Auf der Straße der weißen Dörfer: Von Ronda nach Jerez – Serie: Der Reiseblog oder Eine Direktberichterstattung aus dem RIU Club Hotel in Chiclana/Spanien (Teil 6)

Wie Schneeflächen liegen manche der Weißen Dörfer in der grünen Landschaft.

Überall trifft man auf sie. Es gibt berühmte wie Vejer de la Frontera, Mijas oder Granzalema, und die Namenlosen, die in keinem Reiseführer stehen. Jedes Frühjahr werden die Häuser getüncht. Kalk schützt vor dem Verfall und Weiß vor der glühenden Sonne. Rhythmisch abgestuft sind die einfachen Kuben der Häuser, ineinander geschachtelt stehen die weißen Wände. Bunte Geranientöpfe spielen Farbkleckse darauf. In den engen, verwinkelten Gassen sieht man tagsüber kaum einen Menschen, Katzen und Hunde scheinen die eigentlichen Bewohner zu sein. Manchmal aber steht eine Tür offen, und gibt den Blick ins Innere der Hausburg frei. Erstaunt registriert man prächtig geflieste Hauseingänge, bauchig geschwungenen, schmiedeeisernen Fenstergitter und reich bepflanzte Innenhöfe. Hier trifft sich die Familie, sobald die Sonne den Himmel verläßt.

Auch Ronda ist ein weißes Dorf, wenn auch ein großes. Wie ein Adlerhorst thront die Stadt auf einem hohen, gespaltenen Felsen. Eine 160 m tiefe, schwindelerregende Schlucht klafft zwischen ihnen. Seit 1785 führt die Neuen Brücke, die Puente Nuevo, darüber hinweg, die auf hohen Stelzen im Tal steht und die 90 m breite Kluft zwischen den Felsen schließt. Erbaut hat das beliebteste Fotomotiv von Ronda der Architekt de Aldehuela, der sich 1793 von der Brücke zu Tode stürzte. Der Dichter Rainer Maria Rilke dagegen fand in Ronda sein Bild von Spanien. „Ich habe überall nach der Stadt der Träume gesucht. In Ronda habe ich sie gefunden“, schrieb er. Hemingway wiederum war von der Stierkampfarena (1785) begeistert, die als älteste und schönste Spaniens gilt. Zwei enge Arkadengänge umrunden die Arena, bieten den Zuschauern Platz.. Man kann zwischen den Preiskategorien „Tenido Sol“, „Sol y Sombra“ und „Sombra“ wählen, zwischen Sonne, Halbschatten und Schatten. Wer arm ist, muß in der Sonne schmoren.

Von Ronda ist es ein ordentlicher Katzensprung nach Jerez de la Frontera, Noch immer bestimmen die weißen Fassaden der Bodegas, die man hier „Kathedralen des Weins“ nennt, das Gesicht der Stadt. Wie ein Symbol der Macht zieren Name und Wappen der großen Hersteller die Kellereien. Da weiß jeder sofort, daß er es mit dem feinen Weinadel zu tun hat, mit den Sherry-Baronen von Domecq, von Sandeman, von Osborne oder von González Byass. Schön kühl ist es in der Bodega. Allmählich erst gewöhnt sich das Auge an das gebrochene Licht, das durch die Esparto-Grasmatten fällt. Rund zweitausend Fässer, jedes 500 Liter dick, lagern akkurat übereinander gestapelt in einer einzigen Halle. Hier kann ihr Inhalt in Ruhe reifen. In der Luft hängt ein angenehm süffiger Geruch aus Alkohol und Eichenfässern. Er ist typisch für den Fino, den herben Vertreter aus der großen Sherry-Familie. Der Fino hat nur (relativ) wenig Alkohol, deshalb kann man ihn bei großer Hitze – eiskalt – genießen. Das schätzen die Spanier sehr. Allein González Byass verkauft 6 Millionen Flaschen davon jährlich. Auch die Briten lieben diesen problemlosen Freund. Sie waren es, die ihm vor gut 160 Jahren seinen heutigen Namen gaben. Da sie Jerez nicht aussprechen konnten, sagten sie einfach Sherry dazu. – Das Prinzip der Sherry-Herstellung ist klug und einfach zugleich. In der untersten Reihe lagert der älteste, der Mutterwein. Ihm wird pro Jahr eine gewisse Menge entnommen und verkauft. Dann wird das Faß aufgefüllt aus der darüberliegenden Reihe, in der die jeweils jüngere Ernte reift, usw. usw. Irgendwann verliert der Wein seinen Jahrgang, aber gewinnt durch das Mischen jenes Quentchen Wahrheit, das einen Sherry als Sherry so ehrlich macht.

Nach einem so feucht-fröhlichen Tag in den Bodegas von Jerez freut man sich auf sein gemütliches Zuhause.

Am Abend geht es mit vielen Eindrücken, reichlich versorgt mit Wissen, Wasser und Sherry zurück zu unserem Hotel, heim ins RIU Chiclana. Es ist das 100. Hotel der katalanischen Hotelier-Familie Riu. Ein Jubiläums-Haus! Auch deshalb lohnt es sich, noch einmal ein Wörtchen darüber zu verlieren. Viel wichtiger aber als dieses Wörtchen ist die Tatsache, daß alle Mitarbeiter in einer Kunst ausgebildet sind, die vom Aussterben bedroht ist, der Kunst Gedanken zu lesen. Nämlich die des Gastes. Und das ist schon einen Sherry wert.

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RIU im Internet: www.riu.com

RIU Chichlana im Internet: http://www.riu.com/de/Paises/spanien/cadiz-chiclana/clubhotel-riu-chiclana/index.jsp

Reise-Info: Spanisches Fremdenverkehrsamt, Kurfürstendamm 180, 10707 Berlin; Tel.: 030/882 65 43; Fax: 030/ 882 66 61; Internet: www.spain.info

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