Deutschland, Tschechien und Österreich ehren den „Hofkünstler in Europa“ – Serie: Die Ausstellung „Hans von Aachen, 1552 – 1615“ endet im Kunsthistorischen Museum in Wien (Teil 1/2)

Ob man das Manierismus nennen sollte, was auf dem Weg zur Barockmalerei einen Künstler wie Hans von Aachen treibt – wir meinen, ja – ist nicht das Entscheidende. Wichtig ist eine gewisse antiklassische Attitüde, die ihn wie andere in ihren Figurendarstellungen anknüpfen läßt an spätgotische Darstellungsweise mit einem entscheidenden Unterschied, der sowohl die Farbgebung einschließt, wie die intellektuelle Herangehensweise an den Bildinhalt und die Bildaussage. Das alles konnte man in der nun zu Ende gegangenen Ausstellung in Wien bestechend erleben. Aber – und darum lohnt ein Bericht auch jetzt noch – das alles hat ein Katalog bewahrt, der auch deshalb so wichtig bleibt, weil dies die erste monographische Ausstellung war, die Hans von Aachen galt.

Hans von Aachen kam mit seinen Künstlerkollegen Bartholomäus Spranger, Adrian de Vries etc. auch in der Großausstellung „Prag um 1600 – Kunst am Hof Rudolfs II.“ vor, erscheint selten in anderen Ausstellungen und ist im Jahr 2000 kunsthistorisch hervorgetreten durch die Monographie von Joachim Jacoby im Deutschen Kunstverlag, der auch den Katalog dieser Ausstellung druckt. Denn der Katalog wird überleben und weitertragen, was die Besucher der Ausstellungen noch mit eigenen Augen sehen konnten – wie wir. Dabei fiel auf, wie voll der kleine Raum mit dem Film über Hans von Aachen war, da sein Lebensweg den Museumsbesuchern nicht so bekannt ist.

Dabei ist er, der im Jahr 1552 in Köln geboren wurde und 1615 in Prag starb, schon sehr früh kunstgeschichtlich erwähnt worden, nämlich im Schilderboeck, dem Malerbuch, das Karel van Mander 1604 als Künstlermonographien in der Art des Giorgio Vasari für die hiesigen Künstler verfaßte. In Köln geboren und ausgebildet, ging er früh, wie die meisten, die richtige Maler werden wollten, nach Italien. Venedig (1574), Rom und Florenz waren die Stationen, die er fortsetzte, wenn seine Absicht, durch Porträtmalerei Geld zu verdienen, nicht weiterführte. Längst aber hatte sich sein Name schon herumgesprochen, weshalb er erst nach München geholt wurde, wo er übrigens die Tochter des bekannten Komponisten Orlando di Lasso, Regina, heiratete, bevor seine 1592 ausgesprochene Ernennung „Hofmaler von Haus auf“ durch den Habsburgerkaiser Rudolf II. dazu führte, daß er sich mit Frau 1596 endgültig in Prag niederließ, wobei er im Auftrag des Kaisers ständig durch Europa reisen mußte.

Über diesen Prager Hof müssen wir jetzt schweigen und uns den Bilder des Hans von Aachen zuwenden, die im Kunstgeschichtlichen Museum in Wien mit einer tollen Serie beginnen: Öl auf schwarzem Marmor oder Öl auf Alabaster oder Öl auf Schiefer sind die Bildträger bezeichnet, die eine elegante Melange zwischen Inhalt und Form ergeben. Hinreißend gemalt, sowohl technisch perfekt wie auch anrührend ist das kleine monochrome Gemälde von 1594 „Christus in der Grabeshöhle, von zwei Engeln beweint“. Von ganz anderer Manier dann „Die Kreuztragung“ aus dem Jahr 1587, deren Passionsdarstellung die deutsche Kunst paraphrasiert. Das gilt sowohl für die Darstellung von viel Volk bei Passion und Kreuzigung wie auch für die Charakteristik des unterm Kreuz wankenden Christus, der stark an die gerade in Stuttgart ausgestellten Passionsszenen des Hans Holbein d.Ä. erinnert.

Katalog: Hans von Aachen (1592-1615). Hofkünstler in Europa, hrsg. von Thomas Fusenig, Deutscher Kunstverlag Berlin München 2010

Wie oben ausgeführt, hilft der Katalog auch ohne die Ausstellung weiter, da er die gezeigten Bilder in hervorragender Abbildung verbindet mit den notwendigen Essays zum Leben und den Bildanalysen. Die zweieinhalb Seiten aus dem Schilderboeck des Karel van Mander von 1604 sind am Schluß auch abgedruckt und davor der Ausstellungskatalog in Italien, München und Augsburg und Prag unterteilt. Die Ausführungen über „Das Leben“, „Die Malerei“, „Die Zeichnungen“, „Die Druckgraphik“, „Porträtmalerei“, „Freundschaftsbildnisse“, „Bildinhalte“ und „Italien: Stiltransfer und Netzwerk“ sind sehr hilfreiche Ausführungen, die einem viel bisher Unbekanntes in den Bildern nahebringen. Sinnvoll zu lesen und zu erwerben ist auch folgendes Buch: Jacoby, Joachim, Hans von Aachen 1552-1615, Deutscher Kunstverlag, München & Berlin 2000

