Allgäuwinter jenseits der Skipisten – Füssen bietet sanftes Wintervergnügen

Winterliche Romantik in Füssen: Altstadtdächer im Schnee. © Tourismus Füssen

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Wer kennt es nicht, das Märchenschloss von Neuschwanstein, gebaut vom weltfernen Märchenkönig Ludwig II. ? Auch in Japan und Nordamerika hat man eine genaue Vorstellung und kennt zumindest Freunde oder Verwandte die es schon besucht hatten. Dabei gibt es in der Region um Füssen, im so genannten Königswinkel auch sonst so viel zu erleben, gerade, was sanften Wintertourismus betrifft.

„Abi geht ´s“, das Kommando für die Abfahrt ist erteilt. Vor uns verliert sich der schmale Weg ins Dunkle. Was sich in der gemütlichen Stube der Buchenbergalpe noch wie ein lustiges Abenteuer anhörte ist in der Realität ein schwach beleuchteter Pfad, auf dem es per Schlitten steil bergab ins Tal hinunter geht. Das gute Essen und die Schnapserl verleihen den notwendigen Mut. Da fahren die Ersten schon los. Der Wind pfeift um die Ohren. Die rasante Fahrt wird mit der Stiefelferse immer wieder verlangsamt. Oder man peilt den nächst besten Schneehaufen als Notbremse an. Es gibt viel zu lachen. Einige landen im Schnee, dann geht es weiter. Luis, ein geübter Skifahrer begleitet so manche Irrfahrt und hilft im Dunklen zurück auf den richtigen Weg. Nach einer halben Stunde sind an der Talstation wieder alle versammelt. Man schüttelt sich den Schnee aus den Kleidern. Manchen sieht man die Erleichterung an, dass sie hier heil gelandet sind. „A Gaudi war ´s“. Dem stimmen alle zu.
Füssen im bayerischen Teil des Allgäus ist im Winter eine Welt für sich. Die Bäume sind verschneit und die Schneekristalle glitzern in der Sonne. Über allem thront das Welt berühmte Märchenschloss Neuschwanstein, das Ludwig II. in der Zeit von 1869 bis 1886 in Schwangau erbauen ließ. Viele glückliche Stunden erlebte der König nicht in seinem Prachtbau. Im Jahre 1886 fand sein kurzes Leben ein bis heute nicht geklärtes Ende, nachdem man ihn kurz zuvor für geistig unzurechnungsfähig erklärte, eine hofinterne Intrige.
Füssen ist nicht für seine steilsten und längsten Skiabfahrten bekannt. Die findet der Besucher im benachbarten Österreich. Der beschauliche Genießer des Winters genießt hier viele Kilometer geräumte Winterwege, auf denen er sich der Landschaft erfreuen kann.

Unbeholfen sind die ersten Schritte mit den eigenartigen „Gestellen“ an den Füßen. Doch schon nach wenigen Minuten findet jeder seinen Rhythmus. Gerade die sanfte Drehung, die beim gemächlichen Gehen mit Schneeschuhen statt findet, ist für die Wirbelsäule sehr wohl tuend. Schneeschuhe können an jedem stabilen Wanderstiefel befestigt werden. Die modernen Ausführungen sind ca. 40 cm lang  u-förmig aus Aluminium mit verstellbaren Verschlüssen, die jeder Schuhgröße angepasst werden können. Schon seit einigen Jahren findet diese Sportart immer mehr Anhänger. Ursprünglich dienten sie Trappern und Menschen, die in den entlegenen Gebieten Nordamerikas oder Skandinaviens weite Strecken über tief verschneites Land zurücklegen mussten. Mindestens doppelt so groß, aus Weidenruten geflochten, mit Lederriemen verbunden, verhinderten sie das tiefe Einbrechen beim Überqueren einer Schneedecke. Gerade dieser Vorteil ermöglicht es Naturfreunde auch im Winter in Gebiete vorzudringen, abseits der üblichen Touristenwege. Dabei sollte man nicht auf einen kundigen Führer verzichten. Er weiß, wo man sich bewegen kann, ohne die Tierwelt zu stören. Jedes Aufschrecken des Wildes bedeutet für dieses einen hohen Kalorienverlust, der gerade im Winter nicht so einfach auszugleichen ist.
Inzwischen gibt es auch schon eine etwas modernere Form, die natürlich mit einem englischen Namen eingeführt wurde: Snow-Walking. Mit Snow-Walkern bewegt man sich auch neben den Loipen. Mit ihnen lässt es sich auch gemäßigt einen Hang hinab gleiten.
Nach all den winterlichen Abenteuern ist es wohltuend im Hotel Sommer sich mit den unterschiedlichen Wellness-Anwendungen verwöhnen zu lassen. Direkt am Forggensee gelegen ist man in modern eingerichteten Zimmern mit Balkon oder Terrasse untergebracht mit Blick auf das Festspielhaus. Zur Innenstadt, mit allen Museen und Sehenswürdigkeiten, sind es nur etwa 15 Minuten zu Fuß.

