BR Volleys erkämpfen Prestigeerfolg über Dynamo Moskau – Doch die Meisterschaft ist wichtiger als die Champions League

BR Volleys in der Berliner Max-Schmeling-Halle (Archivbild). © 2015 Foto: Winfried Laube

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die Erfolgstour der BR Volleys durch Volleyball-Europa geht weiter. Mit der wohl besten Saisonleistung setzte sich der Deutsche Meister aus Berlin am Mittwochabend in der Top-6-Gruppe der Champions League gegen Dynamo Moskau mit 3:2 (23:25, 22:25, 25:18, 25:19, 15:10) durch. Und blieben damit vor rund 5300 Zuschauern im selbsternannten „Volleyball-Tempel“ Max-Schmeling-Halle im siebenten Heimauftritt in der europäischen Königsklasse ungeschlagen. Wie schon zuvor im Viertelfinale gegen BBSK Istanbul machten die Gastgeber, enthusiastisch angetrieben vom Publikum, aus einem 0:2-Startrückstand noch einen Fünf-Satz-Sieg. Dennoch wird es für die Hauptstädter sehr schwer, aus dem Rückspiel am 12. April in Moskau den Sprung in das Final Four in Rom zu schaffen.

Denn die Moskowiter haben in ihren Reihen immerhin vier Olympiasieger von London 2012 und weitere Auswahlakteure. In der russischen Liga rangieren sie hinter dem Topfavoriten in der Champions League und Titelverteidiger Zenit Kazan auf Platz zwei. Die Qualität des russischen Männervolleyballs zeigt sich auch darin, dass mit dem aktuellen Kazan-Gegner Belgorod drei Teams in der Top-6-Runde vertreten sind!

Dazu kommen noch als direkte Kontrahenten Modena und Berlins Vorrundenerster Lube Civitanova. Für die Finalrunde ist Gastgeber Perugia gesetzt. Gut möglich also, dass je zwei Klubs aus Italien und Russland das Top Four absolvieren.
Interessant an Moskaus 16-er Aufgebot, dass hier ausschließlich einheimische Profis – ebenso im Trainerstab – zu finden sind. Die Aktiven des Deutschen Meisters Berlin kommen dagegen aus sechs Ländern. Und Trainer sowie sein Assistent haben den italienischen Pass.

Kein Unterschied ergab sich am Mittwoch hinsichtlich der im Volleyball durchaus wichtigen Körpergrößen. Die „Russischen Riesen“ konnten wie die „Berliner Riesen“ auf je acht Netzprofis mit 2,00 m und mehr verweisen.

Die Moskauer spulten die ersten beiden Sätze cool und clever herunter, wie es sich für einen Favoriten geziemt. Ließen sich auch von zwischenzeitlichen Rückständen nicht verunsichern und zogen jeweils zum Satzende Druck und Präzision ihres Spiels erfolgsbringend an.

Verloren dann, wie so häufig bei einer Zweisatzführung im Volleyball zu beobachten, etwas an Zielstrebigkeit und Genauigkeit. Auch hatten nun die BR Volleys das richtige Maß bei den Aufschlägen sowie im Komplex Block/Feldabwehr gefunden. Hielten die Bälle länger im Spiel und entnervten so teilweise die gegnerischen Angreifer. Auch deren vermeintlicher Star Konstantin Bakun mit entsprechenden Meriten in der Nationalmannschaft des Londoner Olympiasiegers blieb mehr als einmal in der „Berliner Mauer am Netz“ hängen. Produzierte wie einige Kollegen, überrascht von der Gegenwehr, mehr Fehler als gewohnt bei Aufschlägen und im Angriff.

Die Berliner spielten sich dagegen in einen Rausch. Und vor allem das Duo aus Down Under glänzte jeder auf seine Weise oder besser jeder auf seiner Position.

