Blaschke und die Balltreter – Kurzkritik zu einem Buch über „Fußball zwischen Hilfsbereitschaft und Heuchelei“

Ronny Blaschke, Gesellschaftsspielchen, Fußball zwischen Hilfsbereitschaft und Heuchelei. © 2016, Münzenberg Medien, Foto: Stefan Pribnow

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Zwischen Hilfsbereitschaft und Heuchelei passt vieles, Fußball auch. Hätte der Autor sich für zwei Begriffe, die nicht mit dem Konsonanten h beginnen entschieden, sondern beispielsweise für den Mitlaut r, dann hätte der Fußball zwischen Reichtum und Religion oder Rekordumsatz und Relevanz gepasst. Im Grunde ist der Untertitel „Fußball zwischen Hilfsbereitschaft und Heuchelei“ so völlig gleichgültig wie der Fußball selbst, um den sich im 288 Seiten dicken Buch von Ronny Blaschke dreht.

Oder wie wäre es mit Wörtern, die mit Reibelauten beginnen? Fußball zwischen Fernsehen und Feuilleton wäre so witzig – oder auch nicht – wie Fußball zwischen Fusel und Fans oder Fußball zwischen Folklore und FIFA.

Scheinbar meint Blaschke, dass der Fußball zwischen zwei Seiten einer Medaille stecke wie manche Fußballer offensichtlich in der Zwickmühle zwischen Anpassung und Isolation stecken würden, um zerrieben zu werden wie Max und Moritz. Herausknabbern aus den Zuständen der Hilflosigkeit und Heuchelei wie die Buben aus den Bildergeschichten von Wilhelm Busch scheint schwer möglich. Nebenbei bemerkt: auch diese Zustände, über die der Autor aufklärt, wären der Aufstände wert.

Dass der Fußball faul ist, das wussten wir schon immer und nicht erst seit den jüngsten Football-Leaks-Enthüllungen des „Spiegel“. Immer wieder braucht es Journalisten wie Blaschke, um Massen von Menschen in einer Welt der Ware und des Spektakels ab und an daran zu erinnern, dass der Kaiser nackt ist. Aufklärung kann man als Herkulesaufgabe oder Sisyphusarbeit sehen, doch wenn man mit Ironie und Geduld an die Sache geht, um Menschen aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit zu kitzeln, warum nicht?!

Blaschke formuliert mit flotter Feder. Seine Aufsatzsammung ist also lesbar. Zudem sind seine Beiträge und Berichte nicht nur flüssig zu lesen sondern in einer einfachen Sprache gehalten. Dass er den Ball flach hält auch wenn es wissenschaftlich wird, das ist gut so.

Dass Blaschke vom Fußball-Fach ist, das verraten vor allem die guten Literaturhinweise auf den Seiten 283 bis 285. Danke dafür und die für die Bemerkungen zu den Basisbanalitäten der Balltreter und ihrer Herren.

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Ronny Blaschke, Gesellschaftsspielchen, Fußball zwischen Hilfsbereitschaft und Heuchelei, 288 Seiten, Paperback, Verlag: Die Werkstatt, Göttingen, 2016, ISBN: 978-3-7307-0254-3, Preis: 16,90 EUR (D)

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