Der Flugplatz wurde zwischenzeitlich mit US-amerikanischen Geldern ausgebaut und dient dem Spaceshuttle als Notlandebahn. Am Ortsrand stehen die einfachen Häuser der Rapa Nui. Für sie ist der Tourismus die einzige Verdienstquelle. Die Linienmaschine aus Santiago de Chile oder Tahiti bringt täglich 180 Touristen. Und das Flugzeug ist immer ausgebucht. Knapp 50.000 Besucher kommen jährlich aus der ganzen Welt, vor allem aus den USA, Chile und Großbritannien. „Für viele Leute ist Rapa Nui eine Art Traum. Die meisten haben schon als Jugendliche von der Osterinsel gehört,“ erzählt mir Giovanna Raineri. Die 36-jährige Chilenin mit italienischen Vorfahren ist Hotelmanagerin des einzigen Luxushotels.
„Jene ersten Europäer glaubten, dass sie das verlorene Paradies wiedergefunden hätten. Sie malten das Bild vom edlen Wilden, der in Harmonie mit der Natur lebt“, sagt Claudio Christino und kritisiert diese romantisierende Vorstellung. „Die Idee von einer unberührten Gesellschaft mit wunderschönen Menschen, die unter den Kokospalmen singen und tanzen, ist ein totales Fantasieprodukt. Viele dieser Gesellschaften waren schrecklich. Vielleicht hatte man als Häuptling ein gutes Leben, aber als gewöhnlicher Mensch bestimmt nicht.“
Es ist schwül und heiß, obwohl die Sonne bald untergehen wird. Das Präriegras raschelt, menschenleer erstrecken sich die Hügel vor uns. Wir teilen uns die Landschaft mit Pferden und Kühen. Der Pazifik blaut uns zu, das Auge behauptet in Schottland zu sein, aber der Körper, der mit jedem Schritt mehr schwitzt, weiß es besser.
Bis vor einigen Jahren noch waren Pferde das bevorzugte Fortbewegungsmittel auf der Osterinsel. Mittlerweile gibt 1.000 Autos sowie jede Menge Motorräder und Mopeds. Die wichtigsten Straßen sind gepflastert, ansonsten bedeckt der feine rote Vulkanstaub die Wege. Seit Hollywood-Star Kevin Costner Mitte der neunziger Jahre die Geschichte des verlorenen Paradieses auf die Kinoleinwand bannte, hat sich hier vieles verändert, sagen die Einheimischen. Der Drogenkonsum habe zugenommen, das größte Problem sei die Perspektivlosigkeit der Jugendlichen, auch wenn die meisten Einheimischen sich noch immer der polynesischen Inselwelt zugehörig fühlen: „Für die Zukunft wünsche ich mir, unseren Kindern zu lehren, wie man diese polynesische Kultur am Leben erhält“, ist sich Uri sicher. „Wenn man an einem Ort wie diesem aufwächst und wenn du noch jung bist, dann willst du nur weg. Aber du musst weggehen, damit du dein Zuhause schätzen lernst, und dann willst du wieder zurückkommen.“