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www.hkm.at

Reiseliteratur:

Felix Czeike, Wien, DuMont Kunstreiseführer, 2005

Baedecker Allianz Reiseführer Wien, o.J.
Lonely Planet. Wien. Deutsche Ausgabe 2007
Walter M. Weiss, Wien, DuMont Reisetaschenbuch, 2007
Marco Polo, Wien 2006
Marco Polo, Wien, Reise-Hörbuch

Ganz neu und in Wien immer sehr gut zu gebrauchen ist von M.P.A.Sheaffer „Jugendstil. Auf den Spuren Otto Wagners in Wien“ aus dem Pichler Verlag. In neun Touren mit der Trambahn, der U- und S-Bahn sowie den Bussen entlang den Werken Wagners in Wien erfahren wir, weshalb der Architekt und Städteplaner Otto Wagner unter so viel guten Architekten und Künstlern des Jugendstils die Übervaterrolle eingenommen hat. Wichtig dabei war und ist seine Affinität zur Technik, denn allzuoft haben Künstler das Technische abgelehnt, statt den zivilisatorischen Nutzen in eine anschaubare Ästhetik zu zwingen. Nein, unsere heutige Plastikunkultur wäre einem Otto Wagner nie eingefallen. Es verband die technische Funktionalität mit der Eleganz der Linie und nicht nur seine Stadtbahnstationen sind dafür ein noch heute sichtbarer Ausdruck. So werden die Wagner-Villa in Hütteldorf, dem XIV. Bezirk besucht und natürlich die Kirche am Steinhof, die weithin sichtbar geblieben ist und der auch Thomas Bernhard literarische Referenz erwies, einfach, weil sie die Kirche der psychiatrischen Anstalten war. Derzeit gilt dem „Chef-Bauzeichner“ Wagners, Joseph Maria Olbrich, eine sensationelle Ausstellung im Leopoldmuseum, in der auch dessen Arbeiten für Wagner eine tiefere Bedeutung erhalten und spezielle Applikationsmotive wie die Sonnenblume – ein Merkzeichen Wagners – nun auf Olbrich zurückgeführt werden. Das tut weder der Bedeutung Wagners, noch diesem Jugendstilführer irgendeinen Abbruch, zeigt aber, wie noch immer alles im Fluß ist. Das Buch ist zweisprachig, linke Seite auf Englisch, rechts das Deutsche und die Fotos bringen das alles ins Eins. Uns gefielen vor allem die praktischen Beschreibungen, wie man wohin kommt, gut.

Tip: Gute Dienste leistete uns erneut das kleinen Städte-Notizbuch „Wien“ von Moleskine, das wir schon für den früheren Besuch nutzten und wo wir jetzt sofort die selbst notierten Adressen, Telefonnummern und Hinweise finden, die für uns in Wien wichtig wurden. Auch die Stadtpläne und U- und S-Bahnübersichten führen– wenn man sie benutzt – an den richtigen Ort. In der hinteren Klappe verstauen wir Kärtchen und Fahrscheine, von denen wir das letzte Mal schrieben: „ die nun nicht mehr verloren(gehen) und die wichtigsten Ereignisse hat man auch schnell aufgeschrieben, so daß das Büchelchen beides schafft: Festhalten dessen, was war und gut aufbereitete Adressen- und Übersichtsliste für den nächsten Wienaufenthalt.“ Stimmt.

Anreise: Viele Wege führen nach Wien. Wir schafften es auf die Schnelle mit Air Berlin, haben aber auch schon gute Erfahrungen mit den Nachtzügen gemacht; auch tagsüber gibt es nun häufigere und schnellere Bahnverbindungen aus der Bundesrepublik nach Wien.

Aufenthalt: Betten finden Sie überall, obwohl man seit Jahren glaubt, ganz Italien besuche derzeit Wien! Überall sind sie auf Italienisch zu hören, die meist sehr jungen und ungeheuer kulturinteressierten Wienbesucher. Wir kamen perfekt unter in zweien der drei Hiltons in Wien. Sinnvoll ist es, sich die Wien-Karte zuzulegen mitsamt dem Kuponheft, das auch noch ein kleines Übersichtsheft über die Museen und sonstige Möglichkeiten zur Besichtigung in Wien ist, die Sie dann verbilligt wahrnehmen können. Die Touristen-Information finden Sie im 1. Bezirk, Albertinaplatz/Ecke Maysedergasse.

Mit sehr freundlicher Unterstützung von Air Berlin und den Hilton Hotels Wien.

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