Am Schluss hat es gepoltert, der 1. FC Union Berlin gewinnt glücklich gegen St. Pauli

Foto: Hans-Peter Becker

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Es gibt Spiele, die werden schnell ins Regal gestellt. Nichts aufregendes ist passiert, später liest man die Statistik und erinnert sich dunkel. Das Spiel am 13. Spieltag der Saison 2017/18 des 1. FC Union gegen den FC St. Pauli bewarb sich über 90 Minuten lang um dieses Prädikat.

Dem 1. FC Union gehörte die Anfangsphase. In der 7. Minute ging ein Schuss von Marcel Hartel knapp daneben und in der 16. Minute, im Anschluss an den ersten Eckball für die Eisernen, ergab sich für Grischa Prömel eine weitere Möglichkeit. In der 34. Minute sah Sami Allagui die gelbe Karte. Er wurde im Strafraum von Torhüter Jakob Busk berührt und ging zu Boden. Man hätte auf Strafstoß entscheiden können. Die sehr exklusive Bewertung von Schiedsrichter Bastian Dankert sah eine Schwalbe und gelb für unsportliches Verhalten. Bis zur Halbzeitpause hätte Allagui mit zwei Riesenmöglichkeiten für die Führung der Gäste sorgen können. In der 37. Minute verpasste er eine Flanke von Mats Möller Daehli und in der 41. Minute konnte er einen Kopfball nicht unterbringen. War er am Ball, wurde er von den Fans der Eisernen gnadenlos ausgepfiffen. Seine Hertha-Vergangenheit wurde so gewürdigt. Gute Torchancen für Union gab es nicht. Pünktlich nach Ablauf der ersten 45 Minuten erfolgte der Pausenpfiff. Ein gutes Spiel ihrer Mannschaft hatten die Fans der Eisernen nicht gesehen.

Es konnte in der zweiten Hälfte nur besser werden. Es war wieder nur die Anfangsphase, die den Gastgebern gehörte, Akaki Gogia und Sebastian Polter hatten je eine Chance in der 47. und 54. Minute. Hochkarätig waren sie nicht. St. Pauli wurde stärker und hätte in der 60. Minute in Führung gehen müssen. Sami Allagui wollte mit einem klassischen Heber Busk überwinden, der reagierte mit einer Weltklasseleistung. Aus der selben Situation resultierte eine weitere Möglichkeit für Allagui, per Kopf trifft er nur die Latte. Es schien nur noch ein Frage der Zeit zu sein, bis St. Pauli die Führung gelingt. Jens Keller reagierte und brachte Steven Skrzybski für den glücklosen Gogia. Erst in der 76. Minute gab es wieder einen Aufreger für die Union-Fans. Im Anschluss an einen Eckball traf Kristian Pedersen nur das Tornetz von außen. In der 84. Minute, so lange dauerte es, bis die Eisernen sich eine Riesenchance erspielten. Sebastian Polter bekam freistehend eine Einschussmöglichkeit, doch sein Schuss war zu zentral und hatte zu wenig Geschwindigkeit, um den Torwart zu passieren.

Zwei Minuten Nachspielzeit wurden angezeigt, warum eigentlich, es gab keine großen Unterbrechungen. Egal, in der Zusatzspielzeit passierte es. Der eingewechselte Aziz Bouhaddouz soll Toni Leistner gefoult haben. Christopher Trimmel schlägt den Freistoß als Flanke in den Strafraum, Polter stand dort sträflich frei und konnte den Ball per Kopf im Tor versenken. Was für ein Ende dieses Spiels. Wer so ein Spiel gewinnt, der kann auch aufsteigen.

Taktik

Beide Trainer vertrauten einem 4-2-3-1 System als taktischer Grundordnung. St. Pauli wechselte einige Male in ein 3-4-2-1, um im Mittelfeld mögliche vertikale Passwege zuzustellen. Da die Eisernen selten Tempo in ihre Aktionen bekamen, wurden sie immer wieder zu Querpässen gezwungen. Das Spiel war oft unansehnlich. Die Gäste schafften es über weite Strecken, die Unioner entweder von der Box fernzuhalten oder zu halbherzigen Abschlüssen zu zwingen. St. Pauli wollte das Spiel nicht machen, vielmehr bestand ihr Ziel darin, Union im Spielaufbau zu Fehlern zu zwingen. Mit zunehmender Spielzeit gelang dies immer besser. Für Halbzeit 2 muss konstatiert werden, dass die Gäste das bessere Team waren. Letztendlich scheiterten sie an ihrer Abschlussschwäche.

