Berlin, Deutschland (Weltexpress). Es war nicht nur ein Ostderby, am 23. Oktober des Jahres 2016 standen sich Aue und Union Berlin zum 65. Mal gegenüber. Die Mehrzahl der Duelle fanden in der DDR-Oberliga statt, damals trug das Stadion den Namen Otto Grotewohl. Aktuell ist es eine Baustelle, die Umgestaltung zu einer reinen Fußballarena ist in vollem Gange. So führte der junge Schiedsrichter Sebastian Brand über temporär offenes Gelände – später wird hier eine neue Tribüne stehen – die Mannschaften den Platz. Es war darüber hinaus für beide Mannschaften ein Jubiläumsspiel, es wurde das 350 Zweitligaspiel absolviert.
Jens Keller musste seine Mannschaft umstellen. Kapitän Felix Kroos stand wegen muskulärer Probleme nicht zur Verfügung. Für ihn spielte Dennis Daube. Was gegen Hannover für 20 Minuten gut funktionierte, eine Doppelspitze Collin Quaner und Philipp Hosiner, bekam eine Bewährungschance für 90 Minuten. Taktisch sortierte sich das zu einem 4-4-2 System, Stephan Fürstner zusammen mit Dennis Daube auf der Doppelsechs und Kapitänsvertreter Steven Skrzybski mal als hängender Stürmer hinter den Spitzen oder das rechte offensive Mittelfeld beackernd. Dass die Eisernen ihr 350. Zweitbundesliga-Spiel mit 3:1 gewannen und dem entsprechend den Veilchen aus dem Erzgebirge ihr 350zigstes eine Zeit lang sauer aufstoßen wird, lag größtenteils an ihnen selbst. Der Wiederaufsteiger bot vor 10.000 Zuschauern – mehr gehen im Moment nicht rein – eine beherzte Partie. Die Anfangsphase gehörte dem Team aus der Hauptstadt und Daniel Haas, bis zum Juni noch in Diensten des 1. FC Union, konnte sich gleich zwei Mal auszeichnen. In der 6. Minute reagierte er großartig gegen Philipp Hosiner. Die Hausherren kamen etwas schwerer aus den Puschen. Die erste Auer Torchance sahen die Zuschauer erst nach 13 Minuten und plötzlich lief es. Die 1:0 Führung der Veilchen nach 20 Minuten durch Mario Kvesic war verdient. Jakob Busk im Kasten der Eisernen half leider mit. Er ließ sich den Ball am sogenannten kurzen Pfosten reinhauen.
Union drehte das Spiel, trotz optischer Überlegenheit des Gegners. Beim Ausgleich durch Damir Kreilach – 41. Minute per Kopf – half der Schiedsrichter bzw. sein Assistent tatkräftig mit. Es war klar und deutlich abseits, egal es gilt die Tatsachenentscheidung. Ein beherzter Auftritt der Veilchen wurde nicht belohnt. Sie haben in Pascal Köpke eigentlich eine Torversicherung. Von den bislang erzielten 13 Auer-Toren hat er 5 beigesteuert. In der 51. Minute ließ er eine tausend-prozentige liegen und jagte den Ball über die Latte. Es ist eine alte Fußballweisheit, dass sich so etwas rächen kann. So kam es auch. Der Auer Kapitän Christian Tiffert und Torwart Daniel Haas spielten dabei die Hauptrollen. Der erfahrene Tiffert u.a. 136 Erstligaspiele für den VfB Stuttgart, spielte einen riskanten Rückpass auf seinen Torwart. Die fußballerischen Qualitäten von Daniel Haas reichten nicht aus, um den Ball adäquat zu verarbeiten. Eine Unebenheit auf dem Platz tat vielleicht den Rest, jedenfalls sah das Ganze recht unglücklich aus.
Collin Quaner roch den Braten und luchste seinem ehemaligen Mannschaftskameraden den Ball ab. Die daraus resultierende Vorlage verwertete erneut Kreilach. Nach 63 Spielminuten hatten die Eisernen das Spiel gedreht. Aue kämpfte, was zählbares sprang dabei nicht heraus. Es war mehr und mehr der Mut der Verzweiflung. Meist überhastet und mit zu geringer Präzision, so waren die Eisernen an diesem Nachmittag nicht zu bezwingen. In der 82 Minute machte Steven Skrzybski alles klar, in dem er Daniel Haas mit einen Lupfer überwand. Es war kein schöner Tag für den neuen Keeper der Auer. Sein Heimdebüt verlief äußerst unglücklich.
Den talentierteren Kader stellte die Mannschaft aus der Wuhlheide. Auch wenn Aues Trainer auf der Pressekonferenz nach dem Spiel die uralte Weisheit des Fußballsports zu Besten gab: „es gewinnt nicht immer die bessere Mannschaft“. Mehr als der Klassenerhalt wird für die Erzgebirgler nicht drin sein. Dafür werden sie sich mächtig strecken müssen. Das neue Stadion im idyllischen Lößnitz-Tal soll schließlich mit Zweitligafußball eingeweiht werden.
Der 1. FC Union hegt ja ebenfalls Umbaupläne für das heimische Stadion. Die aktuelle Mannschaft hat die höchste Kaderqualität der Clubgeschichte und das betrifft auch die sogenannten Ersatzspieler. In Aue wurde Innenverteidiger Toni Leistner nach 24 Minuten ausgewechselt, um ihn vor einem Platzverweis zu schützen. Das ist kein Problem, wenn man einen Emanuel Pogatetz – 61-facher Nationalspieler für Östereich – auf der Bank zu sitzen hat. Das ist eine neue Qualität in Berlin. So gewinnt man die Spiele, die man früher nicht gewonnen hätte, so könnte man aufsteigen.