Adele unter Strom

Adele Bitter © Frank Eidel

Geeinigt hatten sich Sender, Musiker und Moderator auf das »Konzert für Violoncello und Blasorchester« von Friedrich Gulda und – leichtester Teil der Übung – auf die Solistin: Adele Bitter. Die ist seit 2001 Vorspielerin im DSO und darüber hinaus eine attraktive, charmante Person, kurzum: eine Vorzeigefrau. Folglich bekam auch sie als erste das Wort. In klaren und selbst für das Nachwuchspublikum verständlichen Sätzen (was nicht überall selbstverständlich ist) erzählte sie von der Rolle ihres Instruments im Orchester und ihrem Vorhaben, einmal zu demonstrieren, was sich mit dem seriösen Cello anstellen lässt. Prompt fiel ein  junger Mann der Musikerin zu Füßen – und verkabelte ihre »Kniegeige« mit der geheimnisvollen Technik, die vom Tonmeister in Saalesmitte gesteuert wurde. Nur so – mischte sich Christian Schruff ein – habe das Cello die gleichen Chancen im Wettbewerb mit den Bläsern. »Aber keine Bange – es ist ein Freundschaftsspiel.«  Und schon legten sie los: die Flöte, Klarinette und Oboe, das Horn, die Trompete, Posaune und Tuba, unterstützt von zwei Kontrabässen, Schlagzeug und einer Gitarre. Selbstverständlich konnte Adele Bitter mühelos mithalten. Den Takt bestimmte Heinz Radzischewski, der sich als Trompeter sonst meist selber nach dem Dirigenten richten muss und sich auch in dieser Rolle sichtlich wohlfühlte.

Nachdem die Overtüre – sozusagen der Türöffner – zu Ende war, sprach Christian Schruff über den Komponisten und über die Konstruktion seiner Musik. Die meisten Solo-Konzerte bestehen aus 3 Sätzen. Friedrich Gulda hat seinem Werk 5 »Runden« zugedacht. Schruff erläuterte die Besonderheiten des »Idylls«, der »Cadenz«, des »Menuetts« und des »Finale alla marchia«. Soviel zum Bildungsauftrag. Zwischendurch ließ er die Konzertbesucher aufstehen, graziöse Menuettschrittchen probieren und andere Lockerungsübungen machen. Die Mütter und Väter fanden das putziger als die Kinder. Aber auch die legten sich ins Zeug, als sie vom Moderator aufgefordert wurden, Eisenbahngeräusche zu imitieren.

Trotzdem ist die Begeisterung größer in Konzerten, wo die Kinder in eine Gedankenwelt mitgenommen werden, in der sie sich bereits zu Hause fühlen, oder wo es auch »etwas zum gucken gibt«. Schönes Beispiel: das Weihnachtskonzert »Gute Schwäne, böse Schwäne«. Viele der kleinen Besucher kannten Tschaikowskis »Schwanensee« oder zumindest Geschichten von Prinzen und Prinzessinnen. Und sie waren von der Ballettmusik genau so mitgerissen wie die Schüler der deutsch-portugiesischen Grundschule am Neuen Tor in Berlin, die auf der Bühne mit schöner Selbstverständlichkeit tollkühne Schrittkombinationen probierten.

Ganz anders, aber genau so mitreißend waren Friedrich Guldas Melodien, die sich programmgemäß von gemessenen, bedächtigen zu jazzigen und rockigen Passagen steigerten. Adele Bitter entlockte ihrem Instrument mit unglaublicher Fingerfertigkeit überraschende Töne. Das Cello rockte! Und ganz gewiss hätte man zu der Musik auch tanzen können.

Das nächste Kulturradio-Kinderkonzert findet am Sonntag, 15. Juni 2014, um 12 Uhr im Großen Sendesaal im Haus des Rundfunks, Masurenallee 8–14, 14057 Berlin, statt. Geboten werden  »Amerikanische Abenteuer: Hochzeit im neuen Land«. Das Deutsche Symphonieorchester spielt »Appalachian Spring« von Aaron Copland. Es dirigiert Evan Christ. Durchs Programm führt – na, wer schon? – Christian Schruff. Wie gewohnt erwartet das Haus seine jungen Gäste bereits anderthalb Stunden vor Konzertbeginn. Viele nutzen die Gelegenheit, einmal ein Instrument auszuprobieren, sich schminken zu lassen, zu singen oder zu basteln. Die Eintrittskarte für Kinder kostet 4 €, für Erwachsene 10 €.

Für alle, die schon noch weiter planen möchten, hier noch einige Nachrichten von der jüngsten Jahres-Pressekonferenz des DSO: Auch in der Spielzeit 2014/2015 stehen 6 Kinderkonzerte auf dem Programm  Mehr unter www.dso-berlin.de bzw. www.kulturradio.de

Und wie bereits in den vergangenen Spielzeiten wird das Orchester weiterhin Schulprojekte und Workshops anbieten. Kinder, Schüler sowie junge Erwachsene aller Schulformen – unabhängig von Herkunft, Alter und Vorbildung – können die Musiker und ihre Instrumente näher kennenlernen, eigne Fertigkeiten ausbauen und mit den Profis musizieren. Ermöglicht werden unvergeßliche und individuelle Musikerlebnisse, die Musik zum Teil des Lebens werden lassen.

Wer Lust hat, mit seiner Klasse bei einem Projekt mit dem DSO mitzumachen, sollte das mit seinen Lehrern diskutieren und sich beim Orchester oder bei renate.breitkopf@rbb-online.de melden.

Vorheriger ArtikelNationalspielerin Linda Bresonik beendet Laufbahn im DFB-Team – Sie lebt und spielt in Frankreichs Metropole Paris – Dort will sie noch eine Weile bleiben
Nächster ArtikelÖffnung der Königlichen Gewächshäuser in Brüssel – Die „Gläserne“ Stadt ist für Besucher vom 18. April bis zum 9. Mai 2014 geöffnet