Deutschland in der Welt oder Die neue Ostpolitik der deutschen Kanzlerin

Doch nicht nur Nougayrède denkt so und sagt das auch. Das kurze Zwischenhoch der Achse des Guten, als gegen weitere imperialistische Kriege der Supermacht USA samt Vasallen ein belastbares und ausbaufähiges Bündnis zischen Paris, Berlin und Moskau möglich schien, weil die Notgemeinschaft um Kanzler Schröder beim Lügen und Betrügen nicht mehr mitmachen, Geld überweisen und Soldaten, die für billigeres Öl sterben sollten, entsenden wollte, wurde mit Merkel als Kanzlerin Geschichte.

Nur noch wenige wie der Herausgeber und Chefredakteur des WELTEXPRESS, Stefan Pribnow, stritten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs für ein Ende der Hegemonie der Vereinigten Staaten von Amerika (USA), die immer weiter mit dem Vereinigten Königreich (UK) im Beiboot durch die Weltmeere kreuzten. Während große Teile der außerparlamentarischen wie parlamentarischen Linken in Deutschland mit sich selbst beschäftigt waren und ihr erbärmliches Erscheinen als Antideutsche zum Gespött der an diesen uninteressierten Öffentlichkeit machten, schrieben diejenigen, die sich um Pribnow gesammelt hatten, weiter gegen die Unipolarität der USA an, aber seit 1995 im Politmagazin Kalaschnikow auch gegen Versuche vor allem aus Frankreich und Deutschland, eine Kolonialpolitik 2.0 ins Werk zu setzen.

Man kann darüber streiten, ob der Gründungsmythos des WELTEXPRESS einzig und allein im Streben nach einer multipolaren Welt zu sehen ist, zumindest war WELTEXPRESS von Anfang an international und also mehrsprachig. Als Journalist und Publizist kämpft Pribnow für die kontinentalen Landmächte Frankreich, Deutschland und Russland und gegen die Seemächte USA und UK. Die einen schwächen und die anderen stärken als ein Mittel zum Zweck, dem Ziel einer multipolaren Welt. Genau darin liegt die Abgrenzung zu Jürgen Elsässer und dessen Compakt-Konzept deutscher Zunge. Sich und diese herauszustrecken ist zum Scheitern verurteilt.

Zurück von Pribnow und Elsässer zu Merkel und einer offensichtlichen Kursänderung der deutschen Ostpolitik. Zwar streiten sich die Offiziere auf der Brücke und brüllen unterschiedliche Befehle, doch am Ende zählt der Befehl der Kanzlerin. Sollte ihr Wille geschehen und das Steuer weiter rumgerissen werden, wie es eingeschlagen wurde, so würden die Anhänger einer Achse von Paris über Berlin bis Moskau, die Freunde der Russen in Deutschland unter immensen Druck geraten. Das schreibt Pribnow im WELTEXPRESS, das betont auch Nougayrède im "The Guardian". Alle europäischen Länder würden dabei aufmerksam die Veränderungen nicht nur der russisch-deutschen, sondern auch der deutsch-amerikanischen Beziehungen beobachten.

In ihrer Rede in Sydney hatte Merkel die russische Haltung in der Ukraine-Krise scharf kritisiert: Moskau betrachte die Ukraine in altem Denken als seinen Einflussbereich. Der Kanzlerin werde es aber in jedem Fall nicht leicht fallen, den geopolitischen Kurs der Bundesrepublik ab sofort zu verändern, äußert Nougayrède. Denn dann würden die politischen Interessen mit den wirtschaftlichen kollidieren. In Europa ist aber Russland Deutschlands Handelspartner Nummer Eins. 

Über eine eventuelle Wende in der deutschen Geopolitik würden sich vor allem Polen und Balten wie auch Georgier freuen, räumt Nougayrède ein. Und sicherlich auch die Faschisten und Nationalisten in der Ukraine. Doch der Beifall von denen bedeutet nicht, dass die an der Seite der Deutschen stünden. Sie werden Abhängige der Amerikaner bleiben, die mit Milliarden die politische Krise und den Umsturz in Kiew finanzierten, und müssten wie die Deutschen weiter von wirklicher Souveränität träumen. Der Kanzlerin und ihrem Kurs muss der Wind ins Gesicht wehen. Doch der Wind vom WELTEXPRESS ist der Wind einer multipolaren Welt. Das ist unser Gegenstandpunkt.

Mit Material von Guardian, RIA Novosti
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