Der Winter im Engadin sei voller Sonnenschein und viel angenehmer als jener in England. Um dies selbst zu erleben, lade er sie in sein Hotel ein. Sollten sie nicht zufrieden sein, übernehme er auch die Reisekosten. Diesen Vorschlag machte der Engadiner Hotelier Johannes Badrutt – Namensvetter des Badrutt`s Palace Hotel – im Herbst 1864 den letzten verbliebenen englischen Sommergästen.
Es knirscht unter den Füßen auf körnigem Schnee. Geruhsam wandern wir auf dem sogenannten Philosophenweg mit der bestmöglichen Aussicht über das Oberengadin. Der Muottas Muragl ist mit einer Höhe von 2453 Meter der Aussichtsberg für Fußgänger oder Schlittenfahrer. Er ist über eine mehr als 100 Jahre alte Standseilbahn in der Nähe von Pontresina aus zu erreichen. Ein abwechslungsreicher Spaziergang auf dem täglich präparierten Winterwanderweg führt zu den zugefrorenen Wellen des kleinen Bergsees Lej Muragls bis auf 2800 Meter. Kleine Pausen macht man gerne, um Weisheiten bedeutender Philosophen auf zehn Wegmarkierungen zu lesen. Von hier oben zeigt sich der Glanz der winterlichen Hochgebirgswelt besonders eindrücklich. Keinerlei Verkehrslärm, glasklare Luft und glitzernde Eiskristalle auf der Schneeoberfläche, die sanft gewellt wie ein gefrorenes Gemälde die Hänge umschmiegt. Während des gemächlichen Spazierganges begleiten diese Stimmungen das sanfte Fortkommen. Wer es sportlicher mag, kann die 700 Meter Höhenunterschied vom Tal aus auch zu Fuß nach oben bewältigen, oder aber sich an der Gipfelstation einen Schlitten ausleihen und die präparierte Schlittenbahn in Spitzkehren zu Tal sausen. Auch die Genießer sind nicht zu übersehen, die in Pelz- oder Daunenjacken auf der Aussichtsterrasse des Romantikhotels neben der Bergstation mit einem Kaffee oder Longdrink der Wintersonne frönen. Von hier überblickt man das fast 60 km lange Hochtal mit all seinen Attributen. Von den Bergeller Bergen hinter Maloja reicht der Blick über den Corvatsch und die bis über 4000 Meter hohe Berninagruppe, oder das Tal entlang zu den zugefrorenen und beschneiten Seeflächen der Oberengadiner Seenplatte. Klimatisch begünstigt durch die südliche Lage hat die Region mehr Sonnenstunden als Wintersportgebiete der Nordalpen. Schneefälle ereignen sich in der Regel als Folge von Tiefdruckgebieten über dem Golf von Genua. Dennoch gefährdet der Klimawandel nicht den Wintersportbetrieb, obwohl es die Natur nicht gut meint mit dem Wintersport. Aufgrund der großen Höhe der Pisten zwischen 1800 und 3300 Metern ist es immer möglich, mit Kunstschnee nachzuhelfen. Dabei scheuen die Schweizer den militärischen Begriff der Schneekanonen und sprechen lieber von Schneeerzeugern.
Mit den Freaks und Fans aus England kam viel Geld nach St. Moritz. Man war unter Seinesgleichen, traf sich in exklusiven Clubs, unterhielt hier ein Konto und nebenbei trieb man waghalsige Wintersportarten. Zu Pferd spielt man auch heutzutage Polo auf der Eisfläche der St. Moritzer Sees, Bob- und Crestabahn erfreuen sich großer Beliebtheit. Für das Training auf bestens präparierten Pisten lassen sich private Skilehrer engagieren, und für ein köstliches Mittagsmahl am Rande der Piste gibt es Gourmetlokale. Wenn trotz allen Einsatzes oder aufgrund eines Schneefalltages ein Kontrast ansteht, freuen sich teure Läden mit international bekannten Luxusmarken im Sortiment über Käuferinnen und Käufer. Es wird gemunkelt, dass es meist Artikel für das weibliche Geschlecht sind, die hier erworben werden, wenngleich die Rechnung oft von Herren gesetzten Alters beglichen wird.
Mit ausgeklügelten Marketingmaßnahmen erzielt der Tourismus im Oberengadin eine direkte Wertschöpfung von rund 825 Mio. CHF pro Jahr, was einem Anteil von 68% an der ganzen Wirtschaftsleistung der Region entspricht. Nicht nur der Sport zieht Gäste an. Zahlreiche Galerien und 19 Museen bieten Kunstinteressierten Einblicke in Farbe, Form und Design – dabei sind die Unikate oftmals geprägt von den Urformen der umgebenden Natur, von Granitbuckeln oder knorrigen Arven, auch inspiriert vom harten Leben der Bergbauern aus dem vortouristischen Zeitalter, wie bei den Originalgemälden des Giovanni Segantini.
Wie vertragen sich nun Luxustourismus, Weltmeisterschaften und Beschaulichkeit? Alles hat hier seinen Stellenwert und existiert parallel und unabhängig voneinander. Dabei gibt es im Oberengadin mehr sportliche Vielfalt als z. B. in Zermatt, denn es stehen große Seeflächen im Winter zur Verfügung für den jährlichen Skilanglaufmarathon Anfang März, oder für Skijöring über das Eis, bei dem man auf Skiern Pferden hinterhersaust. Wenn nun nächstes Jahr das große Event stattfinden wird, verbessern die investierten 15 Millionen Schweizer Franken nachhaltig die Infrastruktur und Basis für den Ort und sichern damit Einkommen für zahlreiche Beschäftigte im Gastgewerbe. Alleine für die betreuenden Teams stehen dann 4500 Betten im gesamten Oberengadin zur Verfügung und es werden 200.000 Zuschauer erwartet. Durch die hohe Identifikation mit dem Ereignis beteiligen sich 1300 Freiwillige am Gelingen. Sie erhalten lediglich Übernachtung und Verpflegung.
Über Wintersportevents, Unterkünfte, und Aktivitäten informiert die Tourismus Organisation Engadin St. Moritz, www.engadin.stmoritz.ch; wer mehr als eine Nacht in einem Hotel bucht, welches „Hotel und Skipass“ anbietet, erhält den Skipass für CHF 35.-. Das Angebot gilt pro Person und Tag für alle Oberengadiner Bergbahnen und die gesamte Aufenthaltsdauer in Engadin St. Moritz.