettet und wohl in toto etwa 50 Millionen über die Jahre in den Verein gesteckt haben dürfte.

Fakt ist, dass die von ihm finanzierte O 2 Arena rund 150 Millionen Euro gekostet hat. Und die AEG Group letztlich – business bleibt business- eine Refinanzierung anstrebt.

Nicht zuletzt dank der kultigen Fans hat der Kultverein Nr. 1 der Hauptstadt eine Anziehungskraft über die 3,5 Millionen-Metropole samt Umland erreicht. Da reisen Neugierige von Sachsen bis Meckelnburg-Vorpommern an. Da wird eine Touristengruppe aus Norwegen vom Hallensprecher begrüßt. Da sitzt nebenan ein Finne, der paar Tage Berlin-Tour mit Besuchen von zwei Eisbären-Spielen verknüpft…und selbst in Bruneck, in Südtirol, läuft bei den Pustertal-Wölfen dann und wann über Lautsprecher der Kult-Hit „He, wir wollen die Eisbären sehen…“.

Weil Eisbären-Tickets so gefragt sind, sehen die Verantwortlichen den Zeitpunkt gekommen – zumal wohl von Anschutz keine Zuschüsse mehr fließen -, die Gewinn-Marge aus diesem Sektor anzuheben.

Ein Stockfehler allerdings anfängerhafter Art ist mit der Kommunikation unterlaufen. Was nicht nur Ex-Spieler und Eisbären-Legende Sven Felski sowie Nationalspieler Constantin Braun rügen: Der Zeitpunkt der Verlautbarung unmittelbar vor den Play-offs sei „äußerst unglücklich“. Weil man die Hilfe der Fans da besonders brauche…

Dieser Faux-pas hat zudem die Fans auf die Barrikaden gebracht. Auch der zweite Geschäftsführer Peter-John Lee ist um Schadensbegrenzung bemüht: Ja, man habe Verständnis für den Unmut, werde das Gespräch mit den Fans suchen und eine Lösung anstreben.

Das könnte gelingen, denn schon beim Umzug aus Hohenschönhausen war man den Fans mit dem für solche Großbauten ungewöhnlichen Einbau der Stehtribünen sowie bei den dafür sehr moderaten Eintrittspreisen weit entgegen gekommen.

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