Ohrenschmaus und geselliges Genießen

Die alten, ins Obergeschoss der Schrannengasse 12 führenden Holzstiegen knarren. Man vermutet in dem altertümlichen Haus in Füssens Stadtmitte, auf die Stube des armen Poeten von Spitzweg zu treffen. Doch die Türe öffnet sich in ein vom Licht durchflutetes Atelier. Es riecht angenehm nach Holz in der Geigenbauerwerkstatt von Pierre Chaubert.
Um in diesem Handwerk Erfolg zu haben bedarf es nicht nur handwerklicher Fähigkeiten. Nur mit einem sehr guten Gehör lassen sich die  feinen Unterschiede feststellen, die aus einem kommerziell hergestellten Instrument ein Meisterstück entstehen lassen. Maßgebend sind Holzart, das Zusammenfügen der gewölbten Teile, der Resonanzraum.
Füssen war schon über Jahrhunderte Zentrum des Lauten- und Geigenbaus. Bereits 1562 wurde hier die erste Lautenmacherzunft Europas gegründet.
Warum gerade in Füssen? Die Stadt verfügte über den für diesen Instrumentenbau notwendigen Rohstoff. In den Bergwäldern Nordtirols wuchsen Fichten, Ahornbäume und Eiben in großer Zahl. Ausschlaggebend war auch die Verkehrslage an der einstigen Römerstraße Via Claudia Augusta, die bis in die Neuzeit die Handelszentren Augsburg und Venedig verband. Teile davon sind heute noch „begehbar“, wenn während des Winters das Wasser aus dem Forggensee abgelassen wird. Der Lech als Donauzufluss führte die Händler per Floß oder Schiff bis Wien und nach Budapest.
Geduldig stellt sich Pierre Chaubert den vielen Fragen. Man könnte ihm stundenlang zuhören, selbst für Unmusikalische sind seine Erklärungen ein Genuss. In diesem Dachstudio beherbergt er eine Sammlung beinahe sämtlicher Zupf- und Streichinstrumente, von der Zither bis zur Mandoline.
Auch das Museum der Stadt, das im ehemaligen Benediktinerkloster St. Mang untergebracht ist, dokumentiert die Füssener Tradition im Saiteninstrumentenbau mit einer der europaweit umfangreichsten Sammlungen historischer Lauten, sowie kostbarer alter Geigen und verwandter Streichinstrumente. 
Befindet man sich schon im Herzen von Füssen, sollte man zwei Treffpunkte Einheimischer und „Reingschneiter“ nicht auslassen. Gleich am Schrannenplatz hat schon vor 10 Jahren die Markthalle eröffnet, die zu einem beliebten Treffpunkt für Jedermann wurde. Ob Spezialitäten aus aller Welt oder Bergkäse von der Alm, das Angebot ist äußerst vielseitig. Gekocht wird hier international, man muss bei seinem Einkauf nicht hungern. Im „Lila Haus“, das nicht allein wegen seiner Farbe schon ins Auge sticht, gibt es Genuss mit Pfiff. Hier isst man nicht nur vorzüglich in der mit Antiquitäten ausgestatteten Gaststube, man findet gleichzeitig Anregungen für Souvenirs: vom Filzhut bis zum Hirschkuss, ein spezieller Likör, die Auswahl ist groß.

Kutschenromantik und Delikatessen für das Wild

Scheinbar mühelos ziehen beiden Kaltblutrappen den Kutschenschlitten durch den Schnee. Dabei dampfen ihre erhitzten Körper gehörig. Jetzt, gegen Abend, wird es doch empfindlich kalt. Schneekristalle glitzern im sanften Licht der untergehenden Sonne. Warm eingepackt sind wir unterwegs zur Wildfütterung am Bannwaldsee. Kein lautloses Anschleichen ist nötig, um die mächtigen Rothirsche zu beobachten. Die Tiere wissen, wann ihnen das Futter kredenzt wird. Unbekümmert ob der zahlreichen Schaulustigen genießen sie ein Zubrot, das während der Winterzeit das karge Nahrungsangebot ergänzt. Nach den Erläuterungen des Försters leert sich der Platz schnell. Es bleibt noch etwas Zeit die Winteridylle zu genießen. In der Stille hört man die Tiere genüsslich Rüben verkauen, die wohl eine Delikatesse sind.

Urlaubsvergnügen umweltfreundlich

In Hopfen am See hat sich das Bio- und Wellness-Hotel Eggensberger einem besonderen Konzept verschrieben. Es ist das erste EU-zertifizierte Biohotel im Allgäu. Nicht nur, dass ihre Zutaten für ihre zubereiteten Gerichte vorwiegend biologisch sind, sie bieten spezielle, Elektrosmog freie Zimmer an. „Es ist ein weiter Weg, bis man seine Umweltverträglichkeit zertifiziert bekommt“, erklärt die Inhaberin. Das heißt, hier gibt man sich größte Mühe, damit der Gast mit gutem Gewissen seinen Urlaub genießen kann. Wenn dann auch Urlauber den Höhenzug hinter Hopfen am See erklommen haben, um den Ausblick über die Voralpenlandschaft bis hinüber zu den Tannheimer Alpen zu genießen, dann können sie sich mit einer Wellnessbehandlung dieses Hotels schließlich selbst belohnen.

Reisehinweise:

Füssen ist ein Ganzjahresziel mit einer ausgewogenen Mischung aus natürlichen und kulturellen Sehenswürdigkeiten. Ausführliche Auskünfte gibt es unter www.tourismus-fuessen.de.

Unterkünfte für besondere Ansprüche z. B. www.hotel-sommer.de, oder www.eggensberger.de . Schneeschuhwandern unter www.allgaeu-aktiv.de, Almrodeln unter www.buchenberg-alm.de, Kontakt zum Geigenbauer: info@chaubert.de

Reiseliteratur: Aus der legendären Buchreihe über Traumstraßen in allen Kontinenten der Band „Traumstraßen Deutschlands“ mit besonderer Berücksichtigung der weltberühmten «Romantischen Straße«, an der auch Füssen liegt. Eigens geschaffene Tourenkarten führen durch großartige wie verträumt-stille Landschaften zu über 600 der bedeutendsten Natur- und Kulturdenkmäler. ISBN: 978-3-89944-098-0; 256 Seiten, Preis: 19,95 EUR (Deutschland)

Anmerkung:

Siehe auch die Beiträge

im WELTEXPRESS.

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