Diagonal- und Hauptangreifer Paul Carroll schmetterte aus allen Lagen, blockte und hechtete und riss die Mitspieler – ganz im Gegensatz zum erwähnten Bakun – mit. Nach 26 Punkten erhielt er am Ende die Auszeichnung als wertvollster Spieler der Partie. Der 30-Jährige erwies sich mit 20 Punkten bei einer Erfolgsquote von 56 % als bester Angreifer und sicherte sich mit vier Zähler auch noch die Spitze als bester Blocker.

Zweitbester Punktesammler der Gastgeber war Kapitän Robert Kromm mit 14 Zählern. Dem Dauerdruck bei gegnerischen Aufgaben hielt er in der Annahme respektabel Stand. Sein junger Angriffskollege Ruben Schott verdiente sich Lob mit mutigen Angriffen und der besten Annahmequote.

Ein Riesenspiel in der Annahme und in der akrobatischen Feldabwehr lieferte Carrolls junger Landsmann Luke Perry als Libero. Was er an gegnerischen Schmetterschlägen von 120 km/h und mehr entschärfte, hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Bakun und vor allem Angreifer Alexander Markin zunehmend verzweifelten.

Selbst wenn die Volleys, die erstmals sportlich unter die besten Sechs vordrangen (2015 waren sie als Gastgeber im Berliner Finale und erkämpften dort Platz drei), die attraktive Finalrunde verpassen sollten, dürften Carroll und Perry nach der Vorstellung gegen Moskau Angebote von finanzstärkeren Topklubs ins Haus flattern. Vor allem in der Annahme und in der aufmerksamen Blockarbeit hatten die Berliner in den letzten drei Durchgängen ein Plus. Auch hatten sie sich nach Hinweisen von Trainer Roberto Serniotti taktisch schneller auf die Aktionen des Gegners eingestellt.

Sollte Moskaus Cheftrainer Juri Maritschew da und in der Einstellung seiner Schützlinge Defizite beobachtet haben, so dürfte er im Rückspiel seine Mannschaft besser präpariert vorstellen.

Paul Carroll zeigte sich nach dem Match überaus zufrieden und meinte: „Ausschlaggebend für den Sieg war am Ende die Aufschlagqualität. Die Russen schwächelten da und wir entwickelten großen Druck. In Block/Abwehr haben wir dann als Mannschaft richtig stark gekämpft und uns am Ende belohnt.“

BR-Manager Manager Kaweh Niroomand hatte nach dem Triple im Vorjahr aus Meisterschaft, Pokalsieg und Gewinn des zweitklassigen CEV-Cups die Verteidigung der nationalen Dominanz sowie das Herantasten an die europäische Spitze ausgerufen.
Während das Abschneiden in der Champions League bislang über den Erwartungen lag, blieb die Mannschaft im nationalen Rahmen unter den Zielvorstellungen. Zwei Titel sind bereits futsch – mit den Niederlagen gegen den Erzrivalen VfB Friedrichshafen im Supercup und im Pokalfinale – monierte er kürzlich. Und die vier Saison-Pleiten gegen den vom ehemaligen Bundestrainer Vital Heynen betreuten Rekordmeister schmecken dem Macher an der Spree ganz und gar nicht.

Und so meinte er mahnend: „Bei aller Königsklassen-Euphorie dürfen wir aber unser wichtigstes Ziel, die Titelverteidigung der Meisterschaft nicht aus den Augen verlieren. Darum erwarte ich von der Mannschaft, dass wir diese Leidenschaft auch in den Bundesliga-Playoffs zeigen. Wir müssen diesen schwierigen Spagat meistern. Andernfalls sind wir ganz schnell draußen und gehen ohne einen Titel aus der Saison.“

Die nächste Hürde in der Meisterschaft erwartet die BR Volleys am Samstag (18.30 Uhr), Max-Schmeling-Halle, mit dem ersten Play-off-Halbfinale gegen United Volleys Rhein-Main.

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