Die Grüne Woche findet tatsächlich in Frankfurt statt: Sieben auf einen Streich – Serie: Unterwegs auf der 63. Internationalen Automobilmesse (IAA) im September 2009 (Teil 4/6)

Von wegen schwarzbunte Kuh. Die Kuh von heute ist Grünweiß!

Diese Aktion „Sieben auf einen Streich“ hatte VDA-Präsident Matthias Wissmann in Gang gesetzt und die hohen Herren folgten: für Audi und die Technische Entwicklung Vorstandsmitglied Michael Dick, Klaus Draeger für BMW, dort für Entwicklung zuständig und Mitglied des Vorstands. Daneben Thomas Weber, Konzernforscher &Entwickler und Vorstandsmitglied der Daimler AG, Joseph Bakaj, Vize-Präsident und Produktentwicklung für Europa, Hans Demant, ebenfalls Vize-Präsident Entwicklung General Motors Europa und Vorsitzender der Adam Opel GmbH sowie Wolfgang Dürheimer, Forschung und Entwicklung und Vorstandsmitglied bei Porsche und Ulrich Hackenberg, Mitglied des Markenvorstands Volkswagen für den Geschäftsbereich „Entwicklung“.

Thema war „Innovative Technologien – der Weg der deutschen Automobilindustrie“ und sagen wir es gleich, die Worte waren überzeugend, aber mehr noch die geballte Autoentwicklungsmacht, die da auf dem Podium saß und noch mehr die Gespräche später an den einzelnen Ausstellerständen, die eines klar machten, sie meinen es ernst, diese Herren – an Damen war wieder einmal nicht zu denken – auch wenn dies sicher nicht aus dem Herzen geboren wurde, so sind diese ’grünen` Vorhaben doch mental gestützt durch die Absatzsituation und den Umweltschutz, sprich: die Automobilindustrie steht an der Wand. Dort steht sie nun und kann nicht anders, als einen neuen ’grünen` Weg einzuschlagen, den die Redner jeder für seine Marke markant beschworen.

Matthias Wissmann begann damit, was , wenn man öfter seine öffentlichen Erklärungen hört, man schon mitsprechen kann, was Freude macht, weil es gut ist: „Die 100 Weltpremieren allein beiden Herstellern sowie die vielen Innovationen der Zulieferer, die in einer bislang ungeahnten Fülle auf dieser weltweit wichtigsten Mobilitätsmesse zu sehen sind, unterstreichen, daß es nicht einen einzigen ’Königsweg` für die Technologie von morgen gibt, sondern daß da ein ’Suchprozeß` ist, für den der Markt mit seinem intensiven Wettbewerb optimale Voraussetzungen bietet, um zu Ergebnissen zu gelangen, die technologisch, wirtschaftlich und ökologisch überzeugen.“

Und genau darum ging es dann: Welche Antriebsart wird in Zukunft die Nase vorne haben? Klar ist, daß die Zeit der fossilen Brennstoffe vorbei ist, vorbei allerdings nur, was die Forschung angeht, denn da scheint alles ausgereizt. Immerhin haben in über hundert Jahren die Autobauer vom Hochsitzer von Benz, dem ersten Patent eines Automobils in 1889 bis heute eine unglaubliche Vielfalt und Entwicklung des Verbrennungsmotors kreiert, die nun der Elektromotor erst mal leisten muß. Das klang wie ein Abgesang auf den guten alten Benzinmotor, wenn Wissmann die deutsche Automobilindustrie lobte, daß sie seit Anfang der 90er Jahre den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch ihrer neu zugelassenen Fahrzeuge um mehr als ein Viertel gesenkt habe. „Und wie diese IAA zeigt, lassen wir in unseren Anstrengungen zur CO2-Minderung nicht nach, ganz im Gegenteil. Deutsche Marken haben – laut offiziellen Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) – auf dem Pkw-Inlandsmarkt in neun von zehn Fahrzeugsegmenten einen durchschnittlichen CO2-Wert, der spürbar geringer ist als der der Importeure.“

