Amerikanisch-chinesische Entspannung

Xi Jinping und Joseph Biden am 14. November 2022 auf Bali. © Quelle: Weißes Haus/White Hosue, Foto: Adam Schultz, Aufnahme: Bali, 14.11.2022

Wien, Österreich (Weltexpress). Nachdem sich – im Schatten des Ukraine-Krieges und der sich im Gefolge der Visite der amerikanischen Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taipeh zuspitzenden Taiwan-Frage – die Spannungen zwischen China und den USA seit August bedrohlich verstärkt hatten, scheint es jetzt plötzlich zu einer Trendwende zu kommen: Hände werden ausdauernd geschüttelt und es darf wieder gelächelt werden. Am Tag vor Beginn des G-20-Gipfels auf der indonesischen Insel Bali trafen sich der amerikanische Präsident Joe Biden und der chinesische Staatschef Xi Jinping. Es war das erste persönliche Zusammentreffen der beiden Staatschefs seit Bidens Amtsantritt im Januar 2021. Akribisch wurde die Dauer des gegenseitigen Händedrucks (neun Sekunden) und die Länge des Gesprächs (drei Stunden zwölf Minuten) registriert: beides beachtlich. Xi sagte vor laufenden Kameras, er freue sich, mit Biden zusammenzuarbeiten. Nur eine höfliche Floskel oder ein deutliches Signal der Entspannung?

Xi hatte zuvor ein ganz anderes Signal gesetzt: Im Bericht zum 20. Parteitag wurde der Nationalen Sicherheit signifikant mehr Raum gegeben als zuvor – der Begriff fiel 60 Prozent häufiger als im letzten Bericht von 2017. Dies darf nicht unterschätzt werden. Während dort die wirtschaftliche Entwicklung weiterhin als Top-Priorität genannt wird, stellt Xi die Sicherheit fast gleichberechtigt daneben. Die beiden Parallel-Initiativen „globale Entwicklung“ und „globale Sicherheit“ stellen eine direkte Herausforderung an die Weltordnung dar. Das neue Führungsteam, das Xi um sich schart, weist vermehrt Verteidigungs- und Nuklearexperten auf – die seit langem größte Zahl von Beamten, welche mit dem Thema Sicherheit befasst sind. Chen Wenqing ist der erste Ex-Geheimdienstchef, der Einsitz im Politbüro nimmt.

Andererseits darf die freundliche, ja herzliche Atmosphäre auf Bali darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Biden gegenüber China eine harte Haltung einnimmt. So hat er de facto ein Embargo für den Export von hochentwickelten – und somit militärisch einsetzbaren – Halbleitern (semiconductors) an China beschlossen. In Bali hat sich der US-Präsident zwar zuversichtlich gezeigt, dass kein neuer Kalter Krieg bevorstehe – zugleich aber seinen chinesischen Gesprächspartner klar vor Gewaltanwendung im Taiwan-Konflikt gewarnt.

Biden kritisierte das zunehmend aggressivere Verhalten Chinas gegenüber Taiwan. Dieses gefährde den Frieden und die Stabilität in der Straße von Taiwan und in der gesamten Region. Xi wiederum beschwichtigte: Sein Land habe nicht die Absicht, die USA herauszufordern oder zu verdrängen. Eine endgültige Abspaltung Taiwans von China – also eine formelle Souveränitätserklärung – werde „das chinesische Volk“ keinesfalls zulassen.

Anmerkung:

Vorstehender Beitrag von Dr. Charles E. Ritterband wurde in „Voralberger Nachrichten“ am 17.11.2022.

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