Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die Abteilung Steuerstrafsachen der Steuerfahndung in Wuppertal ist berüchtigt und bei jenen Klienten gefürchtet, die gerne mal die eine oder andere Million dem deutschen Fiskus entziehen, um sie dann auf Konten internationaler Großbanken in Panama zwischenzulagern.
Unterdörnen 96, Wuppertal, eine triste Umgebung zwischen Billigläden, heruntergekommenen Fassaden und traurigen Wohnblocks eines Milieus in der „unteren Etage“ unserer Gesellschaft, dort befindet sich die Arbeitsstätte der deutschen Top-Fahnder. Nicht zum ersten Mal hat die spezialisierte Truppe im vierten Stockwerk des Nordrhein-Westfälischen Finanzamtes von sich reden gemacht. Zuletzt spürten die Wühlmäuse im fiskalischen Untergrund enorme Mengen von Schwarzgeld in Panama auf, kauften als verdeckte Ermittler Steuer-CD’s und lösten im dubiosen Geldadel des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen (NRW) die reine Panik aus.
Nach Angaben des Finanzministeriums in NRW generierten die Steuerhäscher in den letzten drei Jahren mehr als 2,3 Milliarden Euro und frischten somit den Kassenstand des damaligen Finanzministers Walter-Borjans auf. Bis Anfang des Jahres 2017 verfolgten Peter Beckhoffs Bluthunde, Chefschnüffler der Behörde, weitere, vielversprechende Spuren zu ganz dicken Fleischhappen auf den Off-Shores. Doch dann war plötzlich Schluss.
Beckhoff ging in Rente und wollte seine Stellvertreterin Sandra Höfer-Grosjean (SPD) als seine Nachfolgerin inthronisieren. Frau Höfer-Grosjean und ihr jagderfahrener Wadenbeißer Volker Radermacher (SPD) wollten gerade zur großen Hatz blasen, als die CDU bei den Wahlen in NRW das Rennen machte und Lutz Lienenkämper (CDU) als Finanzminister unter Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die beiden bewährten Trüffelschweine an die Kette legte. Stattdessen werden die Posten von Finanzminister Lienenkämper mit treuen Vasallen aus der eigenen Partei besetzt.
Man muss wahrlich kein Verschwörungstheoretiker sein, aber die Neuausschreibung der Chefposten in der Steuerfahndung riecht verdammt nach Schadensbegrenzung für ein paar verängstigte Milliardäre. Man kanns ja verstehen, dass der neue Finanzminister von CDU’s Gnaden seine schwer reichen Busenfreunde beschützen und deren Ersparnisse in Panama und anderswo retten will. Schließlich darf man nicht undankbar sein, wenn die Damen und Herren Großaktionäre mit erklecklichen Beträgen maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die CDU beim Wahlkampf aus dem Vollen schöpfen konnte. Was liegt näher, als die Todfeinde der Industriemagnaten und der Geldclans aus dem Verkehr zu ziehen.
Doch der Paukenschlag folgte auf dem Fuße. Sandra Höfer-Großjean und Volker Radermacher zogen die Konsequenzen. Mit ihnen gingen gleich weitere fünf Steuerexperten der Abteilung Steuerbetrug. Sie hatten allesamt keine Lust, als Kettenhunde nur noch bellen, aber nicht beißen zu dürfen. Sie lösten völlig genervt am 18.01.2018 ihr Dienstverhältnis auf. Beide Top-Ermittler kündigten am 1. März 2018 ihr Beamtenverhältnis unter Verzicht ihrer Pensionen.
Nun wechseln die Finanzexperten die Seiten und stellen ihr internes Wissen und ihre Erfahrung Rechtsanwälten zur Verfügung. Beide werden bei der Düsseldorfer Kanzlei Deloitte Legal nun zur Wunderwaffe gegen Umtriebe allzu neugieriger Finanzbeamter. Die Kanzlei vertritt unter anderem Unternehmen und außerordentlich betuchte Privatpersonen auch bei unangenehmen Durchsuchungen und ärgerlichen Schnüffeleien durch Steuerbehörden.
Alle Wetter, entfährt es mir angesichts dieser Nachricht. Zuerst schoss mir, wie wohl den meisten Lesern, die Frage in den Sinn: Wie dämlich muss ein Politiker sein, zwei gewiefte Steuerfahnder mit exzellentem Insiderwissen und hoher Professionalität in die Wüste zu schicken? Aber nein, das ist ganz falsch gedacht. Klüngel bleibt Klüngel und die CDU ein Garant für Sicherheit vor Steuerbehörden. Da weiß man doch gleich, woran man als harmloser Milliardär ist, wenn man bedenkt, dass man sich in dieser Gesellschaft nur mit äußerster Unlust vom Geld trennt. Nun ja, die nächste Spende ist gewiss.
Nebenbei bemerkt, dieser Vorgang erinnert stark an die Schweinerei in Frankfurt vor 4 Jahren. Auch in der hessischen Metropole gab es eine politische Finanzaffäre, allerdings mit juristischen Folgen. Dort wurden erfolgreiche Steuerfahnder bei der erfolgreichen Ausübung ihrer Dienstpflichten mithilfe von Dienstanweisungen, Versetzungen, organisatorischer Umstrukturierung, psychiatrischen Gutachten und Zwangspensionierung eliminiert. Sie waren im Finanzamt Frankfurt V tätig.
Den vier hessischen Steuerfahndern Rudolf Schmenger, Marco Wehner sowie den Eheleuten Heiko und Tina Feser wurde in nahezu wortgleichen Gutachten Paranoia attestiert. Auch in diesem Fall spielte die CDU eine unrühmliche Rolle. Die Zwangspensionierung der Beamten fiel in die Amtszeit der ersten Landesregierung unter Roland Koch (CDU). Insbesondere der ehemalige hessische Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) wurde eng mit dem Vorgang in Verbindung gebracht.
Anmerkung
Vorstehender Beitrag von Claudio Michele Mancini wurd im Scharfblick am 19.1.2018 erstveröffentlicht.