Dann kamen die einzelnen Firmenvertreter dran, die allesamt eine Aufbruchsstimmung verbreiteten, die gleich doppelt zählte. Einmal, daß es technisch und ökologisch voranginge und dann, daß Autos weiterhin der Lust dienten, die Last aber immer weiter reduziert werde. Michael Dick von Audi betonte, daß aus Sicht von Audi an der Elektromobilität kein Weg vorbei führe. Sie werde ihr Potential sukzessive voll entfalten. Es komme nun entscheidend auf Fortschritte bei der Batterietechnologie an. „Es ist unser Anspruch, so wie wir heute jeden Tropfen Sprit optimal nutzen, jedes Kilowatt Strom optimal für Fortbewegung, Komfort, Sicherheit und Fahrspaß einzusetzen.“ Klaus Draeger von BMW erläuterte das „intelligente Energiemanagement“ seines Hauses und die CO2-Minderungen durch die EfficientDynamics-Fahrzeuge von BMW. Modernste Elektroantrieb-Konzepte würden künftig kombiniert mit einem äußerst sparsamen 3-Zylinder-Turbodieselmotor. BMW stehe für individuelle Mobilität in unterschiedlicher Ausprägung bei unterschiedlichen Anforderungen: „Freude am Fahren und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus, sondern bedingen einander“.

Thomas Weber von Daimler unterstrich: „Wir sehen in der Elektromobilität einen wichtigen Baustein im Antriebsmix für die nachhaltige Mobilität.“ Neben der Weiterentwicklung von HighTech-Verbrennungsmotoren müssen diese innovativen Technologien für Elektromobilität aus Deutschland heraus vorangetrieben werden. Für ihn ist die Lithium-Ionen-Batterie eine Schlüsseltechnologie. Joseph Bakaj von Ford wies darauf hin, daß sein Unternehmen in den USA sehr bald ein leichtes Nutzfahrzeug als Elektrofahrzeug auf den Markt bringen werde. Im Pkw-Bereich werde Ford in zwei Jahren ein Elektro-Kompaktauto mit Lithium-Ionen-Batterien auf den US-Markt bringen. Hans Demant von Opel betonte, daß der Weg zur Elektrifizierung des Automobils, angefangen bei herkömmlichen Hybriden, über Plug-in-Hybride bis hin zu Elektrofahrzeugen mit Reichweitenverlängerung wie dem Opel Ampera führt. Es gehe um die Symbiose des heutigen Verbrennungsmotors und des künftigen Elektroantriebs: „Wir wollen Umweltfreundlichkeit ohne Verzicht.“

Wolfgang Dürheimer von Porsche wies auf den neuen Sinnspruch seines Hauses hin, der erstmals auf der IAA verwendet werde: „Performance braucht Effizienz“. Beim Ottomotor gebe es gerade im „High-Performance-Bereich“ noch erhebliche Kraftstoffeinsparungspotenziale. Hierzu zähle u. a. die Benzindirekteinspritzung in Verbindung mit Doppelkupplungsgetriebe. Für Ulrich Hackenberg von Volkswagen sollen weiterhin „Fahrspaß und Effizienz sich ergänzen“. Darunter falle auch das Stichwort „Umweltfreundlichkeit ohne Verzicht“. Das Auto der Zukunft bedingt die Elektrifizierung des Antriebs. Darunter falle auch der Weg vom Hybrid zum reinen Elektroauto.

In der anschließenden Diskussion ging es hauptsächlich um die Praktikabilität eines Elektroantriebs, sprich: woher kommt überhaupt der Strom? Aus afrikanischen Wüsten, aus Wasserbewegungen am Nordpol? Auf jeden Fall wird er aus der Steckdose abgezapft. Tanken gehen, heißt in Zukunft: den Einheitsstecker und das Verlängerungskabel dabei zu haben. Das zumindest haben die Autobauer von den Handyherstellern gelernt: einen solchen Kabel- und Steckersalat wird es nicht geben.

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