Der 1. FC Union hatte Probleme im Spielaufbau. Sebastian Polter hatte als einzige Sturmspitze einen schweren Stand, bekam zu wenig brauchbare Anspiele und wurde vor dem Strafraum sowie bei Standards von Lasse Sobiech und Christopher Avevor in Doppeldeckung genommen. So scheiterten seine Dribblings und Kopfballversuche. Nur einziges Mal funktionierte diese Deckung nicht und führte zum Siegtreffer für Union. Polter schilderte so: „Ich habe mich anders positioniert. Wir haben mit Damir Kreilach einen weiteren kopfballstarken Spieler übrig, das hat Pauli wohl etwas irritiert. Sonst laufe ich mit Tempo rein, dieses Mal habe ich mich in die Kette der Abwehrspieler reingestellt und bin parallel zur fallenden Kette gelaufen und hatte plötzlich einen komplett freien Raum vor mir. Dort bin ich rein gelaufen und glücklicherweise kam der Ball dorthin.“
Jens Keller vertraute seinem Stammpersonal. Kurzfristig musste Fabian Schönheim (Trainingsverletzung) in der Innenverteidigung durch Marc Torrejon ersetzt werden.

Fazit

Der 1. FC Union Berlin landete einen glücklichen Sieg, der durch einen umstrittenen Freistoß zu Stande kam. Durch diesen Sieg klettern sie zunächst auf den dritten Platz in der Tabelle der 2. Bundesliga. Die Eisernern aus Berlin könnten diesen Platz allerdings wieder an den 1. FC Nürnberg verlieren. Im Spielaufbau sind aktuell die größten Baustellen. In fast jedem Spiel ist der 1. FC Union in der Favoritenrolle und muss darauf vorbereitet sein, das Spiel zu gestalten. Die nach wie vor ersatzgeschwächten Gäste wurden für eine gute Auswärtsleistung nicht belohnt.

Stimmen zum Spiel

Daniel Buballa (FC St. Pauli): „Wir wussten, dass Union bei Standards extrem stark ist. Das ganze Spiel über haben wir das eigentlich ganz gut gemacht. Es ist jetzt ganz bitter für uns. Wir hätten in Führung gehen können, das hat leider nicht funktioniert.“

Mats Moeller Daehli (FC St. Pauli): „Wir haben gut gespielt. Ein Unentschieden oder ein Sieg wäre nicht unverdient gewesen. Zwei Riesenchancen in der 2. Halbzeit, da hätten wir ein Tor machen müssen.“

Jakob Busk (Torwart 1.FC Union Berlin)
„Ich wusste das Allagui spektakuläre Sachen macht, ich bin einfach stehen geblieben und konnte den Ball halten.“ (gemeint war die Situation in der 60. Minute, der gehaltene Lupfer)

Christopher Trimmel (1. FC Union Berlin): „Wir glauben immer daran gewinnen zu können, bis zum Schluss geben wir nicht auf. Dass St. Pauli Probleme bei Standards hat wussten wir und konnten es ausnutzen. Ich wollte den Freistoß genau dahin haben, schwer zu sagen warum Sebastian Polter plötzlich so frei stand, vielleicht hat sich die Abwehr zu sehr auf Damir Kreilach konzentriert.“

Sebastian Polter (1. FC Union Berlin): „Wir haben insgesamt kein schlechtes Spiel gemacht, zukünftig müssen wir zielstrebiger werden. Gegen St. Pauli haben wir schon einmal so gewonnen, es war in der letzten Saison, als Himmelmann diesen Fehler gemacht hat.“

Olaf Janßen (Trainer FC St. Pauli): „Dieses Spiel tut mir als Trainer brutal weh, trotzdem bin ich stolz auf meine Mannschaft. Es ist nun mal so, im Fußball zählen halt die Tore und wir haben keins erzielt.“

Jens Keller (Trainer 1.FC Union Berlin): „Wir haben heute gegen einen starken Gegner gespielt. Die Mannschaft hat bis zur letzten Minute an sich geglaubt. Am Schluss sind wir ein sehr hohes Risiko gegangen, weil wir das Spiel unbedingt gewinnen wollten. Das hätte auch schief gehen können.“

Spieldaten

1. FC Union Berlin: Tor: Jakub Busk; Abwehr: Christopher Trimmel, Toni Leistner, Marc Torrejon, Kristian Pedersen; Mittelfeld: Felix Kroos (ab 72. Dennis Daube), Grischa Prömel, Marcel Hartel (ab 75. Damir Kreilach), Simon Hedlund, Akaki Gogia (Steven Skrzybski); Angriff Sebastian Polter 4-2-3-1
Trainer: Jens Keller

FC St. Pauli: Tor: Robin Himmelmann; Abwehr: Luca Milan-Zander, Lasse Sobiech, Christopher Avevor, Daniel Buballa; Mittelfeld: Christopher Buchtmann, Bernd Nehring, Maurice Jerome Litka, Mats Möller-Daehli, Waldemar Sobotka; Angriff Sami Allagui (ab 72. Aziz Bouhaddouz) 4-2-3-1
Trainer Olaf Janßen

Gelbe Karten: 34. Min. Samy Allagui (FC St. Pauli), 35. Min. Christopher Trimmel (1.FC Union Berlin)

Ergebnis: 1:0 für den 1. FC Union Berlin

Tore: 1:0 (90. Min) Sebastian Polter

Zuschauer: 22.012 Stadion Alte Försterei

Schiedsrichter: Bastian Dankert, Markus Häcker, Viatcheslav Paltchikov und Franz Bokop

Wetter: angenehm sonnig, herbstlich bei 10 Grad Celsius

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