Die Vorbereitungen beider Teams auf den German Bowl XXXI laufen auf Hochtouren. Einen großen Teil dieser Vorbereitung nimmt natürlich die Analyse der Stärken und Schwächen der jeweiligen Gegner ein. Wenn überhaupt etwas im Vorfeld klar ist, dann eins: Beide Mannschaften sind als gleich stark anzusehen und es wird deshalb wohl die gewinnen, die die wenigsten Fehler macht. Nun kann man gegnerische Fehler aber auch durch eigene Stärke produzieren und deshalb ist es für den Beobachter interessant zu erfahren, wo (rein objektiv gesehen) die entsprechenden Vor- bzw. Nachteile liegen. Und genau darum soll es hier gehen.
Schaut man sich die Spiele beider Kontrahenten gegeneinander an, fällt zunächst erst mal eins auf: Beide Angriffsreihen spielten höchst solide und machen wenig Fehler. Vielmehr kommt es wohl eher doch auf „Kleinigkeiten“ an. Das jeweilige Heimteam hatte leichte Vorteile im Bereich der Offense. Dabei agieren beide Teams mit einer gesunden Mischung aus Pass und Lauf. Im Spiel durch die Luft geht es bei den Canes eher in die Breite und bei den Adlern in die Tiefe, woraus sich der etwas größere Raumgewinn für die Berliner im Passspiel ergibt. Dafür ist die Zahl der angekommenen Pässe bei Kiel höher. Das Laufspiel beider Mannschaften ist im direkten Vergleich wenig aussagekräftig. Während die Hauptstädter im Frühjahr noch auf (den später verletzten) Tony Hollings bauen konnten, der die Kieler fast im Alleingang in Grund und Boden rannte (22 Läufe für 155 Yards), konnte das Team der Adler im Rückspiel ihren neuen Runningback wiederum verletzungsbedingt nur eine Halbzeit einsetzen. Aber auch David McCants erzielte 6 Yards pro Lauf und es wird interessant sein zu sehen, vor welche Probleme er die Norddeutschen stellen wird, wenn er denn mal durchspielt. Kiel hingegen setzte vornehmlich nur einen RB ein und dieser hatte im Rückspiel einen richtig guten Tag, während er sich zur Saisoneröffnung noch nicht richtig hervortun konnte. Aber es ist auch immer eine Frage, wie viel zugelassen wird ”¦
Das bringt einen zwangsläufig zu den „Prunkstücken“ beider Mannschaften und das sind die Verteidigungsreihen. Die Lauf-Defense der Adler konnte auch in dieser Spielzeit ihre Gegner im Schnitt unter 100 Yards pro Spiel halten und ließ dabei ganze 6 Lauf-TD zu. In der Passverteidigung sind die Werte nicht ganz so gut. Aber auch hier konnten lediglich 7 Würfe in die eigene Endzone nicht verhindert werden. Insgesamt zahlt es sich aus, dass das Team schon über Jahre zusammenspielt und nur punktuell durch Zugänge noch weiter verstärkt wurde. Nicht zu vergessen, dass seit langer Zeit die hervorragende Nachwuchsarbeit der Adler viele GFL-Spieler hervorbringt. Der Begriff „Berliner Mauer“ ist an dieser Stelle mehr als berechtigt. Die Defense der Kieler war zwar nicht annähernd so erfolgreich, aber jedenfalls meistens in der Lage, die entscheidenden Plays der Gegner zu verhindern. Die Zugänge an erfahrenen Spielern mitten in der Saison brachten dann noch zusätzlich Sicherheit und Stärke in die Abwehrreihe der Canes.
Ein oftmals medial vernachlässigter Mannschaftsteil ist das Special Team. Bei Spieleröffnung halten sich die Gewichte noch in der Waage. Was die Berliner weiter kicken oder punten, tragen die Kieler weiter zurück. Es gibt aber einen Unterschied zwischen beiden Mannschaften, der letztendlich über Sieg oder Niederlage entscheiden könnte: und das ist der Kicker. Die Adler können auf Benjamin Scharweit wirklich stolz sein. Seit Jahren eine verlässliche Größe, wenn es um Fieldgoals und PAT geht. 24 von 33 Fieldgoals verwandelt und nur einen Fehlversuch von 35 PAT-Kicks – das sucht in der GFL seinesgleichen. Beim gegnerischen Kicker dagegen muss man (aus Kieler Sicht) immer Sorge haben: 13 von 22 Fieldgoals, 20 von 26 PAT hat Florian Dannehl in dieser Saison auf das Scoreboard gebracht.
Abschließend wäre noch ein „äußerer“ Umstand zu betrachten und nun wird es doch leicht subjektiv. Zwischen beiden Teams geht es schon seit Jahren „hoch“ her. Das fällt, wenn in Berlin gespielt wird, gar nicht mal so auf, ist hier aber keineswegs von minderer Bedeutung. Treffen beide Mannschaften aufeinander, gewinnt der neutrale Beobachter den Eindruck, dass immer (noch zusätzlicher) Sprengstoff in der Auseinandersetzung ist. Die Folge davon: Es „regnet“ Strafen ohne Ende, man wartet direkt darauf, mal einen Spielzug ohne Strafe zu erleben. Rein subjektiv betrachtet, ist dabei das jeweilige Gästeteam meistens im Nachteil – das geht schon einige Spielzeiten so. Hoffentlich geben beide Mannschaften an diesem Samstag der Schiedsrichtercrew nur wenig Anlass, den Rasen zu „beflaggen“.
Offense – Defense – Special Teams: Die Wahrheit liegt auf dem Platz! Genug der Theorie, es wird Zeit für den Kickoff!