Alles Betriebswirtschaft, oder was? – Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin setzt Falschmeldungen hohe künstlerische und ökonomische Leistungen entgegen

Das DSO Berlin (Archivfoto).

Mit 54 Konzerten in Berlin und 71 530 Besuchern erreichte allein das DSO eine Auslastung von 81 Prozent. Der Kartenverkauf erbrachte 1,26 Millionen Euro. Gastspiele im In- und Ausland brachten weitere 44 388 Besucher und Erlöse von 1,68 Millionen, also insgesamt 3,07 Millionen Euro. Der Wirtschaftsplan wurde um 30 Prozent übererfüllt. Für die Konzerte in Berlin zahlte die Stadt je Karte 32,45 Euro Zuschuss.

Mit diesen Ergebnissen wehren sich das Orchester und seine Dachgesellschaft gegen Behauptungen im Tagesspiegel vom 30. März (unter Berufung auf die Senatskanzlei), die Rundfunkorchester und -chöre hätten 2010 je zahlenden Besucher 299,31 Euro und damit die höchsten Zuschüsse erhalten. »Wir Kulturschaffenden bestehen darauf, dass wir gut mit dem Geld umgehen. Das können wir eindeutig belegen«, sagte König. Im Orchester wird mit viel Unmut wahrgenommen, dass seine Leistung auf Rechenspiele reduziert wird.

Zu den andauernden Vorwürfen mangelnder Wirtschaftlichkeit der ROC erklärte Rehrl, die Gesellschaft »ist und bleibt das bestmögliche Modell für den Fortbestand der vier Ensembles, ein besseres wurde bislang nicht gefunden. Wir investieren viel Geld in die Kunst und wenig in die Verwaltung.« Auf die Ankündigung von Deutschlandradiointendant Willi Steul, seinen Zuschuss 2013 um 1,5 Millionen Euro zu senken, habe sein Institut damit reagiert, 3.5 Millionen Überschüsse aus eigener Leistung für 2013/2014 als Ausgleich anzubieten. Damit garantieren die Ensembles selbst die Planungssicherheit bis 2014!

Unter dem Leitgedanken »Grenzwege« präsentiert sich das Orchester in der Spielzeit 2011/2012 mit herausragenden Dirigenten und Solisten. Mit Tugan Zochiew und seinen Vorgängern Wladimir Ashkenasy, Kent Nagano und Ingo Metzmacher, werden von sieben bisherigen und designierten Chefdirigenten vier am Pult stehen. Zochiew, der offiziell in der Spielzeit 2012/2013 antritt, wird in der kommenden Saison drei Programme gestalten. Mit seiner Kunst will das Orchester Grenzen überschreiten und niederreißen, so Orchesterdirektor Alexander Steinbeis. Viel Kraft und viel Zeit wird das Orchester in die Kinder- und Jugendarbeit investieren, erläuterte Orchestervorstand Gergely Bodoky. In Erwartung Tugan Zochiews ist das Orchester in Aufbruchstimmung.

Rein betriebswirtschaftliche Vergleiche im Kulturbetrieb mutieren leicht zu Milchmädchenrechnungen. Das ist schon bei Gehältern und Gagen schwierig, aber wenn schon, sollten die verantwortlichen Politiker die volle tarifliche Bezahlung in Theatern, Orchestern, Museen und so weiter gewährleisten – die erste Voraussetzung für sachliche Leistungsvergleiche. Dann hätten jene Institute, deren Beschäftigte bisher schlechter bezahlt wurden, zwar eine schlechtere »Rentabiltät«, das Geld jedoch dürfte »stimmen«. Ad absurdum würde das Ganze geführt von denen, die vom Senat nichts bekommen, aber ihm noch etwas geben, zum Beispiel die Berliner Symphoniker. Sie zahlen für jedes Konzert in der Philharmonie 11 000 Euro Miete von dem Geld, das sie erst im Ausland »verdienen« müssen. Damit speisen sie die Einnahmen der Stiftung Berliner Philharmoniker aus Vermietung und die brauchen weniger Zuschüsse vom Senat – wirtschaftlicher Kreislauf. So wünschen sich die Sparkommissare die Ökonomie und Deutschlands aktive Zahlungsbilanz wird gefördert.

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